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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Gericht zu
übernehmen? Warst du ein bereitwilliger Handlanger meiner
Feinde, oder haben sie dich reingelegt? Bist du gerissen und schlau
oder geradezu lächerlich dumm?«
    Ciceros Stimme war
trocken wie Pergament. »Man hat mich gebeten, einen
unschuldigen Mann gegen eine empörende Anklage zu verteidigen.
Wenn das Gesetz nicht die letzte Zuflucht der Unschuldigen

    »Unschuldig?« Sulla
beugte sich vor. Sein Gesicht lag jetzt ganz im Schatten. Die Lampe
warf eine Aureole um sein feuerrotes Haar. «Haben sie dir das
erzählt, meine lieben Freunde, die Meteller? Eine sehr alte
und bedeutende Familie, diese Meteller. Seit ich mich von
Delmaticus’ Tochter habe scheiden lassen, als sie im Sterben
lag, habe ich darauf gewartet, daß sie mir von hinten ein
Messer zwischen die Rippen stoßen. Aber was hätte ich
tun sollen? Die Auguren und Pontifices haben darauf bestanden; ich
konnte es nicht zulassen, daß mein Haus von ihrer Krankheit
beschmutzt wurde. Und so nimmt die Familie meiner Ex-Frau also
Rache - sie benutzen einen Anwalt ohne Familie und mit einem Witz
von einem Namen, um meinen Namen vor Gericht in den Schmutz zu
ziehen. Was nützt es einem, Diktator zu sein, wenn genau die
Klasse von Menschen, für deren Wohl man sich so abplagt, sich
wegen solcher Belanglosigkeiten gegen einen wendet?
    Was hat man dir
angeboten, Cicero? Geld? Das Versprechen ihrer Patronage?
Politische Unterstützung?«
    Ich blickte zu Cicero,
dessen Gesicht wie zu Stein erstarrt war. In dem flackernden Licht
der Lampe konnte ich meinen Augen kaum trauen, aber mir war, als
würden sich seine Mundwinkel zum Hauch eines Lächelns
verziehen. Auch Tiro mußte es bemerkt haben; ein
merkwürdiger Ausdruck verdüsterte seine Miene.
    »Wer von ihnen
ist zu dir gekommen, Cicero? Marcus Metellus, der Schwachkopf, der
es gewagt hat, sich heute neben dir auf der Verteidigerbank blicken
zu lassen? Oder seine Cousine Caecilia Metella, diese
verrückte, unter Schlaflosigkeit leidende alte Schachtel? Oder
vielleicht gar kein Metellus, sondern einer ihrer Handlanger? Doch
sicher nicht mein neuer Schwager Hortensius - für Geld
würde er auch seinen schlimmsten Feind vertreten, bei Jupiter,
aber er war schlau genug, sich nicht in diese Farce verwickeln zu
lassen. Eine Schande, daß ich nicht dasselbe über
Valerias geliebten kleinen Bruder Rufus sagen
kann.«
    Cicero sagte immer
noch nichts. Tiro runzelte nervös die Stirn und rutschte
unruhig auf seinem Stuhl hin und her.
    Sulla lehnte sich
zurück. Der Schein der Lampe kroch über seine Stirn bis
in seine Augen, die wie Glasperlen glitzerten. »Egal. Die
Meteller haben dich jedenfalls gegen mich rekrutiert. Sie haben dir
also erzählt, Sextus Roscius sei unschuldig. Und du hast ihnen
geglaubt?«
    Tiro hielt es nicht
länger aus. »Natürlich!« platzte er los.
»Weil er unschuldig ist. Deswegen hat mein Herr ihn
verteidigt - nicht um sich mit einer Patrizierfamilie gut zu
stellen -«
    Cicero brachte ihn mit
einer Handbewegung zum Schweigen. Sulla sah Tiro an und zog
abschätzig die Brauen hoch, als ob er ihn in diesem Moment zum
erstenmal wahrnehmen würde. »Der Sklave ist wohl kaum so
hübsch, daß man ihm eine derartige Frechheit durchgehen
lassen könnte. Wenn du etwas von einem echten Römer in
dir hättest, Cicero, würdest du ihm hier an Ort und
Stelle die Flausen gründlichst aus dem Leib prügeln
lassen.«
    Ciceros Lächeln
verflog. »Bitte, Lucia Sulla, verzeih ihm seine
Unverschämtheit.« 
    »Dann beantworte
meine Frage, anstatt deinen Sklaven für dich sprechen zu
lassen. Als sie dir erzählten, daß Sextus Roscius
unschuldig wäre, hast du ihnen geglaubt?«
    »Ja, das habe
ich«, sagte Cicero seufzend. Er preßte die
Fingerspitzen gegeneinander und spreizte die Finger. Er sah mich
kurz an und betrachtete dann wieder seine Hände.
»Anfangs.«
    »Ah.«
Jetzt war es Sulla, um dessen Lippen ein unergründliches
Lächeln spielte. » Ich dachte mir schon, daß du zu
schlau bist, um dich länger täuschen zu lassen. Wann hast
du die Wahrheit erfahren?«
    Cicero zuckte die
Schultern. »Ich habe fast von Beginn an einen Verdacht
gehabt, obwohl das nie einen Unterschied gemacht hat. Es gibt noch
immer keinen Beweis, daß Sextus Roscius sich mit seinen
beiden Vettern verschworen hat, seinen Vater ermorden zu
lassen.«
    »Keinen
Beweis?« Sulla lachte. »Ihr Anwälte! Auf der einen
Seite gibt es immer Beweise und Indizien. Und auf der anderen Seite
ist die Wahrheit.« Er schüttelte den Kopf.

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