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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Bürgerkrieg zwischen Marius
und Sulla und dann zwischen Sulla und Cinna? Der alte Herr schwankt
in seiner Loyalität - ein Realist und ein Opportunist wie die
meisten Römer heutzutage - und kommt aus der Sache heraus wie
die zarte Maid, die von Fels zu Fels hüpfend einen
reißenden Strom überquert, ohne sich auch nur die
Sandalen naß zu machen. Diejenigen, die gar keine Meinung
haben, sind die einzigen Menschen, die sich heute noch in
Sicherheit wiegen können. Ein Karnickel, wie gesagt. Wenn du
darauf wartest, daß ihn die Politik in Gefahr bringt, wird er
mindestens hundert.«
    »So
nichtssagend, wie du ihn beschreibst, kann er doch bestimmt nicht
sein. Jeder geht heutzutage Risiken ein, indem er einfach lebt. Du
sagst, er sei ein Großgrundbesitzer mit Interessen in Rom. Er
muß der Klient einer einflußreichen Familie sein. Wer
sind seine Patrone?«
    Cicero lachte.
»Selbst darin hat er sich die fadeste und sicherste Familie
überhaupt als Verbündete gesucht - die Metelli. Sullas
Schwäger - zumindest waren sie das, bis Sulla sich von seiner
vierten Frau hat scheiden lassen. Und nicht bloß irgendwelche
Metelli, sondern den ältesten, trägsten und unendlich
anständigen Zweig dieser weitverzweigten Familie. Irgendwie
hat er sich bei Caecilia Metella eingeschmeichelt. Hast du schon
von ihr gehört?«
    Ich schüttelte
den Kopf.
    »Das wirst du
noch«, sagte er geheimnisvoll. »Nein, nie und nimmer
wird die Politik den alten Herrn für dich erledigen. Sulla
kann das ganze Forum mit Köpfen auf Stöcken vollstellen,
das Marsfeld kann vor lauter Blut überlaufen und sich in den
Tiber ergießen - du wirst den alten Herrn noch immer nach
Einbruch der Dunkelheit durch die übelsten Gegenden der Stadt
schlendern sehen, vollgestopft von einem Abendessen bei Caecilia
und ungeniert auf dem Weg ins Bordell.«
    Cicero setzte sich
abrupt hin. Die Maschine, so kam es mir vor, brauchte gelegentlich
eine Pause, aber das angeknackste Instrument tönte weiter.
»Wie du siehst, wird dir das Schicksal nicht zur Hand gehen,
wenn es gilt, den verhaßten alten Mann loszuwerden.
Außerdem gibt es möglicherweise einen dringenden Grund,
ihn tot sehen zu wollen - nicht bloß Haß oder Groll,
sondern eine unmittelbar bevorstehende Krise. Du mußt selbst
handeln.«
    »Du
schlägst vor, ich soll meinen Vater
ermorden?«
    »Genau.«
    »Unmöglich.«
    »Aber du
mußt.«
    »Unrömisch!«
    »Das Schicksal
zwingt dich.«
    »ln diesem Fall
- Gift?« 
    Er zuckte die
Schultern. »Möglich, wenn du normalen Umgang mit ihm
pflegtest. Aber ihr habt kein gewöhnliches
Vater-Sohn-Verhältnis, bei dem der eine im Haus des anderen
verkehrt. Zwischen euch herrscht beträchtliche Bitterkeit.
Stell dir vor, der alte Mann hat sein eigenes Stadthaus und
schläft selten irgendwo anders. Du lebst auf dem alten
Familienbesitz in Ameria, und bei den seltenen Gelegenheiten, bei
denen dich deine Geschäfte in die Stadt führen,
schläfst du nie im Haus deines Vaters. Statt dessen wohnst du
bei einem Freund oder sogar in einem Gasthaus - so tief geht der
Streit zwischen euch. Also kommst du auch nicht leicht an das
Abendessen des alten Herrn, bevor man es ihm serviert. Sollst du
einen seiner Sklaven bestechen? Unwahrscheinlich und sehr unsicher
- in einer zerstrittenen Familie schlagen sich die Sklaven immer
auf eine Seite. Sie werden ihm gegenüber viel loyaler sein als
dir. Gift ist eine unbrauchbare Lösung.«
    Der gelbe Vorhang
kräuselte sich. Eine warme Windbö huschte unter seinem
Saum hindurch und erfüllte den Raum wie ein am Boden haftender
Nebel. Ich spürte, wie er einem Strudel gleich um meine
Füße wirbelte, schwer vom Duft des Jasmins. Der
Vormittag war vorüber. Die heißeste Zeit des Tages brach
an. Ich fühlte mich auf einmal schläfrig. Genau wie Tiro;
ich sah, wie er ein Gähnen unterdrückte. Vielleicht
langweilte ihn die Geschichte auch nur. Er hörte seinen Herrn
wahrscheinlich nicht das erste Mal die Kette von Argumenten
durchspielen, die Logik verfeinern und am ganz speziellen Glanz
jedes Satzes feilen.
    Ich räusperte
mich. »Dann scheint es nur eine naheliegende Lösung zu
geben, werter Cicero. Wenn der Vater ermordet werden muß -
auf Anstiftung seines eigenen Sohnes, ein Verbrechen, das fast zu
abscheulich ist, um darüber nachzudenken -, dann sollte es in
dem Moment geschehen, in dem der alte Mann am leichtesten
verwundbar ist. Eine mondlose Nacht, auf dem Heimweg von einem
Empfang oder unterwegs zu einem Bordell. Um diese

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