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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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er antworten
sollte oder nicht.
    Sulla setzte noch
einmal dieselbe Miene auf, halb amüsiert, halb verärgert,
und wies ungeduldig in den Raum. »Ich denke, die
Sitzgelegenheiten sollten für alle reichen. Setzt
euch.«      
    Nervös holte Tiro
Stühle für mich und Cicero, stellte sich dann rechts
neben seinen Herrn und beobachtete Sulla, als wäre er ein
exotisches und äußerst tödliches Reptil.
    Ich hatte Sulla noch
nie von so nahem gesehen. Das Licht der Lampen warf harte Schatten
auf sein Gesicht, umrandete seinen Mund mit Falten und ließ
seine Augen blitzen. Seine prachtvolle Löwenmähne, einst
berühmt für ihren schimmernden Glanz, war zottig und
stumpf geworden, fleckig und so dünn, daß man die
dünnen, roten Äderchen sah, die seine Kopfhaut wie ein
feines Spinnennetz überzogen. Seine Lippen waren ausgetrocknet
und rissig. Ein Büschel schwarzer Härchen ragte aus
seinen Nasenlöchern hervor.
    Er war einfach ein
alter General, ein alternder Lebemann und ein müder Politiker.
Seine Augen hatten alles gesehen und nichts gefürchtet. Sie
waren Zeuge jedes Extrems von Schönheit und Schrecken
geworden, man konnte sie nicht mehr beeindrucken. Trotzdem
flackerte noch immer ein Hunger in ihnen, der mich fast
anzuspringen und meine Kehle zu packen schien, als er mir seinen
Blick zuwandte.
    »Du mußt
Gordianus sein, den sie den Sucher nennen. Gut. Ich bin froh,
daß du hier bist. Dich wollte ich mir auch mal
ansehen.«
    Er ließ seinen
Blick träge von Cicero zu mir und zurück wandern und
stellte unsere Geduld auf die Probe. »Ihr könnt euch
sicher denken, warum ich hier bin«, sagte er
schließlich. »Eine gewisse banale Rechtssache, die
heute vor der Rostra verhandelt wurde, als ich gerade zu Mittag
aß. Ein Sklave meines lieben Freigelassenen Chrysogonus kam
ganz hektisch und bestürzt zu mir gerannt und brabbelte von
einer Katastrophe, die sich auf dem Forum abspielen würde. Ich
war gerade damit beschäftigt, eine sehr pikante Fasanenbrust
zu verzehren, und die Neuigkeit verursachte mir eine üble
Magenverstimmung. Der Haferbrei, den mir deine Küchenmagd
gebracht hat, ist nicht schlecht - fade, aber schmerzlindernd,
genau wie meine Ärzte es mir empfehlen. Natürlich
hätte er auch vergiftet sein können, aber andererseits
dürftest du mich kaum erwartet haben, oder? Egal, ich habe
mich stets in die Gefahr gestürzt, ohne lange darüber
nachzudenken. Ich habe mich nie Sulla, der Weise, genannt, immer
nur Sulla, der Glückliche, was meines Erachtens viel besser
ist.«
    Er tupfte seinen
Zeigefinger einen Moment lang in den Brei und fegte dann
unvermittelt die Schale vom Tisch, die scheppernd zu Boden fiel.
Eine Sklavin kam aus dem Flur herbeigerannt, sah Ciceros
aufgerissene Augen und sein bleiches Gesicht und verschwand rasch
wieder.
    Sulla lutschte seinen
Finger ab und fuhr dann mit ruhiger, melodiöser Stimme fort.
»Was für einen Aufstand ihr beide betrieben haben
müßt, um die Wahrheit über diese widerwärtig
spießigen Roscier und ihre widerwärtigen Verbrechen
aneinander aufzuspüren, auszugraben und zu beschnüffeln.
Wie man mir erzählt hat, habt ihr Stunde um Stunde und Tag um
Tag damit zugebracht, euch mit den Fakten herumzuschlagen;
daß du, Gordianus, den ganzen Weg bis ins gottverlassene
Ameria gemacht und dein Leben mehr als einmal in Gefahr gebracht
hast nur für ein paar magere Fetzen der Wahrheit. Und trotzdem
kennt ihr noch immer nicht die ganze Geschichte - es ist wie ein
Schauspiel, bei dem ganze Szenen fehlen. Ist das nicht komisch? Bis
heute hatte ich den Namen Sextus Roscius noch nicht einmal
gehört, und es hat mich nur Stunden - eigentlich nur Minuten -
gekostet, alles herauszufinden, was sich über diesen Fall zu
wissen lohnt. Ich habe einfach gewisse Parteien zu mir bestellt und
sie aufgefordert, mir die ganze Geschichte zu erzählen.
Manchmal glaube ich, daß Gerechtigkeit und Wahrheit in den
Tagen König Numas etwas viel Simpleres und Schlichteres
waren.«
    Sulla machte eine
Pause und spielte mit der Pergamentrolle auf seinem Schoß. Er
strich über die Naht, die die Seiten zusammenhielt, und tupfte
mit den Fingern über das glatte Pergament. Dann packte er die
Rolle auf einmal mit lautem Rascheln und warf sie quer durch das
Zimmer. Sie landete auf einem Tisch mit weiteren Schriftrollen und
riß sie zu Boden. Sulla fuhr ungerührt fort.
    »Sag mir, Marcus
Tullius Cicero, was hast du damit beabsichtigt, die Verteidigung
dieses erbärmlichen Mannes heute vor

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