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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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zu legen. Die Amme kauerte neben den beiden und redete auf sie ein: »Euer Gnaden, bitte, kommt. Euer Gnaden… Lämmchen…« Auf Lady Margarets Kleid war kein Blut, und an Kopf oder Gliedern war keine Verletzung zu sehen. Aber ihr Gesicht war zu einem Ausdruck des Entsetzens verzogen.
    Wie lange war sie schon tot? Wenn ich jetzt sofort den Pfad der Seelen betrat, ehe sie in die geistlose Ruhe der Toten entglitt…
    Ich betrat den Pfad der Seelen nicht.
    Tarek sagte scharf: »Staif-ain-ii! Ka!«
    Das kleine Mädchen blickte zu ihm auf, kreischte lauter als zuvor und vergrub den Kopf an der Schulter ihrer Amme. Ihr schmaler Körper zitterte unbeherrscht. Sie hörte nicht auf zu schreien.
    Tarek sagte über den Lärm hinweg zu mir: »Übersetze. Frage die Sklavin, was sich hier zugetragen hat.«
    Ich trat vor und legte der Amme eine Hand auf die Schulter. Sie blickte zornig auf, dann erkannte sie mich und kam ganz durcheinander. Sie hauchte: »Der Hexennarr…«
    Es war keine Zeit, mit ihr über ihre Namenswahl zu streiten. Ich sagte mit erhobener Stimme, um Gehör zu finden: »Seine Lordschaft will wissen, was… Euer Gnaden, bitte hört mit diesem Kreischen auf!«
    Meine Worte hatten nicht mehr Wirkung als die von Tarek. Unwillkürlich sank ich auf den Boden, nahm die Prinzessin aus den Armen ihrer Amme– wie wagte ich es, so etwas zu tun!– und flüsterte ihr leise ins Ohr: »Ich weiß, was Ihr gesehen habt. Hört Ihr mich, Stephanie? Ich weiß, was Ihr gesehen habt. Ihr seid nicht mit dem Monster allein.«
    Ich wusste nicht, was sie gesehen hatte. Aber meine Worte machten einen Unterschied. Sie bebte und schluchzte immer noch, aber ihr Kreischen hatte aufgehört. Das Alleinsein ist oft der schlimmste Teil der Schmerzen. Die Prinzessin klammerte sich an mich, ihre Tränen nässten mein Hemd, mein Haar und meinen Mund.
    Tarek sagte, irgendwo zwischen Erleichterung und Ekel: »Gut, Antek. Nun finde heraus, was sich hier zugetragen hat.«
    Über die bebenden Schultern der Prinzessin hinweg befragte ich die Amme, die mich eifersüchtig beäugte, noch während sie ihre Geschichte vortrug: »Lady Margaret und ich haben Ihre Gnaden zu Bett gebracht, und dann hat sich Lady Margaret auf ihr Lager gelegt, sie war so erschöpft, und ich habe die Sachen Ihrer Gnaden gewaschen…«
    Ein Becken mit Wasser stand in einer Ecke; auf dem Boden davor lag ein kleiner Stapel von nassem weißem Leinen ausgebreitet.
    »…als sich Lady Margaret plötzlich auf ihrem Lager aufsetzte und schrie– sie, die sich nie beschwert oder auch nur einen Seufzer aufgrund der Umstände von sich gegeben hat, in denen wir hier auf dieser unheiligen Reise leben müssen… Lady Margaret schrie: ›Nein! Nein!‹ Und mein Lämmchen wachte im selben Augenblick auf und schrie ebenfalls: ›Nein!‹, genau im gleichen Augenblick! Dann sank meine Lady zusammen, tot wie ein Eimer Steine. Und Ihre Gnaden brüllte nur noch!«
    Ich übersetzte, und Tarek wandte sich an seinen Hauptmann, der nach wie vor am Zelteingang stand. »Dafür hast du mich hergeholt, Sufgek? Weil eine Sklavin gestorben ist und ein Kind erschreckt hat?«
    Die Amme wollte wissen: »Was hat er gesagt?« Ich hörte nicht auf sie.
    Sufgek zeigte keine Regung, aber er erwiderte: »Beide sind im gleichen Augenblick vor Angst erwacht. Es könnte Hexerei sein.« Sein Blick wandte sich mir zu.
    Tareks Blick ging auch zu mir, der ich mit einem panischen Kind dasaß, das in meinen Armen zitterte. Einen Augenblick lang wurden seine leuchtend blauen Augen nachdenklich.
    »Nein«, sagte er schließlich. »Das ist nicht mehr als Frauen- Blimct. Sufgek, du hättest nicht meine Unterweisung stören sollen. Klef.« Er marschierte aus dem Zelt, der Hauptmann trat hastig zur Seite und ließ ihn durch. Über die Schulter sagte Tarek zu mir: »Antek, kehr an dein Feuer zurück.« Die Zeltklappe fiel.
    Ich hatte nur ein paar Augenblicke. Stephanie murmelte ich zu: »Was habt Ihr in Eurem Traum gesehen?«
    »Nein! Geh nicht!«
    Sie war kurz davor, wieder zu kreischen. Ich hasste mich dafür, aber ich sagte: »Wenn Ihr laut werdet, wird Tarek zurückkommen. Das wollt Ihr doch nicht, oder?«
    »Nein.« Und dann fuhr sie mit einem unterdrückten Heulen fort: »Du hast gesagt, du weißt, was ich gesehen habe.«
    Schnell sagte ich: »Ihr habt ein Mädchen mit einer Krone gesehen, oder? Und sie hat etwas Schlimmes gesagt?«
    Mit den Armen klammerte sie sich fest an mich. Die Zeltklappe ging auf. Mein Wächter rief

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