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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Mumford seufzte. «Dad hat nicht gewollt, dass sie ihn abnimmt. Er muss ja irgendwo überprüfen, ob seine Krawatte richtig sitzt …»
    «Mir ist nicht wohl dabei, Andy.»
    «Nein», sagte Mumford.
     
    Predigten: Jede Woche wollte wieder eine gehalten werden, eine Tradition, die auf der einst gültigen Voraussetzung fußte, dass der Pfarrer der Einzige im Dorf war, der lesen konnte, und dass man auf der Kanzel stehen und universell gültige Wahrheiten verkünden könnte, obwohl man in Wirklichkeit doch nur Fragen hatte.
    Als Merrily schon seit einer Stunde wieder im Pfarrhaus war, war der Computer im Spülküchenbüro immer noch ausgeschaltet, und Ethel, die Katze, hatte es sich daneben gemütlich gemacht. Auf ihrem Predigtblock hatte Merrily ein paar Fragen notiert, eine lautete: Alte Leute – warum haben wir aufgehört, ihnen zuzuhören?
    Vielleicht würde sich ja eines Tages etwas unerwartet Tiefgründiges zwischen ihre Zeilen mogeln, irgendwann mal.
    Das Telefon klingelte.
    «Merrily, hier ist Siân. Ich wollte mich nur schnell melden. Nigel und ich haben zusammen zu Mittag gegessen – anscheinend waren Sie spät dran mit Ihrer Predigt.»
    «Ja, ich hebe sie mir gern bis zum letzten Moment auf – so bleibt sie frisch … wie ein Salat.»
    Gott, warum rede ich bei dieser Frau immer so einen Blödsinn?
    «Jedenfalls war Nigel ziemlich davon beeindruckt, wie Sie mit dieser schwierigen Situation umgegangen sind.»
    «Hm?»
    «Wenn Menschen involviert sind, die wir schon lange kennen, wie Sergeant Mumford, haben wir das Gefühl, so tun zu müssen als ob, nicht? Aber ich glaube, dieser Fall zeigt deutlich, wie nützlich es ist, jemanden wie Nigel dabeizuhaben, der unseren Verdacht bestätigt.»
    «Verdacht?»
    «Er hat mir erzählt, dass er Ex-Sergeant Mumford schon seine Einschätzung gegeben hat. Er wird auch einen kleinen Bericht schreiben, den Sophie dann in unserer Datenbank abspeichern kann. Damit ist unsere Beteiligung daran dann wohl beendet.»
    «Das glauben Sie?»
    «Es sei denn, wir diskutieren untereinander noch darüber. Ich habe eine Menge darüber nachgedacht, und ich muss sagen, es besteht die Gefahr, dass wir die Leute allein durch unsere Existenz, ähm, manchmal aktiv dazu ermutigen, ihr Gefühl, verfolgt zu werden, oder ihre Reaktionen auf einen plötzlichen Verlust etwas … auszuschmücken.»
    Allein durch unsere Existenz?
    «Wollen Sie damit sagen, wir sollten besser nicht existieren?»
    Siân lachte. «Ich will damit vor allem sagen, dass wir – das Amt für spirituelle Grenzfragen – die Leute nicht in Phantasien bestärken sollten, die vor allem als Schutzmechanismus fungieren. Vorausgesetzt, wir wollen den widerwärtigen Beigeschmack des Mittelalterlichen daran loswerden. Wir sollten sie nicht ermutigen, ihre persönliche Verantwortung von sich zu weisen, indem sie das Ganze auf etwas projizieren, über das sie keine Kontrolle haben. Ich setze das für das nächste Mal auf die Tagesordnung, in Ordnung?»
    «Hrm …»
    «Aber trotzdem vielen Dank, dass Sie mit Nigel nach Ludlow gefahren sind – obwohl er ja wohl gefahren ist.»
    «So ist es.» Merrily war inzwischen so wütend, dass es ihr die Brust zuschnürte. «Siân, werden wir eine … Gesprächsgruppe?»
    «Ich glaube, das ist inzwischen ein abwertender Ausdruck.»
    «Weil Gesprächsgruppen anscheinend dazu da sind, die Intuition des Einzelnen zu verwischen, mit der aber etwas so Inexaktes wie die Einschätzung spiritueller Grenzfragen steht und fällt.»
    «Auch eine mögliche Sicht der Dinge», sagte Siân. «Das können wir ja auch besprechen.»
    Danach saß Merrily da und sah zu, wie der Wind durch die Apfelbäume wehte.
    Sie klappte den Predigtblock zu und rief den Bischof in seinem Palast hinter der Kathedrale von Hereford an. Anrufbeantworter. Sie hinterließ eine Nachricht, fragte ihn, was er heute Abend vorhatte. Sie ahnte schon, dass er murren würde, aber dies hier war wichtig, auch wenn sie nicht genau wusste, warum. Vielleicht Intuition.
    Sie rief Andy Mumford auf seinem Handy an.
    «Warten Sie mal einen Moment», sagte Mumford, und sie hörte, wie er sich bei jemand anders entschuldigte. Dann war er wieder dran – offensichtlich war er nach draußen gegangen. «Ich war bei Mr. Osman. Dem Zeugen. Der gesehen hat, wie Robbie gefallen ist.»
    «Oh Gott, was machen wir nur, Andy?»
    «Ich glaub, ich hab eine Frau gefunden», sagte Mumford. «Vielleicht sogar zwei.»

8  Ungleichgewicht
    «Kaum zu

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