Das Land am Feuerfluss - Roman
die Fliegengittertür auf der Veranda der Farm, zutiefst erleichtert, dass sie es unversehrt geschafft hatte. Sie nahm die Strickjacke vom Kopf und holte tief Luft. Sie fühlte sich völlig zerschlagen, und jeder schmerzende Körperteil schien mit schmirgelndem rotem Sand überzogen zu sein.
Sie schüttelte die Jacke aus, fuhr sich mit den Fingern durch die sandigen Haare und öffnete die innere Fliegengittertür, die ins Haus führte. Sie würde rasch ein Bad nehmen und etwas essen, bevor sie sich ein paar Stündchen Schlaf gönnte und dann in den Krankensaal zurückkehren würde. Doch als sie das Wohnzimmer betrat, blieb sie abrupt stehen, und alle Pläne für ihren Abend lösten sich in Luft auf.
Sandra war allein in der Küche. Umgeben von schmutzigen Töpfen und ungespültem Geschirr, saß sie im Morgenmantel am Tisch, eine Flasche Whisky und ein Glas vor sich.
Rebecca warf die Strickjacke auf die Couch und ging langsam auf den Tisch zu, wobei sie erleichtert feststellte, dass die Flasche noch nicht geöffnet war. Sie setzte sich ihrer Schwägerin gegenüber und faltete die Hände im Schoß. »Das war ein langer, anstrengender Tag, nicht wahr?«
Sandra nickte, ließ die Flasche aber nicht aus den Augen.
»Du und Terry habt Mary zweifellos das Leben gerettet, und das ihres Babys. Schon daran kannst du erkennen, was für eine gute Krankenschwester du bist – und wie sehr wir dich hier draußen brauchen.«
Sandra schaute auf und begegnete Rebeccas Blick. »Nicht gut genug, um mein eigenes Kind zu retten«, sagte sie rundheraus. »Geh weg, Becky!«
»Ich gehe nirgendwohin, bevor du entscheidest, was du mit dem Whisky machst«, erwiderte sie streng.
Sandra zuckte die Achseln und richtete die Aufmerksamkeit wieder auf die Flasche, während ihre Hände auf dem Tisch herumfuhren. »Das ist meine Sache«, murrte sie. »Wenn ich was trinken will, dann genehmige ich mir einen.«
»Nur zu! Mach die Flasche auf. Füll das Glas und kipp das Zeug runter! Aber vorher«, fügte Rebecca leise hinzu und griff nach den nervösen Fingern ihrer Schwägerin, »denk daran, wie gut du es ohne Alkohol geschafft hast, seitdem du Sydney verlassen hast. Du brauchst ihn nicht, Sandra. Das hast du heute schon bewiesen.«
»Was weißt du schon?«, entgegnete Sandra mit gemischten Gefühlen. »Er hilft mir zu vergessen. Stoppt den Schmerz.«
»Aber nur für kurze Zeit.« Rebecca hatte Mitleid mit der gequälten jungen Frau, die so verloren und einsam wirkte.
»Besser als nichts.«
»Ach ja? Worauf wartest du dann?« Rebecca drückte die zuckenden Finger. »Ich glaube, du hast bereits Zweifel, nicht wahr? Du weißt, wenn du die Flasche aufmachst, gibst du dich geschlagen – und du bist stärker, Sandra.«
Rebecca ließ Sandra nicht aus den Augen, die offensichtlich mit der Versuchung und der Gewissheit kämpfte, dass ein Schluck sie wieder auf den schlüpfrigen Pfad zurückführen würde, den sie unter Schmerzen verlassen hatte.
Sandra schien sich Rebeccas forschender Blicke bewusst zu sein, sie zog ihre Hände ruckartig weg, um sie im Schoß zu verschränken. »Ich bin schwach und eine Versagerin – als Mutter, Ehefrau und auch als Krankenschwester. Du verstehst das nicht«, murmelte sie, wischte die Tränen ab und bemühte sich um Haltung. »Niemand versteht das.«
»Du bist weder schwach noch eine Versagerin«, erwiderte Rebecca. »Und ich verstehe das, Sandra, wirklich. Als ich Adam verloren habe, dachte ich, dass ich nie darüber hinwegkommen würde. Und obwohl es das Schwerste war, was mir je abverlangt wurde, ist es mir gelungen. Und das wirst du auch. Versprochen.«
»Du hast gut reden. Das ist nicht dasselbe, wie ein Kind zu verlieren.«
Rebecca überkam Wut angesichts dieser herzlosen Reaktion, doch sie wusste, dass Sandra nicht geradeaus dachte, und es gelang ihr, sich zu beherrschen. »Natürlich ist es nicht dasselbe«, besänftigte sie Sandra. »Aber du bist nicht allein, Sandra. Terry grämt sich auch und muss dazu diese schreckliche Last tragen, dass er damals nicht bei dir war.«
Sandra ließ den Kopf hängen und antwortete nicht.
»Er liebt dich, Sandra«, fuhr Rebecca fort. »Stoß ihn nicht von dir!« Das tränenüberströmte Gesicht ihrer Schwägerin verriet wechselnde Empfindungen, und Rebecca erkannte, dass ihre Worte auf fruchtbaren Boden fielen. »Wir sind deine Familie, Sandra, und du liegst uns am Herzen. Wir werden dir über die schwere Zeit hinweghelfen – aber du musst dir auch selbst
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