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Das Land der lebenden Toten

Das Land der lebenden Toten

Titel: Das Land der lebenden Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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sagte Herodes kläglich. »Aber laß dich doch trotzdem von ihm malen. Ich dachte, es freut dich, wenn du erfährst, wer er ist. Aber das war nicht die wichtigste Sache, über die ich mit dir sprechen wollte.«
    »Bestimmt nicht. Das Wichtige hebst du dir immer bis zuletzt auf. Wie taktvoll. Schön, dann sprich jetzt.«
    Aber Herodes schwieg wieder und sah unsicher zu Vy-otin hinüber.
    »Der Mann ist mein lieber Freund und Bruder Henry Smith«, sagte Gilgamesch. »Ich habe vor ihm keine Geheimnisse. Also sprich jetzt, Herodes, oder – bei Enlil! – ich schmeiße dich…«
    »Enkidu ist in Uruk, genau wie es dir vorhergesagt wurde«, sprudelte Herodes eilig hervor.
    »Was?«
    »Der große grobschlächtige Mann, nach dem du suchst. Dein Freund, den du deinen Bruder nennst. Ist das nicht Enkidu?«
    »Aber ja, ja!«
    »Dieser Höfling erzählte mir – er ist ein Assyrer und heißt Tukulti-Sharrukin und war sehr betrunken. Enkidu ist vor etwa einer Woche hier aufgetaucht. Jedenfalls ging er direkt zum Palast, weil er ein Gerücht gehört hatte, daß du dort sein würdest, oder er hatte einen Traum oder – nun, irgend etwas. Er glaubte jedenfalls, du könntest im Palast sein. Aber da warst du natürlich nicht. Er fragte immer weiter: Wo ist Gilgamesch? Wo ist Gilgamesch? Er soll hier in der Stadt sein. Dumuzi wurde sehr besorgt. Das gefiel ihm gar nicht, daß du irgendwo in der Nähe sein könntest.«
    Gilgamesch fühlte ein Tosen in seiner Brust. »Zur Hölle mit Dumuzi. Wo ist Enkidu jetzt?«
    »Der Assyrer wußte es nicht genau. Immer noch irgendwo hier in Uruk, glaubt er jedenfalls. Er versprach mir, es herauszufinden und mich wissen zu lassen. Morgen.«
    »Er ist Gefangener?« fragte Gilgamesch.
    »Beim Stoßzahn!« röhrte Vy-otin. »Wir finden ihn! Wir befreien ihn! Bei der Mutter! Bei den Hörnern des Gottes! Ein Gefangener? Enkidu? Wir reißen die Mauern nieder, hinter denen er festgehalten wird!«
    »Sachte!« Gilgamesch legte Vy-otin die Hand auf die Schulter. »Bleib ruhig. Es gibt verschiedene Methoden, die Sache anzugehen, Vy-otin, mein Freund.«
    »Du sagtest doch, sein Name ist Henry Smith«, bemerkte Herodes leise.
    »Das braucht dich jetzt nicht zu kümmern«, sagte Gilgamesch scharf. Und zu dem Eisjäger: »Hast wäre falsch. Zunächst müssen wir herausfinden, ob Enkidu wahrhaftig hier ist und wo er ist und wer ihn bewacht. Dann wenden wir uns an Dumuzi, behutsam, ganz vorsichtig. Er ist ein Schwächling. Und du weißt ja, wie man mit schwachen Männern umgehen muß, Vy-otin: Fest und direkt, aber darauf bedacht, sie nicht in Panik zu versetzen, denn dann wären sie zu allem fähig. Falls er Enkidu aus Furcht vor mir umbringen läßt, dauert es möglicherweise wieder tausend Jahre, ehe ich ihn wiederfinden kann. Deshalb müssen wir behutsam vorgehen. Was meinst du dazu, Vy-otin, heh?«
    »Ich glaube, du hast recht«, gab der Eisjäger zu.
    Gilgamesch wandte sich wieder Herodes zu. Ein kläglicher kleiner Mensch, dachte er. Aber klug und brauchbar.
    Er lächelte ihn warm an. »Eine gute Nachtarbeit! Gut gemacht, König Herodes! Gut gemacht!«
    »Und dies wird deine Maske sein«, sagte Picasso. »Hier. Nimm und setze sie mal auf.«
    Er fuhr durch den weiten häßlichen Kellerraum wie eine schnaufende kleine Maschine, räumte Haufen von Zeug um, stieß Gegenstände aus dem Weg. Gilgamesch betrachtete sich die Maske, die er ihm in die Hände gedrückt hatte. Er war verwundert. Sie war so häßlich wie alles übrige in dem Raum. Ein breiter Stierkopf aus Papiermaché mit gewaltigen schwarzen Nüstern und großen klobigen Zähnen. An der linken Seite war ein starres rotes Auge und obenauf ein zweites. Kurze scharfgekrümmte Hörner aus Wachs ragten in groteskem Winkel hervor. Fetzen von krausem schwarzen Fell waren überall aufgeklebt. Das Ding verbreitete einen säuerlichen scharfen Geruch. Anscheinend sollte Gilgamesch es mittels der herabbaumelnden Schnur am Hals befestigen.
    »Du willst, daß ich das da trage?« fragte er.
    »Natürlich! Setz es auf, setz es dir auf! Du wirst mein Minotauros sein!« Picasso fuchtelte ungeduldig mit der Hand. »Ich habe die Maske heute speziell für dich gemacht.«
    Seit dem Fest bei Dumuzi war erst ein Tag vergangen. So häßlich diese Stiermaske war, sie war höchst raffiniert gearbeitet, mußte bestimmt das Werk mehrerer Tage sein. »Wie ist das möglich?« fragte Gilgamesch. »Daß du das so schnell hast machen können?«
    »Schnell?« Picasso spuckte das Wort

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