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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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hatte er keine Spur entdeckt, von anderen im Übrigen auch nicht. Die öde Straße hatte sich im Dunst flirrender Hitze vor ihm erstreckt und war immer schmaler und holpriger geworden. Das einzige Lebenszeichen waren einige aasfressende Krähen gewesen, die am Kadaver eines Kängurus zerrten.
    Er trank einen tiefen Schluck aus dem Wasserbeutel, feuchtete sein Taschentuch an, um sich Gesicht und Nacken abzutupfen, und setzte den Hut wieder auf. Endlose, leere Meilen erstreckten sich vor ihm, das ferne Wasserloch war nur noch eine trockene Tonpfanne, die gebleichten Knochen längst verendeter Rinder leuchteten auf dem gnadenlosen Rot der Erde.
    Algernon schauderte trotz der Hitze. Hier draußen konnte man sterben, wenn man nicht ausreichend mit Benzin und Wasser versorgt war, um wieder nach Hause zu kommen.
    Er zog den Hut tief über die Augen, um nicht geblendet zu werden, und schloss den Kofferraum auf. Er war heiß und roch stark nach Benzin. Er gratulierte sich dazu, so ein kluger Reisender zu sein, und griff nach dem Kanister.
    Entsetzen packte ihn. Der Kanister war leicht – viel zu leicht. Mit zitternder Hand zog er ihn zwischen einem Spaten, einer Seilrolle und dem Ersatzreifen hervor und schraubte die Kappe auf. Er murmelte ein inniges Gebet vor sich hin und schaute hinein. Er war leer.
    Ungläubig starrte er ihn an, denn er wusste genau, dass er ihn erst am Vortag aufgefüllt hatte. Dann fiel ihm der Boden des Kanisters auf – und die kleinen Löcher. Er fuhr mit den Fingern darüber und entdeckte die unverkennbare ölige Feuchtigkeit. Nun begriff er, warum der Kofferraum so stark roch. Alles war mit dem kostbaren, lebensrettenden Benzin getränkt.
    Die Angst war wie ein Lebewesen, das sich in seiner Magengrube wand. Vor Zorn schreiend warf er den leeren Kanister fort und beobachtete, wie er mehrfach aufprallte und unter einem Büschel Mulgagras liegen blieb. Mit einem Fußtritt beförderte er die Metallkappe hinterher, schaute sich verzagt um und trat auf die Straße in der schwachen, aber verzweifelten Hoffnung, dass jemand auftauchen möge.
    Doch nur tiefe Stille hüllte ihn ein.
    Algernon stand mitten auf dem verlassenen Weg. Er wusste nicht, wo er war; er wusste nur, dass Morgan’s Reach viele Meilen weit im Norden lag und er es nur zu Fuß erreichen könnte.
    Er murmelte fieberhaft vor sich hin, halb Gebet, halb Fluch, ging wieder zum Wagen und holte sein Jackett, die Taschenuhr und die beiden Wasserbeutel heraus. Einer war zwar nur noch zu einem Viertel gefüllt, aber er, Algernon, würde doch ganz bestimmt gerettet, bevor die Beutel leer wären?
    Er schaute auf die Uhr. Es war kurz nach Mittag. Zum Glück war die Sonne nun von Wolken verhüllt. Er band sich das Jackett um die Taille, warf sich die Beutel über die Schulter und kehrte dem Wagen den Rücken zu. Ihn abzuschließen hatte keinen Sinn. Und der geöffnete Kofferraum würde den Benzingestank freisetzen.
    Als er sich langsam auf dem einsamen Pfad in Bewegung setzte, waren das Scharren seiner Stiefelabsätze und das Pochen seines verängstigten Herzens die einzigen Geräusche, die ihn begleiteten.
    Ben wurde aus dem Tiefschlaf gerissen, als Jake ihn unsanft an der Schulter rüttelte. Benommen schaute er auf die Uhr an der Wand. Knapp vier Stunden hatte er geschlafen. »Was ist denn jetzt schon wieder?«
    »Tut mir leid, Kumpel, aber ich hatte die Frau des Reverends in der Leitung. Sie war vor Panik ganz aufgelöst; ich muss wieder in die Stadt.«
    Ben gähnte und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Verdammte Scheiße!«, knurrte er und schwang die Beine über den Couchrand. »Was ist denn los mit der Frau?«
    »Sieht ganz so aus, als hätten die Zwillinge den Wagen des neuen Arztes geklaut. Ihr Vater ist hinter ihnen her.« Jake drückte den Hut fest auf den Kopf und rückte den Gürtel zurecht. »Aber das ist noch nicht alles. Das verdammte Krankenhaus ist voll mit den armen Kerlen, die gestern Abend bei Bert Fleischpastete gegessen haben, und ich muss hin, die Küche untersuchen, das Pub sperren und einen Bericht schreiben.«
    Ben schenkte ihm ein schiefes Lächeln. »Dann steht dir also wieder ein ruhiger Tag bevor?« Er gähnte herzhaft. »Wie ist das Wetter?«
    »Wird richtig spitze.« Jake verzog das Gesicht. »Da draußen ist es so schwarz wie dein Hut; der Wind frischt auf, und die Hitze nimmt zu. Das gefällt mir überhaupt nicht.«
    »Dann mach dich lieber auf den Weg, Mann. Ich achte aufs Funkgerät. Von Django ist vermutlich

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