Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
Vom Netzwerk:
Gedanken eine ganze Minute lang auf den Stein zu richten. Disziplin. »Ihr seid bereit für den nächsten Schritt, mein Lord. Heute Nacht müsst Ihr von diesem Stein träumen.«
    Die Ruhe war wie weggeblasen. Tarek stand so schnell auf, dass der ungenutzte dreibeinige Hocker hinter ihm durch das Zelt flog. Sofort stürzte ein Wächter herein, das Gewehr auf meinen Kopf gerichtet. Tarek wollte von mir wissen: »Was weißt du von Träumen?«
    »Ich… ich…«
    »Sind sie der Pass ins Hexenland?« Er benutzte das Wort für den Hochgebirgspass, durch den wir uns just an diesem Tag geschleppt hatten.
    »Manchmal«, sagte ich. Welche Antwort würde mich retten? Verzweifelt musterte ich Tareks Gesicht, um einen Hinweis darauf zu finden, was ich sagen sollte. Der Blick aus seinen blauen Augen schweifte im Gegenzug über mein Gesicht, und ich konnte ihn beinahe spüren, scharf wie ein Messer.
    Dann entspannte er sich. »Klef«, sagte er verärgert zu dem Wächter, und dieser verließ uns. Tarek ging ein wenig auf und ab– was ungewöhnlich für ihn war–, dann kehrte er plötzlich zurück und setzte sich auf den Boden. »Sag mir, wann Träume ein Pass ins Hexenland sind.«
    »Nur für Anteks«, druckste ich herum, während mein Geist von Bildern meiner wahnsinnigen Schwester erfüllt war, wie sie durch den schrecklichen Traum zu mir sprach, der dankenswerterweise viele Nächte lang nicht wiedergekommen war.
    »Nur für Anteks«, wiederholte Tarek. »Gut.«
    »Mein Lord«, sagte ich und versuchte, mich wieder zu beherrschen, »machen Euch Träume zu schaffen?« Ich musste das Wort für »angreifen« benutzen; Tarekisch schien kein anderes Wort für Unannehmlichkeiten zu kennen.
    »Nicht mir«, sagte er. »Aber meiner Königin.«
    Stephanie. Angegriffen von Träumen. Und auch Lady Margaret hatte die Alpträume der Prinzessin erwähnt. Ich brachte hervor: »Welche Träume? Wer erscheint darin?«
    »Eine andere Königin. Ihre Sklavin Mar-gar-ait«– er stolperte über den Namen– »sagt, dass diese andere Königin auch ein junges Mädchen ist, nach der Art eures Volkes gekrönt, und sie sagt zu meiner Braut: ›Stirb, stirb, stirb.‹ Und Staif-ain-ii wacht schreiend auf.« Er runzelte die Stirn. »Sie ist zu alt, um solche Ängste zu haben. Und sie ist eine Königin. Königinnen schreien nicht.«
    Aber ich hörte ihm nicht mehr zu.
    »Stirb, mein Kind, stirb, stirb, mein Kleines, stirb, stirb …« Aber Roger das Kind lauschte dem ungeheuren Lied und schmiegte sich fester an, ein Lächeln auf dem kleinen Gesicht und die schöne Melodie in den Ohren. »Stirb, mein Kind, stirb, stirb, mein Kleines, stirb, stirb …«
    Tarek fragte: »Ist das eine Hexe, die Staif-ain-ii in ihrem Traum angreift?«
    Ja. »Nein.«
    »Dann sind die Kinder eures Volkes schlecht erzogen.«
    Ich sagte nichts. Sollte er doch denken, die kleine Prinzessin wäre verzogen, anstatt die Wahrheit zu vermuten. Meine wahnsinnige Schwester war in Stephanies Träume eingedrungen. Stephanie musste letztlich doch die Gabe für die Seelenkünste geerbt haben, die ihrer Mutter und Großmutter gefehlt hatte, von der Mutter Chilton jedoch behauptete, Stephanies Urgroßmutter hätte sie besessen. Aber Stephanie war in dieser Gabe nicht unterrichtet worden. Ein Joker im Kartenspiel. Und die Gabe musste stark in ihr sein, sonst hätte meine Schwester in jenem anderen Reich sie nicht spüren können.
    Auf einmal hatte ich Angst um das kleine Mädchen, mehr Angst noch als zuvor.
    Tarek blickte auf den weißen Stein. »Dann muss ich von diesem Stein träumen?«, sagte er und starrte ihn an. Die Sache mit Stephanie war beiseitegewischt; sie war nur ein verzogenes Kind mit Ängsten, die man nicht richtig behandelt hatte und die einer Königin nicht gut zu Gesicht standen.
    »Ja, Ihr müsst von diesem Stein träumen.«
    »Du wirst mir zeigen, wie ich solche Träume auslösen kann?«
    »Ich werde Euch zeigen, was Ihr lernen müsst, um solche Träume auslösen zu können.« Ich wand mich weiter durch die Unterweisung, stellte ein Sammelsurium aus Anleitungen zusammen, während ich kaum wusste, was ich sagte. Tarek hörte all meinem Unsinn zu, ordnete es in seinem praktischen Verstand und sagte, er würde es üben, ehe er schlafen ging, um von dem weißen Stein zu träumen.
    »Klef«, sagte er schließlich, und ich wurde zu meinem Feuer zurückgebracht.
    »Peter«, rief Tom, der sich im Zustand höchster Aufregung befand. »Grandiose Neuigkeiten! Ich habe ein Mädchen

Weitere Kostenlose Bücher