Das Land am Feuerfluss - Roman
stand neben ihr auf dem Tisch, nur eine Kerze flackerte im Halbdunkel – und lauschte der lärmenden Ankunft der Feuerwehrleute und dem ebenso lauten Empfang. Sie war froh, dass alle wieder da waren, hatte aber weder die Kraft noch die Courage, nach draußen zu gehen, denn die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden hatten ihren Tribut gefordert.
Sie blieb dort im Kerzenschein, die Wanduhr tickte, Coco kreischte auf der hinteren Veranda, und Wally schnarchte auf Gwyneths Schoß. Schließlich verstummten die Rufe und alles blieb ruhig, während die Gemeinschaft für die Beerdigung wieder nüchtern wurde.
Ihr Blick wanderte immer wieder zum Sarg, während sie wartete. Im Schuppen hinter Charley Sawyers Schmiede gab es stets Särge, denn der Tod konnte jederzeit zuschlagen, und es war besser, vorbereitet zu sein. Doch wie sollte man vorbereitet sein, wenn ein Sohn so grausam niedergestreckt wurde?
»Es wird Zeit, Gran«, sagte Terence leise und kam in die Küche, gefolgt vom Rest der Familie und Amy Blakes drei schwerfälligen Brüdern.
Gwyneth hob Wally sanft vom Schoß und bettete ihn in den Hundekorb. Dann erhob sie sich von ihrem Stuhl und legte einen Moment lang leicht die Hand auf den Sarg. Sie wandte sich um und nahm die Handschuhe und das Gebetbuch an sich.
Als die vier Männer Max’ Sarg auf die Schultern hoben und aus der Haustür hinaus über den Pfad trugen, erblickte sie die trauernde Sal, die mit Brandy am Tor wartete. »Komm, meine Liebe«, flüsterte sie ihr zu. »Reich mir den Arm! Das hier stehen wir gemeinsam durch.«
Drei Rollwagen warteten auf der Straße, vor jeden war ein schwarzes Pferd gespannt, das auf Hochglanz gestriegelt war. Schwarze Federn zierten das Zaumzeug, und die Männer, die an den Zügeln saßen, zogen respektvoll den Hut, als alle drei Särge feierlich auf die Rollwagen geladen wurden.
Gwyneth grüßte die anderen Trauernden mit einem Kopfnicken und machte sich innerlich auf alles gefasst, was ihr bevorstand. Die ganze Stadt war auf den Beinen, ergänzt noch durch die Feuerwehrleute, die freiwilligen Helfer und die Familien der anderen beiden Toten. Es würde Tratsch geben, denn die meisten hatten von Max noch nie etwas gehört und erst recht nicht gewusst, dass er ihr Sohn war.
Sie tätschelte Sal die Hand, wusste sie doch, dass die junge Frau ebenfalls Anlass zu Mutmaßungen gab, weil sie an ihrer Seite ging. »Mach dir nichts aus denen«, riet Gwyneth ihr leise. »Ganz egal, was die denken.«
Sal nickte und packte Brandys glänzende neue Leine fester, während der Rest von Gwyneths Familie sich hinter ihnen versammelte und der Leichenzug sich langsam in Bewegung setzte.
Es herrschte tiefes Schweigen, Männer zogen den Hut, Frauen neigten den Kopf, und Kinder folgten mit weit aufgerissenen Augen der Trauergemeinde. Gwyneth hielt den Blick starr auf den Sarg gerichtet, froh um Sals Unterstützung, während sie ihren geliebten Max auf seiner letzten Reise begleiteten.
Als der Gottesdienst und die Beerdigungen vorüber waren, folgte der Geistliche aus Blackall den Trauernden ins Pub, wo Annie und Sean O’Halloran versuchten, die Wünsche ihrer durstigen Gäste zu erfüllen.
Gwyneth hatte den anderen Familienmitgliedern gesagt, sie sollten nur schon vorgehen, denn sie wolle noch ein paar Minuten mit Sal allein bleiben. Sie hakte sich bei der jungen Frau unter und steuerte über den holprigen Boden des Friedhofs auf eine Holzbank unter einem ausladenden Pfefferbaum zu. Sobald sie saßen, betrachteten sie schweigend die aufgeworfenen Erdhügel.
»Mir war gar nicht klar, dass du das Pub so bald wieder aufmachen würdest«, sagte Gwyneth.
»Das geschieht nicht aus Mangel an Respekt«, meinte Sal, »aber ich musste etwas tun, um mich abzulenken. Bert hat alles dafür getan, um mich zu ruinieren, aber Max zu kennen hat mir die Kraft gegeben, mich zu wehren. Er wird mich nie wieder schlagen.«
»Das hast du schon mal gesagt«, rief Gwyneth ihr ins Gedächtnis.
»Diesmal ist es anders. Bert ist verschwunden. Und ich glaube nicht, dass einer von uns ihn je wiedersehen wird.« Sie streichelte Brandys Kopf, und er legte die weiche Schnauze auf ihr Knie. »Ich gehe eine Weile fort, und ich habe Annie und Sean gebeten, den Betrieb so lange zu übernehmen, bis ich wiederkomme.«
»Du gehst zurück in Max’ Hütte, nicht wahr?«
Sal nickte. »Wenn sie nicht niedergebrannt ist, werde ich dort so lange bleiben, bis ich alles verarbeitet habe. Weißt du, ich muss mich
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