Das Land am Feuerfluss - Roman
Gefangenenlagers geteilt. Doch John hatte den Hunger, die Schläge und wiederholten Malariaanfälle nicht überlebt, und er war auf dem behelfsmäßigen Friedhof hinter den Bambushütten des Lagers beerdigt worden.
Er trank den Tee aus und drehte sich eine Zigarette, lehnte sich zurück auf den Mantel und legte den Kopf auf den Seesack. Es hatte zu viele Todesfälle gegeben – zu viele junge Männer wie John, deren Familien einen schweren Verlust erlitten hatten –, und er wusste, dass auch seine Familie litt, als sie das entsetzliche Telegramm erhielt.
Im Chaos des Krieges waren Fehler unvermeidlich gewesen. Und nur weil Dr. Philips ein verständnisvoller Mann war, hatte der Arzt zugestimmt, das Überleben seines Patienten vor den Behörden geheim zu halten. Für die Familie war es besser, um ihn zu trauern und weiterhin seine Armeepension zu erhalten, als mit einem wandelnden Toten konfrontiert zu werden und ihn noch einmal zu verlieren.
Er warf den Rest der Zigarette ins Feuer und trat Staub hinein, um die Flammen zu löschen. Er zog den Mantel um sich, drückte den Hut ins Gesicht und schloss die Augen, um die Bilder jener Menschen heraufzubeschwören, die er liebte.
Der Gedanke an sein Zuhause linderte die Schmerzen in seinem Bauch, die inzwischen immer da waren, und während der Schlaf ihn übermannte, verschwanden Müdigkeit und Leid hinter einem Lächeln.
Das Feuer raste durch das Mulgagestrüpp und über den trockenen Schotter, der über dem Waldboden verstreut lag. Angetrieben vom heißen Wind, nährte es sich von Tierkadavern, verschlang das von Termiten zerfressene Holz von Schäferhütten und provisorischen Unterständen und zog unerbittlich nach Norden – auf die fernen Lichtpunkte der Carey-Downs-Farm zu.
Aber es gab zwei Feuerströme – und der zweite breitete sich schnell in eine andere Richtung aus, nach Nordosten, wo Morgan’s Reach im Tal unterhalb des Eagle Head Rock kauerte.
9
D er einzige Raum der Holzhütte lag gemütlich im flackernden Licht der Laternen, die Max aufgestellt hatte. Die Atmosphäre stand in scharfem Kontrast zu dem Sturm, der draußen wütete. Der Wind heulte und rappelte an den Fensterläden, der Donner wummerte, Blitze knisterten, und Staub und Geröll trafen die Außenwände mit einer geballten Wucht wie Salven aus Maschinengewehren.
In der Regel mochte Sal Gewitter, dieses aber tobte direkt über ihnen, und als sie nach dem Abendessen die Töpfe gespült und alles aufgeräumt hatte, fühlte sie sich plötzlich sehr verwundbar. Ein einziger Blitzeinschlag konnte im trockenen Zunder des Waldbodens ein Feuer entfachen, und dann säßen sie in der Falle. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich, in Morgan’s Reach zu sein, wo zumindest eine winzige Chance bestand, einem Feuer zu entkommen.
Auf der Suche nach Trost und Beruhigung schaute sie zu Max hinüber und erkannte auf den ersten Blick, dass seine Angst noch viel größer war als ihre.
Max kauerte in der Sofaecke, das Gesicht aschfarben, sein Blick gequält, und fuhr bei jedem Donnerschlag und Klappern der Fensterläden zusammen. Den jaulenden Hund beachtete er gar nicht.
Sal durchquerte den Raum und umarmte Max. »Ist schon gut«, sagte sie über den schrecklichen Lärm hinweg. »Das Gewitter ist bald vorbei.«
Er klammerte sich an sie, der Hund jaulte weiter und scharrte an seinem Bein. »Das Geräusch«, stöhnte er. »Ich kann dieses Geräusch nicht ertragen. Bitte, mach, dass es aufhört!«
Sie zog ihn fester an sich, spürte sein Zittern, während er sich an sie klammerte und das Gesicht an ihrem Hals vergrub. Sie wusste nicht, was sie tun oder sagen sollte, denn Max war stets so ruhig gewesen, vollkommen entspannt in seiner Einsamkeit und Umgebung. Er war ihr Fels gewesen, ihr unerschütterlicher Ratgeber und Freund – der einzige Mann, den sie je wirklich geliebt hatte. Und nun war er wie ein verängstigtes Kind und kämpfte gegen Dämonen an, die nur er sehen konnte.
Seine Verwundbarkeit verlieh ihr jedoch Kraft, und das Bedürfnis, ihn zu besänftigen, ließ sie die eigene Furcht vergessen. »Es zieht vorüber«, murmelte sie in sein Haar. »Bald ist es vorbei und –«
»Das haben sie 1914 auch gesagt.« Er schnappte nach Luft, als ein besonders lauter Donnerschlag die Hütte bis in die Grundfesten erschütterte. »Weihnachten ist alles vorbei. Aber es ging immer weiter –« Er schmiegte sich an sie, seine starken Finger gruben sich ein, sein ganzer Körper
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