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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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tot?«
    »Ja.«
    »Meine nicht, aber sie setzt sich nie für mich ein. Du kannst Frauen nicht vertrauen, weißt du. Es ist ein Spaß, mit ihnen ins Bett zu gehen, aber entweder betrügen sie dich oder wollen dich besitzen. Und sie weinen. Die halbe Zeit über meinen sie es nicht einmal ernst, nichts ist so wenig vertrauenswürdig wie die Tränen eines Mädchens. Die Waffen der Frauen nenne ich sie.« Tom brütete ganze zwei Minuten still am Feuer vor sich hin, ehe er grinste und fragte: »Welches der drei Mädchen, mit denen du im Bett warst, war die Beste?«
    Die ganze Nacht marschierten wir mit doppelter Geschwindigkeit– oder so nahe an doppelter Geschwindigkeit, wie ich es schaffen konnte– in südöstlicher Richtung durch die Unbeanspruchten Lande. Meine Reise hierher vor zwei Jahren hatte nur zwei Wochen gedauert, aber ich war aus Gloria gekommen, der Hauptstadt des Königinnenreichs. Nun kam ich aus dem fernen Nordwesten, und Tom und ich waren schon seit drei Wochen auf der Straße. Der Mond nahm zu, er war halb voll. Dies machte die Nachtreise leichter, obwohl es vermutlich auch die Verfolgung durch die Soldaten der Wilden erleichtern würde.
    Verfolgten sie mich tatsächlich? Wir sahen sie nicht wieder. Manchmal, wenn ich hinter Tom hermarschierte, steile Pfade emporstieg oder über bemooste Steine balancierte, während wir kleine Bäche überquerten, redete ich mir ein, dass der Junghäuptling Besseres zu tun hatte, als mich zu verfolgen. Er musste seine Kindsbraut fangen, Lord Robert Hopewells Armee schlagen, das Königinnenreich unterwerfen und besetzen. Er würde keine Soldaten erübrigen, um mich zu verfolgen.
    Zu anderen Zeiten sah ich den Sänger, der zum Soldaten geworden war, mit drei weiteren Männern auf dem Boden des Hauses in Almsburg ausgestreckt, ihre Kehlen von Schatten herausgerissen. Sah, wie Lord Solek im Palast fiel, im grün gefliesten Hof vor dem verriegelten Tor der Königin, und mich verfluchte, als er starb. Sah, wie zahllose Soldaten der Wilden von den unverwundbaren Blauen getötet wurden, die der »Hexenjunge«– ich– aus dem Land der Toten zurückgeholt hatte. Zu diesen Zeiten dachte ich immer, dass der Junghäuptling mich bis in die entlegensten Winkel der Schöpfung verfolgen würde.
    Was ich nicht wusste, aber verzweifelt hoffte, war, dass er mich nicht bis ins Seelenrankenmoor verfolgen würde. Soldaten sind die abergläubischsten Menschen der Welt. Gewiss hatten die Wilden inzwischen von den Leuten des Königinnenreiches gehört, was angeblich im Seelenrankenmoor geschah. Nicht einmal die wilden Bewohner der Unbeanspruchten Lande überschritten jene Grenze. Genauso wenig würde ich das tun, der ich wusste, was sich dort wirklich zutrug. Ich hoffte, dass die Wilden, sollten sie mir wirklich dicht auf den Fersen sein, umkehren würden, wenn ich sie davon überzeugen konnte, dass ich im Seelenrankenmoor Zuflucht suchte.
    Aber ich wusste es nicht sicher.
    Wie auch immer, wir sahen an jenem Tag keine Soldaten, und in der Nacht keine Lagerfeuer. Schatten kehrte nicht zurück. Ich vermisste ihn, diese warme Masse an meiner Seite. Und ohne den Hund hatten wir häufig kein Fleisch. Tom war ein guter Spurenleser, wie er es auch behauptet hatte, aber er besaß nicht Jees Geschick mit Schlingen und hatte keinen Bogen oder Pfeile, um sich an größerem Wild zu versuchen. Ich würde ihn nicht mit dem gestohlenen Gewehr schießen lassen. An diesem Abend gab es nichts zu essen außer einer Handvoll wilder Erdbeeren, die wir in den schrägen Strahlen der untergehenden Sonne gesammelt hatten. Mein Magen knurrte vor Hunger.
    Tom sagte: »Das sieht wie ein richtiger Weg aus, Peter, nicht nur wie ein Jagdpfad. Er muss irgendwo hinführen. Gib mir etwas Geld, und ich werde einen Hof suchen und Brot kaufen.«
    »Es ist kein Geld mehr da.«
    »Kein Geld mehr?«, fragte er ungläubig, als wäre Geld etwas, das ich herstellen konnte, und ich hätte es irgendwie versäumt, das zu tun.
    »Kein Geld mehr!«
    »Oh.« Er dachte darüber nach. »Was machen wir da?«
    Ich war müde. Ich war hungrig. Ich hatte Angst. Ich war es müde, mit hübschen Kindern zu reisen, um die ich mich kümmern musste: Tom, Cecilia. Und die Träume waren wieder da, suchten mich jede Nacht heim. »Stirb, mein Kind, stirb, stirb, mein Kleines, stirb, stirb …« Ich fuhr ihn an: »Was machen wird da? Wir werden hungrig sein.«
    »Oh.«
    Wir sprachen nicht mehr. Tom errichtete ein Lagerfeuer, legte sich hin und schlief sofort

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