Das Land am Feuerfluss - Roman
diesem Kerl wissen wollen.«
»O Gott«, hauchte sie, »ich hatte gehofft, dass er mit diesem ganzen Gerede über den Krieg aufhören würde. Er ist geradezu besessen davon.«
»Tut mir leid, wenn ich dich so beunruhige, Becky, aber ich dachte, es würde dich interessieren.«
Sie riss sich zusammen und stellte sich auf Zehenspitzen, um ihn auf die Wange zu küssen. »Danke, Ben«, murmelte sie. »Du hast das Richtige getan. Ich werde heute Abend mit ihm reden und ihm zu verstehen geben, dass es nicht die beste Idee ist, fremde Männer in Höhlen anzusprechen. Niemand von uns weiß, wer dieser John Miller ist und warum er durch den Busch zieht.«
»Ich habe Jake darauf angesetzt«, versicherte er ihr. »Er hat einen Funkspruch an alle Farmer losgeschickt, damit sie nach Miller Ausschau halten, aber wahrscheinlich ist der Mann harmlos.«
»Der Krieg macht eigenartige Sachen mit Menschen«, sagte sie. »Der Mann könnte alles Mögliche im Schilde führen.«
»Ich komme heute Abend wieder und spreche mit Danny und Blue, wenn es denn hilft.«
»Bestimmt. Danke. Was würde ich bloß ohne dich tun, Ben?«
Er küsste ihre Stirn. »Ich habe nicht vor, dich alleinzulassen«, sagte er leise. »Daher schätze ich, wir stehen das gemeinsam durch.« Widerstrebend löste er sich von ihr. »Ich muss wieder zurück, Schatz, aber wenn du mich brauchst, ruf einfach an.«
»Würdest du die Höhlen bitte im Auge behalten und ihn nach Hause schicken, wenn er dort auftaucht?«
Er nickte und schlug die Hutkrempe herab. »Keine Bange. Das mach ich.«
Sandra stieg langsam die Verandastufen herunter und stellte sich neben Rebecca, als Ben in einer Staubwolke davonfuhr. »Das nenn ich mal einen duften Typen«, seufzte sie anerkennend. »Ich hoffe, dir ist klar, was für ein Glück du hast, Becky. Die meisten Mädchen würden für so einen Freier ihren rechten Arm hergeben.«
Rebecca dachte an ihren gut aussehenden, klugen, netten Bruder, der Sandra liebte – trotz des Albtraums, den sie ihm bescherte –, und musste sich eine schneidende Entgegnung verkneifen. Sie öffnete die Wagentür und stieg ein. »Es wird spät«, sagte sie tonlos. »Wenn wir jetzt nicht aufbrechen, haben wir keine Zeit mehr für die Sprechstunde und sind nicht vor Einbruch der Dunkelheit zurück.«
Ben fuhr an all die Stellen, die er als Junge aufgesucht hatte, fand aber von Danny oder Billy keine Spur. Die anderen Kinder hatten die beiden auch nicht gesehen. Dabei liefen nicht viele herum, denn die meisten lebten auf Farmen und mussten in den Schulferien im Betrieb aushelfen.
Da kam Ben eine Idee. Er kehrte in die Stadt zurück und parkte vor Emilys kleinem Haus neben der Schule. Sie organisierte häufig Unternehmungen während der Ferien, um die jüngeren Kinder zu unterhalten, und er hoffte, die Jungen bei ihr zu finden.
Ben kannte Emily schon seit der Kindheit, denn sie war die Tochter des Betriebsleiters einer Farm im Norden und während des Krieges als Lehrerin nach Morgan’s Reach gekommen. Sie war vollschlank, hatte dunkle Haare, braune Augen und war sehr nett. Er traf sie in der Küche an; sie backte wohl gerade, denn es duftete köstlich.
Mit einem mehligen Handrücken schob sie die langen Haare aus der Stirn und lächelte ihm entgegen, als er eintrat. »Hallo, Ben. Das ist ja eine Überraschung. Ich hatte mit Jake gerechnet.«
»Tut mir leid, Em, er sitzt oben auf dem Turm, aber er kommt bald.« Er erwiderte ihr Lächeln. »Irgendwas riecht hier gut«, murmelte er anerkennend. »Jake kann von Glück reden.«
Sie errötete vor Freude, senkte den Kopf und fuhr fort, den Teig zu kneten. »Meine Mum hat immer gesagt, der Weg zum Herzen eines Mannes führt durch seinen Magen«, erklärte sie scheu. »Wolltest du etwas Bestimmtes, Ben?«
»Ich bin auf der Suche nach Danny und Billy.« Bens Blick fiel auf einen Schwung mit Zuckerguss verzierter Törtchen.
»Die waren vorhin hier«, antwortete sie und reichte ihm zwei Stück. »Angeblich waren sie unterwegs zu den Höhlen. Sie wollten wissen, ob ich vielleicht Kuchen übrig hätte.« Lächelnd schaute sie zu ihm auf. »Das ist die zweite Ladung heute. Von der anderen haben sie die Hälfte mitgenommen.«
»Wann war das?«, fragte er, den Mund voll mit köstlichem, leichtem Teig und Zitronenguss.
Sie zuckte die Achseln und wischte sich die Hände an der Schürze ab, die sie über dem Baumwollkleid trug. »Gegen zehn oder elf, glaube ich.« Sie runzelte die Stirn. »Warum?«
»Nur so«,
Weitere Kostenlose Bücher