Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02
zu werden?« Disziplin.
»Krieg ist nicht Hexenkunst. Wie lange hast du gebraucht, um zu lernen, die Armee herbeizuholen, die meinen Vater getötet hat?«
Ich achtete nicht auf das Glitzern in seinen leuchtend blauen Augen, aber mein Herz fing an, langsam und fest zu hämmern. »Es hat Jahre gedauert, mein Lord. Das habe ich Euch erzählt.«
»Du siehst nicht so alt aus.«
»Ich habe sehr jung begonnen.«
»Als du der Narr einer Königin gewesen bist?«
Er hatte mehr über mich herausgefunden. Bei wem?
Tarek fuhr fort: »Wie kommt es, dass ein Antek, der über so mächtige Hexenkunst verfügt, das Spielzeug einer Frau wird oder in der Asche eines Herdes schläft.«
»Ich habe nicht in der Asche eines Herdes geschlafen.«
»Mindestens einmal wurdest du dort gesehen. Roger Kilbourne, ich will nicht die Messer mit dir kreuzen. Unterrichte mich schneller.«
Es war ein unmissverständlicher Befehl. Ehe ich antworten konnte, fügte er hinzu: »Oder zeig mir zumindest, dass du tun kannst, was man von dir behauptet.«
»Mein Lord? Ich weiß nicht…«
»Ich glaube, du weißt es. Genug von weißen Steinen und ›George‹-Gesängen. Zeig mir, hier und jetzt, dass du wirklich ein Antek bist. Geh ins Hexenland und bring etwas zurück.«
»Das habe ich bereits getan.«
»Du sprichst von dem Hexenkind, dem Diener deines Dieners. Du hast das Kind aus dem Hexenland mitgebracht.«
»Ja.« Sollte er es doch glauben, es erhöhte den Wert, den er mir zumaß.
»Aber ich habe nicht gesehen, wie du es tust. Geh jetzt ins Hexenland, während ich dir zusehen kann, und bring etwas mit.«
Wir starrten einander an. Meine Gedanken rasten. Ich war so weit entfernt vom Seelenrankenmoor, dass meine Schwester mir sicher nicht erscheinen würde, wenn ich den Pfad der Seelen betrat. Und wenn mir etwas Bedrohliches begegnete, konnte ich sofort zurückkehren. Jedoch hatte mich mein Vater ausdrücklich davor gewarnt, etwas mit mir zu nehmen. Und Mutter Chilton…
Plötzlich erfüllte mich Zorn. Tu dies, tu das, sagte man mir, aber wie konnte ich mich an so widersprüchliche Befehle halten? Ich war ein Hisaf. Ich würde selbst entscheiden. Die Entscheidungen meines Vaters hatten ihm lediglich eine tote Frau und die Gefangenschaft in diesem rätselhaften Galtryf beschert. Konnte irgendeine Entscheidung, die ich traf, schlimmere Folgen haben?
Aber es gab immer noch meine Angst. Ich hatte Angst, wieder den Pfad ins Land der Toten zu betreten.
»Mein Lord«, sagte ich, und selbst in meinen Ohren klang mein Getöse schwach und dünn, »die Künste eines Anteks kann man nicht übereilen. Wenn es Zeit ist, werde ich…«
»Du wirst es jetzt tun. Oder ich werde glauben, dass du es nicht tun kannst.«
»Mein Lord …«
»Tarek, darf ich stören?«
Es war einer der Hauptleute des Junghäuptlings, ein älterer Krieger mit einem kurzen Federumhang, der über seine Felltunika geworfen war, und in seinem Gesicht stand Dringlichkeit. Man unterbrach unsere Stunden sonst nie. Das tarekische Wort für »stören« war tatsächlich dasselbe wie für »angreifen«.
»Klef«, sagte Tarek.
»Mar-gar-ait ist tot.«
Lady Margaret. Tot.
Tarek fragte: »Ermordet?«
»Das kann ich nicht sagen.«
Tarek fragte: »Meine Königin?«
»Hat keinen Schaden genommen.«
Die beiden blickten sich an. Ihre teilnahmslosen Gesichter teilten dennoch einiges mit, von dem ich wusste, dass ich es nicht deuten konnte; ich war keiner von ihnen. Aber mir war klar, dass man Tarek nicht wegen des Todes einer »Sklavin« gestört hätte, wenn sich nicht noch etwas anderes ereignet hätte. Er sagte: »Ich werde kommen.« Dann blickte er mich an. »Und du wirst auch kommen, Antek.«
Tarek und sein Hauptmann marschierten aus dem Zelt. Seine Wache begleitete ihn in perfektem Gleichschritt. Ich folgte ihnen und wurde sofort von meiner eigenen überraschten Wache eskortiert. Als der Junghäuptling durch das Lager schritt, wurden die Soldaten still und sprangen in Habachtstellung auf, die linke Faust in die Luft erhoben. Sogar die Kochfeuer schienen das Knacken zu unterlassen. Daher hallten Stephanies hohe, hysterische Schreie deutlich durch die Nachtluft.
Vor ihrem Zelt gab Tarek einen Befehl, und unsere Wachen blieben zurück. Der Hauptmann zog sein Messer und postierte sich im Eingang. Nur Tarek und ich konnten das Zelt seiner Kindsbraut betreten.
Sie saß kreischend auf dem mit einem Teppich bedeckten Boden und versuchte, ihre dünnen Arme um den Leichnam von Lady Margaret
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