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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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lachte laut über jeden Witz und
nahm sich sogar die Kühnheit heraus, selbst ein paar zu
machen, aber hin und wieder warf er voller Schmerz einen Blick in
Roscias Richtung. Sie weigerte sich standhaft zurückzugucken.
Sie saß steif und elend auf ihrem Stuhl, aß nichts und
bat schließlich ihren Vater und ihre Gastgeberin, sie zu
entschuldigen. Als sie aus dem Raum stürzte, hatte sie zu
weinen begonnen. Wenig später erhob sich auch ihre Mutter und
folgte ihr nach draußen.
    Roscias Abgang
löste eine eigenartige regelrechte Heulepidemie aus.
Zunächst traf es Caecilia, die schneller getrunken hatte als
alle anderen. Den ganzen Abend war sie lebhaft und ausgelassen
gewesen. Nachdem Roscia gegangen war, verfiel sie plötzlich in
tiefe Niedergeschlagenheit. »Ich weiß«, sagte
sie, während wir Roscia im Flur schluchzen hörten,
»ich weiß, warum dieses Mädchen weint. Ja, ich
weiß es.« Sie nickte beschwipst. »Sie
vermißt ihren lieben, lieben, alten Großvater. Ach ja,
er war ja so ein reizender Mann. Wir dürfen nicht vergessen,
was uns an diesem Abend eigentlich zusammengeführt hat - der
viel zu frühe Tod meines liebsten, teuersten Sextus. Geliebter
Sextus. Wer weiß, wäre ich nicht all die Jahre
unfruchtbar geblieben...« Sie fuhr sich unkontrolliert mit
der Hand durchs Haar und stach sich den Finger an der silbernen
Nadel. Blut quoll aus ihrer Fingerkuppe. Sie starrte schaudernd auf
die Wunde und fing an zu weinen.
    Sofort war Rufus an
ihrer Seite, um sie zu trösten und sie daran zu hindern, etwas
zu sagen, was ihr später möglicherweise peinlich
war.
    Dann begann auch
Sextus Roscius zu weinen. Zunächst kämpfte er dagegen an,
biß sich auf die Fingerknöchel und verzog das Gesicht,
aber die Tränen ließen sich nicht aufhalten. Sie rannen
über seine Wangen und sein Kinn und tropften auf die Algen auf
seinem Teller. Er atmete gepreßt ein und stieß die Luft
dann mit einem langgezogenen, bebenden Stöhnen wieder aus. Er
bedeckte sein Gesicht mit den Händen und wurde von
Krämpfen geschüttelt. Er stieß seinen Teller zu
Boden, und ein Sklave hob ihn wieder auf. Er schluchzte laut und
würgend, es klang wie das Geschrei eines Esels. Er mußte
es oft wiederholen, bevor ich das Wort verstand, das er wieder und
wieder rief: »Vater, Vater, Vater...«
    Fast den ganzen Abend
war er gewesen wie immer - still und in sich gekehrt, nur hin und
wieder ein schüchternes Lächeln, wenn wir anderen vor
Lachen brüllten bei einem gelungenen Witz über Erucius
oder Chrysogonus. Selbst als das Urteil bekanntgegeben wurde, so
hatte mir Rufus berichtet, war er seltsam unbeteiligt geblieben.
Nachdem er so lange in Angst gelebt hatte, hatte er
anschließend versucht, seine Erleichterung zu
unterdrücken, bis sie schließlich doch aus ihm
herausbrach. Deswegen weinte er.
    Das dachte ich
jedenfalls.
    Es schien der
geeignete Zeitpunkt zum Gehen.
    Publius Scipio, Marcus
Metellus und ihre adeligen Freunde wünschten uns eine gute
Nacht und gingen ihrer Wege; Rufus blieb bei Caecilia. Ich sehnte
mich danach, wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen, aber
Bethesda war noch immer bei Cicero und der Weg bis zur Subura weit.
Im Hochgefühl seines Erfolges bestand Cicero gutgelaunt
darauf, daß ich eine letzte Nacht unter seinem Dach
verbrachte.
    Wäre ich nicht
mit ihm gegangen, wäre diese Geschichte hier zu Ende, inmitten
von Halbwahrheiten und falschen Vermutungen. Statt dessen ging ich
neben Cicero, flankiert von seinen Fackelträgern und
Leibwächtern, über das mondbeschienene Forum und den
Kapitolinischen Hügel hinauf, bis wir zu seinem Haus
kamen.
    So war es mir
vergönnt, den glücklichsten Mann auf Erden endlich
persönlich kennenzulernen. So erfuhr ich die Wahrheit, die ich
bis dahin nur vage geahnt hatte.
    *
    Cicero und ich
plauderten angeregt über nichts Besonderes -die lange
Hitzeperiode, die karge Schönheit Roms bei Vollmond, die
Gerüche, die die Stadt bei Nacht erfüllten. Wir bogen in
die Straße, in der Cicero wohnte. Tiro bemerkte das Gefolge,
das sich wie eine kleine Armee um den Eingang des Hauses
drängte, als erster. Er zupfte an der Tunika seines Herrn und
wies mit offenem Mund in die Richtung. 
    Wir sahen die
Gesellschaft, bevor sie uns entdeckten - die leere Sänfte und
die Träger, die mit verschränkten Armen dagegen lehnten.
Die Fackelträger, die sich müde an der Wand
abstützten und ihre Fackeln schlaff nach unten hängen
ließen. In ihrem flackernden Licht spielten auf der
Straße ein paar

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