Das Lächeln des Cicero
wenn
Polia dir noch Geld geschuldet hat, vergißt du das wohl
besser.«
»Wir konnten sie
sowieso nicht leiden«, sagte das kleine Mädchen.
»Eco war dumm. Konnte kein Wort reden, selbst wenn Appius ihn
festgehalten und sich auf ihn gesetzt hat, damit ich ihn kitzeln
konnte, bis er blau anlief. Er hat nur gequiekt wie ein
Schwein.«
»Wie ein
Schwein, das gepiekst wird«, sagte der kleine Junge, der
jetzt nicht mehr weinte, sondern auf einmal fröhlich lachte.
»Hat mein Papa gesagt.«
»Seid
still«, knurrte die alte Frau, »alle
beide.«
*
Im Haus der
Schwäne herrschte für die mittägliche Stunde
lebhafter Betrieb. Der Besitzer machte die leichte
Wetterveränderung dafür verantwortlich. »Die Hitze
stachelt sie alle an, bringt das Blut in Wallung - aber zuviel
Hitze läßt selbst den kräftigsten Mann erschlaffen.
Jetzt, wo das Wetter zumindest wieder erträglich ist, kommen
sie scharenweise zurück. All die angestauten Säfte. Und
du bist sicher, daß du kein Interesse an der Nubierin hast?
Sie ist neu, mußt du wissen. Ah!« Er stieß einen
Seufzer der Erleichterung aus, als ein großer, gutgekleideter
Mann aus dem inneren Flur in die Halle kam. Der Seufzer bedeutete,
daß Elektra nicht länger belegt war und mich jetzt
empfangen konnte, was hieß, daß der Fremde ihr letzter
Kunde gewesen sein mußte. Er war ein gutaussehender Mann
mittleren Alters mit graumelierten Schläfen. Er nickte unserem
gemeinsamen Gastgeber kurz zu und schenkte ihm ein mattes,
gezwungenes Lächeln der Befriedigung. Ich empfand ein
törichtes Zucken der Eifersucht und sagte mir, daß er
wahrscheinlich mit geschlossenem Mund lächelte, weil er
schlechte Zähne
hatte.
In einem perfekt
geführten Haus dieser Art hätten wir uns als
aufeinanderfolgende Freier derselben Hure nie begegnen dürfen,
aber ein perfekt geführtes Haus dieser Art gab es nicht. Unser
Gastgeber besaß zumindest den Anstand, sich zwischen uns
beide zu stellen und erst dem Fremden zum Abschied zuzunicken,
bevor er sich wieder zu mir umdrehte. Sein breiter Körper gab
einen beachtlichen Sichtschutz ab. »Nur noch einen
Augenblick«, sagte er leise, »während die Dame
sich ein wenig zurechtmacht.« Er ließ mich einen Moment
allein und kehrte dann salbungsvoll lächelnd zurück.
»Alles bereit«, sagte er und winkte mich in den
Flur.
Elektra war noch immer
genauso eindrucksvoll, wie ich sie in Erinnerung hatte, aber um
ihre Augen und den Mund hatte sich eine Müdigkeit gelegt, die
einen Schatten auf ihre Schönheit warf. Sie saß auf dem
Sofa, die Hände um ihr angewinkeltes Knie verschränkt,
den Kopf mit ihrem wallenden schwarzen Haar auf ein Kissen
gestützt. Zunächst erkannte sie mich nicht, was mir einen
kleinen Stich der Enttäuschung versetzte. Dann leuchteten ihre
Augen ein wenig auf, und sie fuhr sich kokett mit der Hand durch
das Haar, als wolle sie ihre Frisur richten. Ich schmeichelte mir
mit dem Gedanken, daß es ihr bei einem anderen Mann egal
gewesen wäre, wie sie aussah, und fragte mich im selben
Augenblick, ob das einer ihrer subtilen Tricks war, die sie bei
jedem Mann anwandte.
»Du
wieder«, sagte sie, noch immer schauspielernd, mit derselben
glutvollen Stimme, mit der sie jeden hätte ansprechen
können. Und dann ließ sie, als ob ihr endlich
eingefallen wäre, warum ich schon einmal bei ihr gewesen war
und wonach ich gesucht hatte, die Maske fallen und warf mir einen
Blick von solcher nackter Verletzlichkeit zu, daß ich
zitterte. »Diesmal bist du allein gekommen?«
»Ja.«
»Ohne deinen
schüchternen, kleinen Sklaven?« Eine Spur Verruchtheit
kehrte in ihre Stimme zurück, nicht einstudiert, sondern
verspielt und heiter.
»Nicht nur
schüchtern, sondern auch ungezogen. Meint jedenfalls sein
Herr. Und zu beschäftigt, um mich heute zu
begleiten.«
»Aber ich
dachte, er gehört dir.«
»Nein.«
Ihr Gesicht wirkte auf
einmal wieder ganz nackt. »Dann hast du mich
angelogen.«
»Hab ich das?
Nur darüber.«
Sie zog auch das
andere Bein an ihre Brust, als wolle sie sich vor mir verstecken.
»Warum bist du heute gekommen?«
»Um dich zu
sehen.«
Sie lachte und zog
eine Braue hoch. »Und gefällt dir, was du siehst?«
Ihre Stimme klang wieder tief und falsch. Sie blieb genauso sitzen,
aber ihre Pose wirkte auf einmal eher kokett als
schutzbedürftig. Als ich sie das erste Mal gesehen hatte, war
sie mir stark und ursprünglich sinnlich vorgekommen, fast
unzerstörbar. Ein Teil von mir hatte die Vorstellung,
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