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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Gelegentlich, wenn
das Thema besonders martialisch wurde, stimmte noch eine Trommel
mit ein. Metrobius tat so, als würde er jedes Wort mit
äußerstem Ernst vortragen, was die komische Wirkung noch
erhöhte. Er mußte schon begonnen haben, den Text
abzuändern, bevor wir zufällig dazugekommen waren, denn
der junge Poet und aufstrebende Speichellecker, aus dessen Feder
der Lobgesang ganz offensichtlich stammte, litt unübersehbar
unter den Qualen der Scham.
           
 
Wer weiß noch, daß Sulla
als junger Geck,
hatte kein Heim, keine Schuhe, kein Geld.
Wie entkam er der Gosse, dem Elend, dem Dreck
und wurde Roms strahlender Held?
Wie kam er von unten bis ganz an die Spitze?
Durch eine Ritze! Durch eine Ritze!
Durch die Spalte, die ausgeleiert und groß
gähnend klaffte in Nicopolis’ Schoß!
     
    Das Publikum johlte.
Sulla schüttelte verächtlich den Kopf und tat so, als
wäre er zutiefst empört. Neben ihm glühte
Chrysogonus geradezu vor Entzücken. Am selben Tisch saß
noch Hortensius, der dem jungen Tänzer Sorex etwas ins Ohr
flüsterte, während Rufus neben ihm gelangweilt und
angewidert aussah. Auf der anderen Seite des Raumes wurde der
redigierte Dichter weiß wie ein Fischbauch.
    Das Lied wurde mit
jedem Vers zotiger, und das Publikum lachte immer öfter und
freimütiger. Bald brüllte auch Sulla selbst vor Lachen.
Derweil biß sich der junge Poet auf die Lippen und rutschte
unruhig hin und her, wobei sein Gesicht die Farbe änderte wie
ein Stück Holzkohle im Wind, bei jeder Respektlosigkeit wurde
es blaß, bei jedem geschundenen Reim knallrot. Nachdem er
endlich begriffen hatte, daß es sich um einen Scherz handelte,
schien er zunächst erleichtert - immerhin würde niemand
ihn für die Travestie verantwortlich machen, und selbst Sulla
schien sich zu amüsieren. Er brachte ein ängstliches
Lächeln zustande, schmollte dann jedoch nachhaltig,
zweifelsohne empört über das, was man aus seiner
patriotischen Huldigung gemacht hatte. Die anderen jungen
Männer an seinem Tisch wandten ihm, nachdem sie vergeblich
versucht hatten, ihn zum Lachen zu bewegen, ihren Rücken zu
und lachten um so lauter. Die Römer lieben einen starken Mann,
der die Größe hat, über sich selbst zu lachen, und
verachten den Schwächling, der das nicht
kann. 
    Das Lied ging weiter.
Von unten drang das Echo von Metrobius’ Stimme an unsere
Ohren, der einen kindlichen Singsang mit einem grauenhaft kruden
griechischen Akzent imitierte:
           
 
Sullas Frau ist eine Hure,
sein Gesicht ist rot und blau.
Sein Gesicht ist voller Pickel,
Sullas Frau ist eine Sau.
     
    Das Publikum hielt den
Atem an. Einige Anwesende kicherten nervös. Chrysogonus
unterdrückte sein goldenes Lächeln. Hortensius hatte sich
gerade etwas in den Mund gesteckt und sah sich im Raum um,
unsicher, ob er es hinunterschlucken sollte. Der ruinierte junge
Dichter sah angeekelt aus - im wahrsten Sinne des Wortes angeekelt,
das Gesicht blaß und schweißnaß, als ob er
irgendeine Köstlichkeit der Tafel nicht vertragen hätte
und sich jeden Moment übergeben müßte.
    Die Lyra verstummte,
und Metrobius verharrte sehr lange regungslos. Die Lyra schlug
einen scharfen Ton an. Metrobius neigte den Kopf. »Nun
ja«, sagte er schelmisch, »es ist vielleicht nicht
Sophokles oder Aristophanes - aber mir gefällt’s!«
Die Spannung löste sich. Der Raum brach in befreites Lachen
aus; sogar Rufus lächelte. Hortensius schluckte endlich und
griff nach seinem Pokal. Der junge Dichter hielt sich den Bauch vor
Schmerzen. Der Lyraspieler zupfte ein paar Akkorde, und Metrobius
atmete tief ein. Sein Lied näherte sich dem Ende.
    Tiro drehte sich
kopfschüttelnd zu mir. »Ich verstehe diese Menschen
überhaupt nicht«, flüsterte er. »Was für
eine Feier ist das eigentlich?«
    Das hatte ich mich
auch schon gefragt. »Vielleicht stimmen die Gerüchte ja.
Ich glaube, unser geschätzter Diktator und Retter der Republik
denkt möglicherweise wirklich über seinen baldigen
Rücktritt nach. Dann gibt es jede Menge feierliche
Anlässe und Zeremonien, Lobeshymnen, Gedenkreden und die
offizielle Veröffentlichung seiner Erinnerungen. Alles sehr
steif, förmlich, ehrwürdig und römisch. Aber hier
unter seinesgleichen trinkt er lieber und macht einen Witz daraus.
Was für ein seltsamer Mensch er doch ist! Aber warte, das Lied
ist noch nicht zu Ende.«
    Metrobius ließ
seine Wimpern klappern und formte seine Hände zu einer
demütigen, mädchenhaften Geste, die

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