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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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schließlich ein, banden ihn an einen vorderen Verandapfosten und setzten ihm eine Schüssel Wasser und zwei Vollkornkekse vor.
    Rebecca hatte das Theater mit ironischem Lächeln beobachtet. Die beiden alten Herzchen waren tüchtig, und ihre langjährige Erfahrung als Krankenschwestern war ein Geschenk des Himmels, aber sie wünschte sich, dass sie ein wenig Mitgefühl mit diesen armen Männern an den Tag legen würden.
    Sie schrubbte gerade Bettpfannen aus, als ihr Vater an der Tür auftauchte.
    »Ich fahre dann mal nach Carey Downs«, sagte er. »Terry und Sandra kümmern sich um Ma, aber du solltest für alle Fälle lieber in Bereitschaft bleiben. Sandra scheint zwar zurechtzukommen, aber man weiß ja nie.«
    »Wie geht es Gran?«
    »Die berappelt sich wieder«, sagte er zerstreut lächelnd. »Der Kiefer ist offenbar nur ausgerenkt, Gott sei Dank, aber es wird teuflisch schwer werden, sie ein paar Tage lang vom Reden abzuhalten, damit er nicht bewegt wird.«
    »Ich suche ihr Block und Bleistift, wenn ich Zeit habe«, sagte sie, erleichtert, weil Gwyneth keinen dauerhaften Schaden davontragen würde.
    Rebecca schaute aus dem Fenster in den düsteren Himmel. Es war unheimlich ruhig, und die Hitze war unerträglich – trotz der wirbelnden Deckenventilatoren. »Musst du denn unbedingt da hin, Dad? Sieht so aus, als gäbe es noch ein Gewitter, und Carey Downs liegt weit draußen.«
    »Polly ist erst vier. Sie hat eine Petroleumlampe umgestoßen, und ihr Kleid hat Feuer gefangen. Hört sich ganz so an, als leide sie unter schweren Verbrennungen. Ich muss hin, Becky.«
    Sie schaute ihm in die Augen und begriff: Es war zwar unwahrscheinlich, dass das Kind den schrecklichen Unfall überleben würde, aber er wurde gebraucht und würde auf jeden Fall hinfahren. »Natürlich.« Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Nimm dich in Acht da draußen, Dad! Und ruf uns über Funk an, damit wir wissen, dass du heil angekommen bist.«
    »Ich wecke noch deine Mutter, bevor ich aufbreche«, erklärte er und packte nebst Salbentöpfen und Fläschchen mit Morphium sauberes Verbandsmaterial in den Arztkoffer. »Ihr werdet in den nächsten Tagen jede erdenkliche Hilfe brauchen.«
    Rebecca umarmte ihn und küsste ihn auf die Wange. »Wenn du Danny siehst, sag ihm, er soll nicht allzu weit weglaufen.«
    Er nicke, setzte den Hut auf, nahm seinen kostbaren Koffer mit der medizinischen Ausrüstung und verließ das Krankenhaus.
    Eine halbe Stunde später hörte Rebecca das Motorgeräusch seines Pick-ups auf der Hauptstraße, das schließlich in der Ferne verstummte. Sie schaute aus dem Fenster und sah die Staubsäule, die der Wagen hinterlassen hatte. Die Farm Carey Downs lag mindestens vier Fahrstunden weit entfernt und war nur über eine einsame und kaum zu erkennende Piste erreichbar, die schon bald vom Staubsturm zugeweht werden könnte. Sie schickte ein Stoßgebet zum Himmel, ihr Vater möge unversehrt nach Hause zurückkehren, und wandte sich wieder den Patienten zu.
    Die dunklen Wolken wälzten sich unheilverkündend über das Land, verhüllten die Sonne und spien gezackte Blitze über den Himmel. Eine erdrückende Stille lastete über allem. Es war, als halte das Land die Luft an, bereit für den Augenblick, in dem diese gezügelte Macht sich entfesseln würde.
    Vögel flatterten nervös, als sie ihre Rastplätze aufsuchten; Kängurus, Emus und Wallabys verließen die offenen Ebenen und suchten Zuflucht unter den Bäumen; die Bewohner des Outback schauten in den bedrohlichen Himmel und fragten sich, ob endlich Regen fallen und sie vor Not und Elend bewahren würde.
    Algernon fuhr seit mehreren Stunden, als die Benzinuhr anzeigte, dass der Tank nahezu leer war. Er war ein paarmal beinahe eingeschlafen und hielt wie benommen am Straßenrand an, wobei der Wagen über Klumpen aus trockenem Gras rollte, die am Rand einer weitläufigen, leeren Weide verstreut lagen. Der Reverend nutzte den spärlichen Schutz eines welkenden Eukalyptushains, schaltete den Motor aus und stieg aus in der Hoffnung auf erfrischende, kühlere Luft. Aber er fand nur wenig Erleichterung, denn die Hitze war auch unter den Bäumen sengend.
    Er verzog das Gesicht, als er merkte, wie unangenehm Hemd und Hose an seinem verschwitzten Körper klebten und wie nass sein Haar unter dem Hut war. Längst hatte er Jackett und Weste abgelegt, denn seine erzwungene Gefangenschaft im Wagen hatte ihm das Gefühl gegeben, in einer Blechdose eingekocht zu werden.
    Von seinen Söhnen

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