Das Land am Feuerfluss - Roman
? Er ist gleich neben dem Krankensaal.«
Sandra wollte den Raum gerade verlassen, als Hugh eintrat. Er sah Gwyneth und wurde bleich. »Tut mir leid, dass ich nicht gleich kommen konnte, Ma, aber ich war per Funk nach Cloncurry gerufen worden.«
Er nickte, als Terence nach dem Röntgengerät fragte. »Wir haben es noch, aber es ist uralt und unzuverlässig. Wenn ihr Kiefer möglicherweise gebrochen ist, dann sollte sie lieber nach Brisbane geflogen werden.«
»Dann müssen wir das tun«, sagte Terence. »Bei Grans Alter können wir kein Risiko eingehen.«
Hugh fuhr sich nervös mit den Fingern durchs Haar. »Ich wünschte, es wäre so einfach. Aber ich war gerade bei den Flying Doctors wegen eines anderen Falls. Sie können heute nicht fliegen, solange der Staubsturm zunimmt.«
»Und was machen wir nun?« Terence tat es seinem Vater gleich und raufte sich das dichte Haar.
»Wenn nötig, müssen wir sie operieren«, antwortete er stirnrunzelnd. »Zumindest du. Ich muss zur Carey-Downs-Farm. Ein Kind von Big Mac hat schlimme Verbrennungen und muss dringend behandelt werden.«
Gwyneth betrachtete Hugh und Terence, die über sie sprachen, als sei sie ein Möbelstück. Aber sie merkte bald, dass es viel zu schmerzhaft war, ihrer Wut darüber Ausdruck zu verleihen; daher schlug sie mit der Hand nach Hugh, um ihn zu dem Kind zu scheuchen, das seine Behandlung viel dringender brauchte als sie, und funkelte wütend zu Terence auf. Sie hatte keine Ahnung, wie erfahren er als Chirurg war, und eigentlich war es ihr auch gleichgültig, so oder so – sie wollte einfach nur diesen furchtbaren Schmerz los sein.
Hugh begriff anscheinend, denn er nahm seinen Arztkoffer und küsste sie auf die Stirn. »Alles Gute, Ma«, sagte er leise. »Wir sehen uns, wenn ich wieder da bin. Terry weiß, was zu tun ist. Du bist in sicheren Händen.«
Sie schlug wieder nach ihm und schloss die Augen.
Algernon Baker war wütend und frustriert. Das Leben war nur noch ein Kampf gegen eine Reihe niederschmetternder Enttäuschungen, und heute war seine Belastungsgrenze erreicht.
Das war nicht immer so gewesen, denn als ehrgeiziger junger Mann hatte er sorgfältig abgewogen, welche Karrierechancen sich jemandem bieten würden, der in den Elendsvierteln von Sydney geboren und aufgewachsen war und nur eine geringe Schulbildung besaß. Die Kirche hatte es ihm angetan mit den theatralischen Ritualen in den Gottesdiensten, den kostbaren Gewändern der Bischöfe und der Art und Weise, wie ein kluger Redner ein Publikum in seinen Bann ziehen konnte, während er auf der hohen Kanzel stand wie ein biblischer Prophet. Für einen Mann, der sich heimlich danach sehnte, auf einer Bühne zu stehen, schien ihm eine Kirchenlaufbahn die perfekte Lösung zu sein.
Die Religion hatte zwar nie eine Rolle gespielt, war aber ein Mittel zum Zweck, und sobald Baker die Priesterweihe erhalten hatte, begann er tatsächlich an die Botschaft zu glauben, die er predigte. Dennoch hatte ihn das nicht davon abgehalten, seine Karriere minutiös weiter zu verfolgen. Er hatte gedacht, wenn er die Tochter eines Bischofs heiratete, würde er rasch in reichere, wichtigere Gemeinden versetzt, wo er von denen zur Kenntnis genommen würde, die in der Kirchenhierarchie von Bedeutung sind.
Und eine Zeit lang war es auch so gewesen. Seine Ambitionen waren jedoch von jenen vereitelt worden, die seine eloquenten, effektvollen Predigten nicht schätzten, sowie von seinem Schwiegervater, der ihm deutlich gemacht hatte, dass er nicht gutheiße, wie er seine Ehe führe. Nach einem besonderen Vorfall, der dazu geführt hatte, dass Frances ein blaues Auge davontrug, war er aus seiner gut situierten Gemeinde in Sydney in dieses Erdloch namens Morgan’s Reach verbannt worden.
Die Demütigung wurmte ihn auch acht Jahre später noch. An diesem Tag richtete seine Wut sich jedoch auf seine Söhne, auf seine einfältige, jammernde Frau und auf Gwyneth Morgan. Die hatte die Unverfrorenheit besessen, sich mit aggressiven Anschuldigungen gegen ihn zu behaupten. Auch das Wetter besserte seine Laune nicht, und als die Scheibenwischer sinnlos den Staub auf der Windschutzscheibe verschmierten und ihm die Sicht über die Kühlerhaube hinaus raubten, verfluchte er diese abgelegene, gottverdammte Gegend und die Menschen, die hier lebten.
Seiner Meinung nach waren die Schwarzen nichts weiter als Wilde; die rauen Kerle, die auf den Farmen arbeiteten, waren auch nicht besser, und die Einwohner von Morgan’s
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