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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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ihrem
Höhepunkt zu erleben.
    Die Brandstelle befand
sich nahe am Fuß des Kapitolinischen Hügels, direkt
jenseits der Servianischen Mauer, in einem Block von schicken
Wohnungen südlich des Circus Flaminius. Ein dreistöckiges
Mietshaus stand völlig in Flammen. Sie schlugen aus den
Fenstern und tanzten auf dem Dach. Wenn es ein Drama von der Art
gegeben hatte, wie die Menge es so liebte, hatten wir es
verpaßt; man sah keine hilflosen Opfer, die von den oberen
Fenstern herunterschrien, keine Babys, die auf die Straße
geworfen wurden. Die Bewohner waren entweder bereits geflohen oder
lagen tot im Innern.
    Hier und da sah ich in
der Menge Frauen, die sich die Haare rauften, weinende Männer
und eng umeinander gescharte Familien. Die Trauernden und
Mittellosen wurden von der allgemeinen Menschenansammlung
verschluckt, die die lodernden Flammen mit unterschiedlichen Mienen
beobachteten, die alle Regungen von Ehrfurcht bis Entzücken
widerspiegelten.
    »Angeblich ist
es im Lauf des Nachmittags ausgebrochen«, sagte ein Mann in
unserer Nähe, »und hat so lange gebraucht, das ganze
Gebäude zu erfassen.« Sein Freund nickte ernst.
»Trotzdem sollen mehrere Familien in den oberen Stockwerken
eingeschlossen worden und bei lebendigem Leibe verbrannt sein. Man
hat sie schreien hören. Ein brennender Mann hat sich noch vor
knapp einer Stunde aus einem der oberen Fenster auf die
Straße gestürzt und ist mitten in der Menge gelandet.
Wenn wir dort hinübergehen, können wir vielleicht noch
die Stelle erkennen, wo er aufgeschlagen ist...«
    In einem Korridor
zwischen den Flammen und den Schaulustigen rannte ein
graubärtiger Mann hektisch hin und her und engagierte
Passanten, ihm beim Löschen zu helfen. Der angebotene Lohn war
kaum mehr als die symbolische Honorierung eines freiwilligen
Einsatzes, und nur wenige gingen darauf ein. Es bestand kaum
Gefahr, daß sich das Feuer in nördlicher Richtung den
Hügel hinauf ausdehnte; es wehte kein Wind, der die Flammen
dorthin hätte tragen können, und die großen
Freiflächen zwischen den einzelnen Gebäuden boten
hinreichend Schutz. Aber in südlicher Richtung zum Circus hin
grenzte ein weiteres, kleineres Mietshaus an das brennende
Gebäude und war nur durch einen schmalen Spalt von den Flammen
getrennt, die ein großer Mann mit ausgestreckten Armen
hätte überbrücken können. Die
gegenüberliegende Wand war bereits rauchgeschwärzt, und
als das brennende Haus einzustürzen begann, fielen kleine
Asche- und Schutthäufchen in den Zwischenraum, wobei einige
brennende Teilchen auf dem Dach des niedrigeren Gebäudes
gegenüber landeten, von wo eine Mannschaft von Sklaven sie
hastig auf die Straße schaufelte.
    Ein vornehmer,
gutgekleideter Mann, der von einer großen Gefolgschaft von
Sklaven, Sekretären und Gladiatoren begleitet wurde, trat aus
der Menge hervor und sprach den verzweifelten Graubärtigen an.
»Bürger«, rief er ihm zu, »bist du der
Besitzer dieser Häuser?«
    »Nicht von dem
brennenden Haus«, gab der ungehalten zurück. »Das
gehört meinem dummen Nachbarn Varius. Er ist ein Idiot, der
seinen Mietern auch am heißesten Tag des Jahres erlaubt,
Feuer zu machen. Er ist nicht etwa hier und bekämpft das
Feuer. Wahrscheinlich macht er gerade Ferien in Baiae. Das andere
Haus gehört mir, das, das noch steht.«
    »Aber vielleicht
nicht mehr sehr lange.« Der Patrizier sprach mit fester
Stimme, die auch auf dem Forum jederzeit einen guten Eindruck
gemacht hätte. Sein Gesicht war mir unbekannt, aber ich
wußte, um wen es sich handelte.
    »Crassus«,
flüsterte ich.
    »Ja«,
sagte Tiro, »Crassus. Mein Herr kennt ihn.« In seiner
Stimme klang eine Spur von Stolz mit, der Stolz derjenigen, die die
Tuchfühlung mit der Prominenz genießen, egal, worauf
sich deren Berühmtheit gründet. »Kennst du das
Lied: >Crassus, Crassus, reich wie Kroesus<. Man sagt, er sei
schon jetzt der reichste Mann Roms, Sulla nicht mitgerechnet
natürlich, womit er reicher ist als die meisten Könige
unserer Zeit, und er wird jeden Tag reicher. Sagt jedenfalls
Cicero.«
    »Und was sagt
dein Herr sonst noch über Crassus?« Das Objekt unserer
Erörterungen hatte einen Arm um die Schulter des
Graubärtigen gelegt. Gemeinsam gingen sie zu einer Stelle, von
wo aus sie einen besseren Blick auf die Lücke zwischen den
beiden Gebäuden hatten. Ich folgte ihnen und starrte an ihnen
vorbei in die Spalte, die wegen des fortwährenden Regens von
Asche und glühenden Ziegeln unpassierbar war.
    »Man

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