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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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enger,
die Räume weniger prachtvoll. Das Mädchen hob einen
schweren Vorhang, wir schlüpften hindurch, und nachdem sie ihn
wieder fallen gelassen hatte, hörte man keinen Laut mehr von
unten. Auch sonst waren wir in eine andere Welt eingetreten und
befanden uns auf einmal wieder in Räumen mit grob verputzten
Wänden und rauchfleckigen Decken, die Zimmer des gemeinen
Bedarfs -Lagerkammern, Sklavenquartiere, Arbeitsräume. Doch
selbst hier war weitere Beute angehäuft. Kisten mit bronzenen
Gefäßen türmten sich in einer Ecke,
zusammengerollte Teppiche lehnten wie schläfrige Wächter
an der Wand, in schwere Tücher eingewickelte Tische und
Stühle stapelten sich bis zur Decke.
    Das Mädchen
tappte durch das Chaos, blickte sich verstohlen nach allen Seiten
um und machte uns dann ein Zeichen, ihr zu folgen. Sie zog einen
Vorhang zurück.
    »Was willst du
denn hier oben?« fragte eine nörgelnde Stimme.
»Ist unten heute abend nicht eine Gesellschaft im
Gange?«
    »Ach, laß
sie doch in Ruhe«, sagte eine andere Stimme mit vollem Mund.
»Nur weil Aufilia mir Extraportionen bringt und bei deinem
häßlichen Gesicht die Nase rümpft... doch wer ist
das?«
    »Nein«,
sagte ich, »bleibt ruhig sitzen. Eßt in Ruhe zu
Ende.«
    Die beiden saßen
auf dem harten Fußboden und aßen im Licht einer
einzelnen Lampe Kohl und Gerste aus rissigen Schalen. Der Raum war
klein und eng mit kahlen Wänden; die winzige Flamme der Lampe
ließ die Falten in ihren Gesichtern wie tiefe Furchen
aussehen und warf ihre gebückten Schatten bis an die Decke.
Ich blieb auf der Schwelle stehen. Tiro drängte sich hinter
mich und sah über meine Schulter. Rufus hielt sich im
Hintergrund.
    Der hagere
Nörgler schnaubte verächtlich und starrte mürrisch
auf sein Essen. »Für das, was du vorhast, Aufilia, ist
dieser Raum zu klein. Kannst du dir nicht einen anderen leeren Raum
suchen mit einem Diwan, der groß genug für euch drei
ist?«
    »Felix!«
zischte der andere, stieß den Kollegen mit seinem pummeligen
Ellenbogen an und gestikulierte heftig. Felix blickte auf und
erbleichte, als er den Ring an meinem Finger sah. Er hatte gedacht,
wir wären alle drei Sklaven, die nach einem Platz suchten,
ihre eigene Party zu feiern.
    »Vergib mir,
Bürger«, flüsterte er und verbeugte sich. Sie
verfielen in Schweigen und warteten darauf, daß ich etwas
sagte. Vorher waren sie menschliche Wesen gewesen, der eine hager
und reizbar, der andere fett und gutmütig, mit lebendigen
Gesichtern im warmen Licht, die aßen und sich mit dem
Mädchen kabbelten. Von einem Augenblick zum nächsten
waren ihre Gesichter grau und beliebig geworden, mit derselben
leeren Miene, die jeder Sklave jedes strengen Herrn aufsetzte, der
je in Rom gelebt hatte.
    »Schaut mich
an«, sagte ich. »Schaut mich an! Und wenn ihr nicht zu
Ende essen wollt, stellt eure Schalen ab und steht auf, damit ich
euch in die Augen sehen kann. Wir haben nicht viel
Zeit.«      
    *
    »Bevor man es
sehen konnte, hatte er das Messer gezückt«, sagte Felix.
»Blitzartig.«
    »Ja, im wahrsten
Sinne des Wortes blitzartig!« Chrestus stand hinter ihm und
rieb sich nervös seine Patschhände, wobei sein Blick
zwischen meinem Gesicht und dem seines Freundes hin und her
wanderte.
    Nachdem ich
erklärt hatte, wer ich war und was ich wollte, hatten sie
erstaunlich bereitwillig, ja geradezu eifrig begonnen zu reden.
Tiro stand mit nachdenklichem Gesicht neben mir im Lampenlicht. Ich
hatte Rufus im letzten Zimmer des Hauptflures postiert, so
daß er möglicherweise umherirrende Gäste
verscheuchen konnte. Das Mädchen hatte ich mitgeschickt; sie
war seine Entschuldigung dafür, sich im oberen Stockwerk
herumzudrücken, und außerdem gab es keinen Grund, sie
weiter in die Sache zu verwickeln oder ihr die volle Wahrheit
über den Grund unseres Besuches anzuvertrauen.
    »Wir hatten
keine Chance, unserm Herrn zur Hilfe zu kommen. Sie haben uns aus
dem Weg gestoßen«, sagte Felix. »Kräftige
Männer, so stark wie Pferde.«
    »Und nach
Knoblauch haben sie gestunken«, fügte Chrestus hinzu.
»Sie hätten auch uns getötet, wenn Magnus sie nicht
gebremst hätte.«
    »Und ihr seid
sicher, daß es Magnus war?« fragte ich.
    »O ja.«
Felix schauderte. »Ich hab sein Gesicht nicht gesehen, darauf
hat er geachtet. Aber ich hab seine Stimme gehört.
«
    »Und unser Herr
hat seinen Namen genannt, weißt du noch, kurz bevor Magnus
zum ersten Mal auf ihn eingestochen hat«, sagte Chrestus.
»>Magnus, Magnus, verflucht

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