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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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losgesandt.«
    Plötzlich zog er
die Brauen zusammen. »Was ist?« fragte ich.
    »Nur eine Sache,
die mir erst jetzt wieder einfällt. Etwas sehr
Merkwürdiges. Es kam mir schon damals merkwürdig vor, und
jetzt in der Erinnerung ist es noch viel merkwürdiger. Als sie
fertig waren - als es keinen Zweifel geben konnte, daß unser
armer Herr tot war -, begann der Bärtige, seinen Kopf
abzuschneiden.«
    »Was?«
    »Er packte ihn
bei den Haaren, riß den Kopf heftig zurück und begann,
ihn mit einer langen und breiten Klinge abzuschneiden. Wie ein
Metzger, der ein Leben lang nichts anderes getan hat. Magnus hat es
zunächst nicht bemerkt, er sah zu den Fenstern hoch, glaube
ich. Aber als er sich umsah, brüllte er den Mann an, er solle
das sofort lassen! Stieß ihn zurück und schlug ihn ins
Gesicht. Dafür mußte er sich ganz schön lang
machen.«
    »Er hat Rotbart
geohrfeigt, während der damit beschäftigt war, einem
anderen Mann den Kopf abzuschneiden? Das hört sich so dumm an,
daß es eigentlich nicht zu glauben ist.«
    Felix schüttelte
den Kopf. »Du kennst Magnus nicht, wenn du glaubst, daß
ihn das davon abhalten würde. Wenn er einen Wutanfall bekommt,
würde er auch Pluto persönlich ohrfeigen und ihm ins Auge
spucken. Sein gemieteter Freund wußte nur zu gut, daß
er es nicht wagen durfte zurückzuschlagen. Aber warum, glaubst
du, hat der Mann das getan? Angefangen, den Kopf unseres Herrn
abzuschneiden, meine ich?«
    »Aus
Gewohnheit«, sagte ich. »Das haben sie doch bei den
Proskriptionen immer getan, oder nicht? Den Kopf des Opfers
abgeschnitten, um die staatliche Belohnung zu beanspruchen. Rotbart
war so daran gewöhnt, den Kopf seiner Opfer abzuschneiden,
daß er bei Sextus Roscius automatisch dasselbe
tat.«
    »Aber warum hat
Magnus ihn daran gehindert? Es hätte ihm doch egal sein
können.« Es war Tiro, der im Licht der Lampe ungewohnt
weise aussah. »Das war doch die Geschichte, die sie
verbreitet haben, oder nicht, daß Sextus Roscius
geächtet worden sei? Warum sollte also sein Kopf nicht
abgeschnitten werden?«
    Alle drei starrten
mich an. »Weil - ich weiß nicht. Weil Magnus wollte,
daß es wie ein Mord aussah? Weil er wollte, daß es
aussah wie die Tat von Räubern, nicht von gedungenen
Mördern? Ja, zu diesem Zeitpunkt hatte er sich noch nicht
entschlossen, die falsche Proskriptionsgeschichte zu benutzen, und
es war auch noch nicht geplant, Roscius filius als Vatermörder
anzuklagen...« Die Worte schienen einen Sinn zu ergeben, als
ich sie aussprach, und einen Moment glaubte ich, die Wahrheit
erkannt zu haben. Sie flackerte kurz auf und war dann wieder weg,
als hätte jemand von uns die Lampe ausgepustet. Ich
schüttelte den Kopf. »Ich weiß es
nicht.«
    »Ich verstehe
sowieso nicht, welchen Sinn diese Fragen haben sollen«, sagte
Tiro bedrückt. »Das wußten wir doch alles schon
von dem stummen Jungen.«
    »Der kleine Eco
würde wohl kaum einen zulässigen Zeugen abgeben. Und
seine Mutter würde nie aussagen.«
    »Aber was ist
mit Felix und Chrestus? Von ihnen könnte auch keiner als Zeuge
aussagen, es sei denn -« Tiro sprach den Satz nicht zu
Ende.
    »Es sei denn,
was?« Chrestus, der das Gesetz nicht kannte, sah mich
tatsächlich hoffnungsvoll an. Bevor ich ihnen davon berichtet
hatte, hatten sie nicht einmal von dem Prozeß gegen Sextus
Roscius gewußt. Die neue Idee, vor Gericht auszusagen, schien
Chrestus zu gefallen. Tiro, der Sklave eines Anwalts, wußte
es besser. 
    »Es sei
denn«, sagte ich, »euer neuer Herr erlaubt es. Und ich
denke, wir wissen alle, daß Chrysogonus das nie tun
würde, also müssen wir uns darüber nicht weiter den
Kopf zerbrechen«, sagte ich, wohlwissend, daß das
Kopfzerbrechen erst anfing. Am Morgen würde ich Rufus bitten,
bei Gericht förmlich zu beantragen, daß Chrysogonus eine
Aussagegenehmigung für seine beiden Sklaven erteilte. Er
konnte sich natürlich weigern, aber wie würde das
aussehen? Cicero könnte ihn so weit unter Druck setzen,
daß er die offizielle Vernehmung von Felix und Chrestus
erlaubte. Schließlich hatten sie die Gesichter der
Mörder nie direkt gesehen, und Chrysogonus ahnte vielleicht
nicht, wieviel sie wußten. Und welche Entschuldigung
könnte er Vorbringen, dem Gericht Beweismaterial zu
verweigern, es sei denn, er wollte seine eigene Beteiligung
vertuschen.      
    Was, wenn er
einwilligte und sie dem Gericht übergab? Das römische
Gesetz verlangte in seiner unergründlichen Weisheit, daß
jeder Sklave, der als

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