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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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dunkeläugigen Mann betrachtete, der sie in diesem eingefangenen Moment am Hafen anlachte. Sie konnte sich so gut an diesen Tag erinnern! Jung und verliebt waren sie gewesen, und sie hatten das ganze Leben noch vor sich gehabt. Träume und Hoffnungen waren zum Greifen nahe, als sie seinen Abschluss als Tierarzt feierten. Er hatte ihr am selben Abend einen Heiratsantrag gemacht, und sie war so glücklich gewesen, dass sie in Tränen ausgebrochen war und ihre Stimme versagte.
    Sie lächelte sanft, als ihr einfiel, dass Adam sie verstanden, in die Arme geschlossen und so lange gewartet hatte, bis sie seinen Antrag annehmen und ihm sagen konnte, wie sehr sie ihn liebte. »Er fehlt mir genauso wie dir«, flüsterte sie.
    Danny rutschte auf dem Bett zu seiner Mutter, lehnte sich an ihren Arm und legte den Kopf an ihre Schulter. »Schon gut, Mum. Er wird bald wieder da sein, und dann –«
    »Nein, Danny«, widersprach sie entschieden und hob sein Kinn, damit er ihr in die Augen schaute. »Daddy ist in Malaya umgekommen.«
    »Nein, ist er nicht«, protestierte Danny und rückte von ihr ab. »Er wird wieder nach Hause kommen, das weiß ich einfach.«
    Sie hielt den Jungen fest, denn sie wollte ihn mit aller Macht zwingen, die Realität zu begreifen und sich damit abzufinden. »Danny, er kommt nicht wieder«, erklärte sie ruhig, obwohl sie innerlich seinen Schmerz und die vergebliche Hoffnung fühlte, an die er sich klammerte. »Und im Grunde deines Herzens weißt du auch, dass es stimmt, weil ich dir erzählt habe, wie er gestorben ist. Ich würde dich niemals anlügen.«
    »Das sagst du so«, murmelte er und befreite sich aus ihrer Umarmung. »Aber Dad hat mir versprochen, dass er zurückkommt – und ein Versprechen gilt ewig. Das hast du doch gesagt.«
    »Manchmal versprechen wir etwas, was unmöglich zu halten ist«, antwortete sie und zog ihn wieder an sich. »Daddy wollte nach Hause kommen, aber im Krieg geschehen Dinge, die wir nicht beeinflussen können.« Sie langte in die Schachtel und zog einen Brief heraus. »Du hast diese Nachricht von seinem vorgesetzten Offizier doch gelesen; es besteht absolut kein Zweifel daran, dass dein Vater getötet wurde. Eines Tages, wenn sich alles wieder beruhigt hat und wir uns die Reise leisten können, werden wir nach Malaya fahren und den Ort besuchen, an dem er und alle anderen, die mit ihm gestorben sind, begraben liegen.«
    Danny schüttelte heftig den Kopf und kroch von ihr fort. »Ich habe die Schiffe in Brisbane einlaufen sehen. Aus Thailand, Burma, Malaya und Singapur kehren noch immer Männer zu Hunderten zurück. Unsere Lehrerin hat uns die Zeitungen gezeigt. Darin steht, dass viele dieser Männer für tot gehalten wurden, obwohl sie die ganze Zeit noch am Leben waren. Und keiner hat es gewusst – nicht mal ihre Familien.«
    Rebecca verfluchte innerlich die Lehrerin, weil diese Dannys furchtbare Obsession genährt hatte. »Mein Schatz, ich weiß, wie gern du deinen Daddy wieder hier hättest – aber es ist einfach nicht möglich. Damit musst du dich abfinden.«
    »Er kommt wieder«, sagte er stur. Tränen rannen ihm über das schmutzige Gesicht.
    Seine Mutter betrachtete ihn ernst. »Nein, Danny. Niemals.« Sie griff nach seiner Hand, aber er zog sie fort und rutschte weiter ans Kopfende. »Die Männer, die zurückgekehrt sind, waren Kriegsgefangene. Sie wurden gefangen genommen und tief im Dschungel in ganz entlegene Lager gesteckt. Niemand wusste, dass sie dort waren, bis die Alliierten sie befreit haben. Dein Daddy war aber bei seinem Regiment, im Feldlazarett hinter den eigenen Linien, als die Japaner angriffen.« Ihre Stimme brach, Tränen traten ihr in die Augen. »Da gibt es keinen Irrtum, Danny – wirklich nicht.«
    »Das sagst du bloß, weil du Ben küssen willst«, entgegnete er, eine kleine Faust auf den Knien geballt, das sommersprossige Gesicht verzerrt von widerstreitenden Gefühlen.
    Seine Heftigkeit schockierte Rebecca – und die Tatsache, dass er sie offenbar mit Ben gesehen hatte trotz der Sorgfalt, mit der sie diese aufkeimende Beziehung hatte verheimlichen wollen. »Ich küsse Ben, weil er ein netter Mann ist, und er –«
    »Jake ist auch ein netter Mann. Aber den küsst du nicht«, gab er zurück.
    »Ich mag Jake nicht so wie Ben.« Verzweifelt suchte Rebecca nach einem Ausweg aus diesem Sumpf von Vorwürfen und Leid. »Und Ben mag ich sehr, Danny. Er ist was ganz Besonderes für mich.«
    »Aber du liebst Daddy noch, oder?«, fragte er

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