Das Land am Feuerfluss - Roman
interessieren, wo er ist, was er vorhat und mit wem er zusammen ist.«
Rebecca sah nicht ein, warum sie ihre Art der Erziehung rechtfertigen sollte. Sandra hatte einen Sohn verloren, kein Wunder, dass sie ängstlich war. Es war ihre Mutter, die der unangenehmen Unterhaltung ein Ende setzte.
»Hier draußen halten wir es eben anders«, sagte Jane freundlich. »Gwyneth hat ihre sechs Kinder genauso großgezogen wie wir Terence und Becky. Keiner hat dabei Schaden genommen. Im Gegenteil, sie wachsen zu unabhängigen, einfallsreichen Menschen heran – wie Danny.«
Rebecca beschloss, das Thema zu wechseln. »Komm, Sandra, du kannst mir helfen, alles zusammenzustellen, was ich für die Augenuntersuchung brauche. Dann können wir weitermachen, bevor das nächste Gewitter aufzieht.«
Sie wollten gerade in Rebeccas altes Auto steigen, als das Dröhnen eines näherkommenden Lasters sie innehalten ließ. »Das wird Ben sein«, sagte Rebecca erfreut und schloss hastig die Wagentür vor dem Staub, den er aufwirbelte.
Er ließ den Wagen neben ihnen ausrollen. »Ich habe es geschafft, mich für ein paar Minuten frei zu machen. Jake kümmert sich solange um das Funkgerät«, sagte er und sprang aus dem Fahrerhaus. Er tippte an den Hut, um Sandra zu begrüßen. Sein warmherziges Lächeln galt jedoch Rebecca. »Wie ich gehört habe, hattet ihr hier unten ziemlich viel um die Ohren.«
»Es war zumindest nicht langweilig«, sagte sie und strahlte vor Freude, ihn zu sehen. Sie merkten kaum, dass Sandra sich in den Schatten der Veranda zurückzog, als sie einander in die Augen schauten. »Du hast mir gefehlt«, flüsterte Rebecca.
»Du mir auch.« Er fuhr sanft mit dem Finger über ihre Wange. »Meinst du, wir finden ein bisschen Zeit füreinander, wenn alles wieder normal läuft?«
Sie lächelte ihn an, und ihr gefielen die Wärme und die Sehnsucht in seinem Blick, der leicht verzogene Mund. »Hast du hier jemals Normalität erlebt?«, spöttelte sie. »Aber sobald Dad und Terry wieder da sind und die Gewitter sich gelegt haben, werden wir vielleicht ein wenig Ruhe haben.«
Seine Miene wurde plötzlich ernst, und er strich mit dem Stiefel durch den Schmutz. »Becky, ich bin noch aus einem anderen Grund hier.«
Ihr wurde unbehaglich zumute. »Was ist los?«
»Tja –«, antwortete er zögernd, »wahrscheinlich ist es nichts richtig Besorgniserregendes, aber ich dachte, du solltest es wissen.«
Ihr Puls begann zu rasen. »Was?«, fragte sie scharf.
»Danny und Billy Blue haben in den Höhlen so etwas wie ein Lager eingerichtet.«
Sie lachte erleichtert auf. »Das ist alles? Ich dachte schon, es wäre was Schlimmes.« Sie lächelte. »Ich bin mir sicher, dass du dort als Junge auch ein Lager eingerichtet hast – von Terry weiß ich es. Das sollte dich nicht stören.«
Er wirkte noch immer deutlich beunruhigt. »Normalerweise würde ich das auch nicht groß zur Kenntnis nehmen, aber das Lager weicht etwas vom Üblichen ab.«
Er musste bemerkt haben, dass ihr Lächeln erstarb und ihre Augen wachsam wurden, denn er räusperte sich und fuhr hastig fort: »Das ist kein Lager zum Spielen, Becky. Sie haben dort Bettzeug und Nahrungsmittel gehortet, eine Feuerstelle eingerichtet und – und eine Notiz hinterlassen.«
Ihr Mund wurde trocken, ihr Herz raste. »Was für eine Notiz?«
Er zog ein zusammengefaltetes Papier aus der Hemdtasche und reichte es ihr.
Danny hatte mit Buntstift in bester Handschrift eine Seite gefüllt, die er aus einem Schulheft gerissen hatte.
Dieses Lager ist für den Soldaten John Miller. Wir kommen jeden Tag hier rauf, falls Sie noch was haben wollen. Bitte warten Sie, bis wir mit Ihnen sprechen können.
Mit herzlichen Grüßen,
Danny Jackson und Billy Blue
Sie reichte den Zettel zurück und merkte, dass ihre Hand zitterte. »Ich habe mich schon gefragt, ob das Gerede über den mysteriösen Fremden ihn wohl tangieren würde. Aber warum machen sie ihm ein Lager? Und warum wollen sie mit ihm reden?«
Sie schaute zu Ben hoch, und ihre Augen wurden weit, als ihr eine schreckliche Möglichkeit einfiel. »Er glaubt doch wohl nicht, dass dieser Mann sein Vater ist?«
Ben schüttelte den Kopf und ergriff ihre Hände. »Im Grunde seines Herzens weiß er, dass es nicht so ist, dessen bin ich mir sicher. Aber er ist ein helles Köpfchen und neugierig, Becky. Er fragt Jake und mich ständig nach dem Krieg. Ich glaube, es hilft ihm zu begreifen, was Adam zugestoßen ist. Und genau das wird er auch von
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