Das Land am Feuerfluss - Roman
gut eingelebt.«
»Die sind im Outback geboren – das kennen und verstehen sie«, entgegnete Jane und seufzte tief. »Ich möchte nicht mit dir streiten, Hugh, aber du musst einsehen, dass du nicht mehr lange so weitermachen kannst. Es erschöpft dich zu sehr.«
»Es ist nicht so schlimm, wie es mal war«, wandte er matt ein. »Die Flying Doctors kümmern sich um die entlegeneren Farmen und –«
»Die sind ein Geschenk des Himmels, ich weiß«, unterbrach sie ihn. »Aber du bist hier – auf dem Boden –, und Jahr für Jahr wächst die Zahl deiner Patienten. Das ist zu viel für einen allein.«
Hugh stimmte ihr insgeheim zu, wollte es aber nicht zugeben. »Vielleicht ändert Terence ja seine Meinung und übernimmt das Hospital.«
»Unser Sohn hat nie die geringste Neigung gezeigt, hier zu praktizieren. Und nachdem er während des Krieges auf See war, rechne ich damit, dass er sich einfach nur mit Sandra einrichten und die Situation wieder normalisieren möchte.« Ihre Miene wurde traurig. »Nach allem, was geschehen ist, kann es für beide nicht einfach sein. Ich vermute, dass er mit Sandra eine schwere Zeit durchmacht. Sie war schon immer spröde.«
Hugh trank die Tasse leer, streifte den weißen Kittel ab und legte ihn über die Stuhllehne. »Du hast wahrscheinlich recht. Wie immer.«
»Versprich mir einfach, dass du darüber nachdenken wirst, dich zur Ruhe zu setzen«, sagte sie eindringlich und ergriff seine Hand. »Ich liebe dich, Hugh, und ich kann den Gedanken nicht ertragen, dass du dich zu Tode schuftest.«
Er schaute in ihre wundervollen blauen Augen und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, dass er zögerte, ihr noch ein Versprechen zu geben, das er vermutlich nicht würde halten können. Das hier war sein Zuhause, war sein Lebenswerk, und obwohl es vermutlich seinen Tod bedeuten würde, war der Gedanke unerträglich, das alles für einen anonymen Ruhestandsbungalow am Meer aufzugeben.
»Ich werde darüber nachdenken«, versicherte er und küsste sie auf die Wange. »Und jetzt lass mich zu Bett gehen, sonst bin ich morgen zu nichts zu gebrauchen.«
Es war zu heiß, um drinnen zu schlafen. So begab Hugh sich auf die hintere Veranda, nachdem er sich gewaschen und eine Schlafanzughose angezogen hatte. Die Liege stand unter einem Moskitonetz, die Veranda war überschattet von den hängenden Zweigen eines Pfefferbaums, und er sank erleichtert auf die von Motten zerfressene Matratze.
Jane hat recht, gestand er sich ein. Ich bin todmüde und empfinde jeden Tag als eine Plage.
In der vergangenen Nacht hatte Hugh kaum geschlafen, weil ein Pferd ausgeschlagen und sich ein Bein zerschmettert hatte. Der Flying Doctor war auf einer noch abgelegeneren Farm im Einsatz gewesen, und es war beinahe Morgen gewesen, bevor Hugh seinen Patienten übergeben und die lange Heimfahrt antreten konnte.
Hugh drehte sich auf die Seite und starrte durch das Moskitonetz in den Pfefferbaum, den sein Vater vor vielen Jahren gepflanzt hatte. Die Angina war eine Warnung. Doch wie sollte er die beherzigen, wenn so viele Menschen sich auf ihn verließen? Es gab Zeiten, in denen er Sal Davenport wirklich beneidete. Wie schön es doch wäre, in einen Pick-up zu steigen und fortzufahren, um einen Platz weit entfernt von den Sorgen in Morgan’s Reach zu suchen und einfach nur zu sich zu finden!
Er schloss die Augen. Die Antworten auf alles, was ihn plagte, würden weder zwischen den lindgrünen Blättern zu finden sein noch im konfusen Verstand eines erschöpften Mannes. Vielleicht wäre er nach einem gesunden Schlaf in der Lage, klarer über die Zukunft nachzudenken.
Im Outback brach die Dunkelheit schnell herein. Obwohl es erst kurz vor sechs war, hatte Rebecca das Licht auf der Station angemacht und die Fensterläden geschlossen. Sie war zerstreut, seit Ben ihren Sohn Danny nach Hause gebracht hatte. Anscheinend war es ihren Patienten aufgefallen, denn sie ließen Rebecca in Ruhe, nachdem es ihnen nicht gelungen war, sie in die übliche Klatschrunde einzubeziehen.
Die Sorge um Danny bereitete ihr Kopfschmerzen. Da es bei dieser entsetzlichen Hitze ohnehin schwer war, sich zu konzentrieren, nahm sie eher praktische Dinge in Angriff; sie räumte den Schrank für Bettwäsche auf und machte sich Notizen über ihre Patienten.
Gerade hatte sie den letzten Ordner zugeklappt, als ihre Mutter in die Station kam. Rebecca erhob sich vom Stuhl und reckte sich. »Alle sind für die Nacht zurechtgemacht, aber alle klagen über
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