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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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selbst die Schuld daran geben. Der Junge war ein Träumer, hatte den Kopf in den Wolken, da kommt man nicht drum rum.»
    «Okay, Dad», sagte Mumford verzweifelt. «Wir gehen in den Pub, du und ich, okay? Halbe Stunde, Mrs. Watkins, in Ordnung?»
    Merrily nickte dankbar.
     
    «Ich wollte Ihnen doch noch was zeigen», sagte Mrs. Mumford. «Wo hab ich es denn hingetan?»
    Merrily hatte Tee gekocht. Die Küche war nicht besonders sauber; Merrily fragte sich, ob es eine Haushaltshilfe gab.
    «Sehen Sie doch mal in der obersten Schublade nach.» Mrs. Mumford schien Merrily zu akzeptieren, aber nicht als Pfarrerin; dazu war sie noch nicht bereit. «Nein, nicht den … den großen … genau, das ist er.»
    Merrily hatte einen Zeichenblock aus der Schublade gezogen.
    «Bringen Sie ihn mir?»
    «Phyllis, warum hängt denn dieses Bild falsch herum?»
    «Hm?»
    «Das Bild hier.» Merrily berührte es.
    «Nein! Nicht anfassen!»
    «Schon gut.» Sie wandte sich ab und gab Mrs. Mumford den Zeichenblock, den sie sich auf die Knie legte. Merrily zog einen Stuhl heran. Aus dem Zeichenblock fiel ein Umschlag, und Merrily hob ihn auf und legte ihn auf die Sessellehne.
    «Keine Ahnung, was das ist», sagte Mrs. Mumford. «Aber sehen Sie mal hier. Damit hat er Stunden verbracht. Sie müssen aufpassen, sonst geht die Farbe ab. Er hatte so ein Spray, aber die Farbe geht trotzdem ab.»
    Es waren Kohlezeichnungen. Die erste zeigte ganz offensichtlich die Kirche St. Laurence, obwohl er ihre Größe übertrieben hatte – die Häuser wirkten neben der Kirche wie Hundehütten. Für die zweite Zeichnung musste er direkt am Fuß des Kirchturms gesessen haben, denn der Turm wirkte wie eine Rakete, die jeden Moment starten konnte. Aber die Perspektive stimmte genau. Und mit Licht und Schatten wusste er auch umzugehen.
    «Er war sehr talentiert, Phyllis.»
    «Hat stundenlang hier gesessen und Bilder von der Kirche und den Fachwerkhäusern gemalt. Die anderen … die sehen wir ja nie, die kommen nie, um ihre alte Granny zu besuchen. Nur Robbie.»
    Mrs. Mumford wirkte jetzt viel ruhiger.
    «Hat er sich auch draußen hingesetzt mit seinem Skizzenblock?»
    «Zu schüchtern. Er ist rausgegangen und hat sich lange die Häuser angesehen und ist um sie herumgelaufen, und dann kam er wieder und … wissen Sie … Wie nennt man das nochmal?»
    «Er hat sie aus dem Gedächtnis gezeichnet?»
    «Genau.»
    Entweder hatte Robbie ein fotografisches Gedächtnis, oder er hatte sich diese Gebäude wirklich in jeder Einzelheit angesehen. So oder so, das Ergebnis war bemerkenswert. Merrily sagte es laut, und Phyllis fing leise an zu weinen. Merrily nahm ihre Hand, und Phillys sagte: «Er ist tot.» Sie sah Merrily an, als flehe sie um Widerspruch.
    «Sie werden ihn wiedersehen, Phyllis.»
    «Nein.» Phyllis’ Finger verkrampften sich, und sie starrte mit leerem Blick in Richtung des umgedrehten Bildes.
    «Phyllis, möchten Sie mit mir zusammen beten?»
    «Der Einzige, der mal vorbeikommt, um seine alte Granny zu besuchen», sagte Phyllis.
    Meinte sie – immer noch?
    «Darf ich ein Gebet sprechen?»
    «Wann kommt der Bischof?»
    «Ich kümmere mich darum, dass er kommt», flüsterte Merrily. «Ich bringe ihn her, versprochen.»
    «So kann ich den Bischof aber nicht empfangen.» Phyllis zog ihre Hand weg. «In diesem Zustand.»
    «Sie sind aufgeregt, dazu haben Sie auch jeden Grund.»
    «Ich gehe ins Bad.»
    «Okay.» Merrily half ihr auf. Phyllis war schwer übergewichtig und trug an einem Bein einen verrutschten, angeschmutzten Verband. «Schaffen Sie das? Soll der Verband mal …»
    «Es geht schon. Diese Frau kommt ja … meine … Gail heißt sie.»
    «Andys Frau.»
    «Sie ist Krankenschwester.»
    Und war seit schätzungsweise dreißig Jahren Mrs. Mumfords Schwiegertochter. Merrily hielt ihr die Flurtür auf, ließ die Tür dann offen stehen und nahm den Skizzenblock zur Hand. Er öffnete sich bei einer Zeichnung von einer hohen Steinmauer, die ein gezacktes weißes Loch aufwies, als sei eine Comicfigur durch die Mauer gekracht. Sie lauschte auf Mrs. Mumfords Bewegungen im Flur.
    Wenn es hier Probleme gäbe, würde niemand Saltashs Einschätzung in Frage stellen.
    Sie wollte den Block gerade wieder in die Schublade legen, als ihr klarwurde, dass sie die Zeichnung falsch gedeutet hatte. Das war kein Loch in der Mauer, es war eine weiße Gestalt, die sich davor befand, eine weibliche Gestalt. Und um sie herum war die Kohle verwischt, es sah aus wie

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