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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Sendekanal gefunden hatte: den Robbie-Kanal. Robbie, der immer noch über den Tisch gebeugt saß und seine Fachwerkhäuser malte, die Hände voller Zeichenkohle. Phyllis sagte, er habe die Hände hochgehalten und sie durch den Spiegel angegrinst. In Phyllis’ verrückter, tränennasser Welt war Robbie überall zu sehen. Manchmal bummelten sie ziellos durch die Stadt – Reg ein Stück vor ihr, weil sie ihn verlegen machte –, und wenn er sich dann umsah, starrte sie in irgendein Schaufenster. Guck, da ist er wieder … siehst du ihn?
    Wenn Reg es zugelassen hätte, dann hätte ihn diese Sache genauso vernichtet. Aber Reg hatte zu seiner Zeit so viele Tote gesehen – mehr konnte ein Mann nicht verkraften. Es war Reg, der wütend den Spiegel zur Wand gedreht hatte, weil er nicht wollte, dass der Bischof mitbekam, wie Phyllis langsam verrückt wurde. Nur war dann gar nicht der Bischof gekommen, sondern Andy mit ein paar Fremden, und Reg hatte keine Lust mehr, Fremde zu treffen. Dieser Typ mit dem verdammten Lächeln war auf der Straße auf ihn zugekommen, wollte ein Schwätzchen abhalten, und dann hatte er gefragt, wer Regs Arzt war – was hatte der denn für ein Recht, ihn wie ein Kind zu behandeln?
    Merrily stand auf und kniete sich vor das Fenster, aus dem man einen Blick auf den Ort hatte. Sie betete für Reg und für das, was von Phyllis und Robbie noch geblieben war. Als sie aufstand, waren ihre Augen feucht, und sie stellte fest, dass sie – irrationalerweise – an Lol dachte. Sie hatte dieses Bild vor sich, wie sie im Nachthemd die Auffahrt hinunterlief, über das Kopfsteinpflaster, und an die Tür von Lols Cottage hämmerte und schrie: Lass mich rein! So, dass das ganze Dorf es hören konnte.
     
    Beim Frühstück sagte Jane: «Mom, du siehst ja total sch–»
    «Ich weiß. Okay?»
    «Wenn du so zur Messe erscheinst, fallen sie alle vom Glauben ab.»
    «Oh, verdammt, wie spät ist es? Und was machst du hier überhaupt so früh?»
    «Ich war nur neugierig, warum du gestern so spät wiedergekommen bist. Andererseits –» Jane legte nachdenklich einen Zeigefinger ans Kinn «– wenn du im Morgenmantel am Altar stehst, dürftig angezogen, dann kommen vielleicht mehr Kerle, und … Du bist nicht in der richtigen Stimmung, oder? Was ist passiert?»
    «Die ältere Dame.» Merrily nahm ihre Teetasse und setzte sich Jane gegenüber. Durch das Oberlicht fielen die Strahlen der Morgensonne auf die Spüle. «Die Frau, der Saltash und ich eigentlich helfen sollten? Sie ist letzte Nacht ins Wasser gegangen.»
    Jane blinzelte. «Mumfords Mutter?»
    «Es muss passiert sein, als wir nicht mal einen Kilometer entfernt waren und mit einem Typen geredet haben, der gesehen hat, wie Robbie Walsh abgestürzt ist. Sie liegt im Wasser, und wir theoretisieren über irgendeine alte Geistergeschichte und fragen uns –»
    «Was für eine alte Geister–»
    «Unwichtig. Genauso unwichtig, wie dass ich mich beim Bischof wegen Saltash und Callaghan-Clarke ausgeheult habe und mir selbst leidtue.»
    «Oh Gott, Mom … War sie, du weißt schon … verwirrt?»
    «Das vermutet man immer, nicht? Hätte Lol Alice Meek letztes Jahr nicht rechtzeitig im Schnee gefunden, hätte das auch jeder gedacht. Aber selbst wenn es mit Mumfords Mom bergab ging, gab es vielleicht einen Teil von ihr, zu dem ich hätte durchdringen können, mit ein bisschen Beharrlichkeit. Aber das habe ich nicht ernsthaft versucht.»
    «Doch, du hast es versucht. Du hast den Bischof gedrängt, mit dir nochmal zu den Mumfords zu fahren.»
    «Und habe die Verantwortung damit jemand anderem aufgebürdet.» Merrily hatte das Gefühl, ihr Kopf sei verstopft. «Ich hätte mir mehr Mühe geben müssen, statt zu denken: Ja, Saltash könnte recht haben, wahrscheinlich ist das hier mehr seine Sache, nicht meine. Ich weiß nicht, vielleicht hätte ich –»
    «Mom, tu dir das nicht an. Du hast gemacht, was du zu dem Zeitpunkt für das Beste gehalten hast. Das machst du immer. Also trink jetzt einfach deinen Tee aus, wasch dich, bürste dir die Haare, zieh dich an und … geh zur Arbeit.»
    Merrily sah das Kind an, das kein Kind mehr war, und kramte von irgendwo ein Lächeln hervor.
    «Na also», sagte Jane. «In der Kirche sind bestimmt mindestens vier Leute und warten schon ganz gespannt auf die heilige Kommunion. Also geh runter und gib ihnen … Wein.»
     
    Und so überstand sie die Vormittagsmesse und die heilige Kommunion. In ihrer Predigt ging es um die

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