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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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sagt,
daß Crassus über viele Tugenden verfügt und nur ein
Laster hat, und das ist seine Habgier. Aber Cicero sagt, daß
Gier nur das Symptom eines noch tiefer liegenden Lasters ist: des
Neides. Reichtum ist alles, was Crassus hat. Er scheffelt ihn, weil
er mißgünstig ist auf die Qualitäten anderer
Männer, als ob sein Neid eine tiefe Grube wäre und er sie
nur mit genug Gold und Vieh und Häusern und Sklaven
zuschütten müßte, um endlich auf einer Stufe mit
seinen Rivalen zu stehen.«
    »Dann sollten
wir also Mitleid mit Marcus Crassus haben? Dein Herr ist wirklich
sehr mitfühlend.«
    Wir ließen die
Menge der Schaulustigen hinter uns und drängten uns näher
heran, um zu hören, was sich Crassus und der Besitzer des
Mietshauses über dem Prasseln der Flammen zuriefen. Das Feuer
schlug mir wie heißer Atem ins Gesicht, und ich mußte
die Augen wegen der durch die Luft wirbelnden Ascheteilchen
zukneifen.
    Wir standen im Herzen
der Krise. Es schien ein seltsamer Ort, um ein Geschäft
abzuschließen,wenn man den Vorteil außer acht
ließ, den er Crassus bot. Der arme Graubärtige sah nicht
so aus, als würde er einen harten Verhandlungspartner abgeben.
Über dem Knistern der Flammen konnte ich Crassus’
ausgebildete Rednerstimme hören wie
Glockengeläut.
    »Zehntausend
Denar«, tönte er. Ich konnte die Antwort des
Hauseigentümers nicht verstehen, las jedoch in seiner Miene
und seinen Gesten Empörung. »Also gut.« Crassus
zuckte die Schultern. Er schien gerade einen höheren Preis
anbieten zu wollen, als vor dem gefährdeten Gebäude eine
Flammenwand hochschlug. Ein Trupp Arbeiter rannte sofort zu der
Stelle, schlug mit Lumpen auf die Flammen ein, während Eimer
voll Wasser von Hand zu Hand gereicht wurden. Ihre Bemühungen
schienen den neuen Brandherd zu ersticken, als die Flammen
plötzlich an einer ganz anderen Stelle erneut
aufloderten. 
    »Achttausendfünfhundert«,
sagte Crassus. »Mein letztes Angebot. Mehr als der Preis
für das kahle Grundstück, was nach Lage der Dinge bald
alles sein könnte, was noch übrig ist. Und bedenke die
Kosten für den Abtransport des ganzen Schutts.« Er
starrte in das Flammenmeer und schüttelte den Kopf.
»Achttausend, nicht mehr. Wenn du interessiert bist,
mußt du jetzt zuschlagen. Wenn die Flammen erst einmal Ernst
machen, werde ich dir kein As mehr bieten.«
    Der Graubärtige
verzog gequält das Gesicht. Ein paar tausend Denar waren kaum
ein angemessener Preis. Aber wenn das Gebäude völlig
ausgebrannt war, war es völlig wertlos.
    »Trommle mein
Gefolge zusammen«, rief Crassus seinem Sekretär zu.
»Sag ihnen, sie sollen sich zum Abmarsch bereit halten, ich
bin hergekommen, um zu kaufen, nicht um ein Haus in Flammen
aufgehen zu
sehen.«      
    Der Graubärtige
brach zusammen. Er packte Crassus’ Ärmel und nickte. Der
machte seinem Sekretär ein Zeichen, worauf jener sofort eine
fette Börse hervorzog und den Mann an Ort und Stelle
bezahlte.
    Crassus hob die Hand
und schnippte mit den Fingern. Sofort geriet seine ganze Mannschaft
in Bewegung. Gladiatoren und Sklaven huschten zwischen den
Gebäuden hin und her wie Ameisen, rissen den erschöpften
Freiwilligen die Eimer aus der Hand, lösten Pflastersteine und
warfen Steinbrocken, Lehm und alles Unbrennbare, was sich sonst
finden ließ, in die Lücke zwischen den beiden
Häusern.
    Crassus machte auf dem
Absatz kehrt und kam direkt auf uns zu. Ich hatte ihn schon oft auf
dem Forum gesehen, aber noch nie aus solcher Nähe. Er war kein
schlecht aussehender Mann, dessen Haare sich lichteten, ein wenig
älter als ich, mit einer ausgeprägten Nase und einem
hervorstehenden Kinn. »Bürger!« rief er mir zu.
»Schließ dich dem Kampf an. Ich werde dir den
zehnfachen Tageslohn eines Arbeiters zahlen, die eine Hälfte
jetzt, die andere später, und das gleiche für deinen
Sklaven.«
    Ich war zu
überrascht, um zu antworten. Crassus ging völlig
unbeeindruckt weiter und machte jedem halbwegs kräftigen Mann
in der Menschenmenge dasselbe Angebot. Sein Sekretär folgte
ihm auf dem Fuß und zahlte die Honorare aus.
    »Sie müssen
den Rauch gesehen haben und vom Forum direkt über den
Hügel gekommen sein«, sagte Tiro.
    »Eine Chance,
ein Haus am Fuß des Kapitols praktisch umsonst zu erwerben -
warum nicht? Ich hab gehört, daß er auf allen
Hügeln Sklaven postiert hat, um nach Bränden Ausschau zu
halten, damit er als erster an der Brandstelle ist und die
Überreste aufkaufen kann.«
    »Das ist noch
längst nicht

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