Das Land am Feuerfluss - Roman
als sie das Schlafzimmer betrat, fiel ihr Blick auf Max’ Umhängetasche. Sie sank auf das Bett, öffnete die Schnalle und zog den Skizzenblock heraus, den er ihr nie hatte zeigen wollen.
Ihre Hände zitterten, Tränen rannen über ihr Gesicht, als sie Seite für Seite umblätterte und entdeckte, wie sehr er sie geliebt hatte. Denn auf jedem Blatt hatte er ihr Porträt eingefangen und es so liebevoll gezeichnet, dass es ihr aus jedem Strich und jeder Linie entgegenleuchtete. Einmal saß sie neben dem Kamin in der Hütte, Brandy zu den Füßen, und las ein Buch. Dann wieder hatte er sie festgehalten, als sie schlief, und das nächste Blatt zeigte sie im Gras unter den Bäumen bei den Ponys. Auf dem letzten Bild hockte sie auf dem Felsen und beobachtete den Gewittersturm.
Sie schloss den Skizzenblock und drückte ihn ans Herz. Er hatte sie wahrhaftig geliebt, aber nie den Mut aufgebracht, es ihr zu gestehen. »Oh, Max«, flüsterte sie unter Tränen. »Wären wir doch nur mutig genug gewesen zu sagen, wie es in unserem Herzen aussah! Wie anders hätte alles sein können!«
Rebecca döste auf dem Stuhl neben Dannys Bett, doch wegen des ohrenbetäubenden Lärms von Autohupen schraken sie beide auf.
Danny war schon aufgesprungen und stieß die Fensterläden auf, als sie noch träge versuchte, den Nebel aus Erschöpfung und Schlaf zu vertreiben. »Guck mal, Mum!«, rief er. »Die kommen alle vom Feuer zurück.«
Rebecca stürzte ans Fenster, ihr Puls raste vor Erleichterung und Aufregung. Neugierig schaute sie hinaus. Der Regen hatte aufgehört. Aber die Hauptstraße stand noch unter Wasser, und der lange Zug aus Lastern, Feuerlöschfahrzeugen, Wassertanks, Personenwagen und Pferdefuhrwerken rollte durch roten Schlamm. Die Gefahr war vorüber. Ben war zu Hause.
»Gehen wir, Mum!« Danny zog sie an der Hand. »Ich möchte die Parade sehen.«
Rebecca lief mit ihm auf die Veranda, auf der sich der Rest der Familie Morgan zusammen mit Amy und George versammelt hatte, um die Helden in Empfang zu nehmen.
Die Männer waren erschöpft, doch als die Einwohner von Morgan’s Reach auf die Straße strömten, um sich der Jubelfeier anzuschließen, schienen sie noch immer bester Laune zu sein. Man hörte Siegesrufe und Gelächter, als Freunde und Angehörige sie stürmisch begrüßten.
Die beiden Jungen rannten auf die Straße, und Rebecca legte den Arm um Amy und lachte begeistert. »Das nenne ich eine wahre Augenweide!«, sagte sie, und ihre Müdigkeit war wie weggeblasen.
»Du sagst es«, antwortete Amy und suchte den Zug ab, bis sie ihren Vater und die Brüder entdeckte. Sie winkte ihnen zu, und ihre Mutter eilte zu ihnen. Amy wandte sich wieder an Rebecca. »Danny scheint trotz seines Abenteuers gesund und munter zu sein. Aber geht es ihm wirklich gut?«
Ihre Freundin nickte. »Er hat eine grundlegende Veränderung durchgemacht und denkt endlich klarer. Dafür muss ich dem mysteriösen John Miller dankbar sein. Ich wünschte, er wäre hier, damit ich mich bei ihm bedanken könnte.«
Amy grinste. »Ich glaube, da ist jemand, der deine Aufmerksamkeit mehr braucht«, sagte sie schelmisch. »Ist das da drüben nicht Ben?«
Rebecca lief die Stufen hinunter, die Straße entlang bis zur Polizeiwache, vor der Ben den Feuerlöschwagen und den Wassertank abgestellt hatte. Sie flog in seine Arme, warf ihn dabei fast um und bedeckte sein Gesicht mit Küssen.
»Holla, Becky!«, rief er überrascht. »Lass einem Kerl die Chance, Atem zu schöpfen.«
Sie lagen sich in den Armen, ohne auf den Schlamm oder die Umstehenden zu achten. »Willkommen zu Hause, Ben«, flüsterte sie, als er sie fest an sich drückte.
»Heißt das, ich darf dich jetzt in aller Öffentlichkeit küssen?«, fragte er augenzwinkernd.
Sie strahlte ihn an, nahm sein schmutziges Gesicht in beide Hände und spürte die Stoppeln an seinem Kinn. »Nur, wenn du willst«, neckte sie ihn.
Er stöhnte. »Und ob ich will.« Sein Kuss war zärtlich und wurde drängender, während sie sich aneinanderschmiegten. Der Rest der Welt verblasste, und sie blieben eingehüllt in dem Kokon ihres Glücks, in dem kaum etwas anderes zählte.
Schließlich lösten sie sich voneinander, atemlos und erstaunt über die Heftigkeit ihrer Gefühle, und schauten einander in die Augen. »Ist alles in Ordnung mit Danny?«, fragte er schließlich. Als sie nickte, umarmte er sie noch einmal. »Wir werden es langsam angehen«, versicherte er ihr, »aber ab sofort bist du meine Freundin, und es
Weitere Kostenlose Bücher