Das Landmädchen und der Lord
Und der süße, zärtliche Kuss erregte den Wunsch, sich an ihn zu schmiegen. Ihre Hände lagen auf seiner Brust. Aber als sie nach oben glitten, zu seinen Schultern, trat er zurück. „Das sollten wir ein anderes Mal fortsetzen, an einem privateren Ort“, meinte er lächelnd. „Und in der Zwischenzeit sollten wir unsere Pläne deiner Mama mitteilen.“
„Natürlich. Ganz sicher wird sie sich über unsere … Verlobung freuen.“
„Meiner Mutter habe ich bereits erklärt, ich würde dir heute Nachmittag einen Antrag machen. Sie sagte, sie sei sehr zufrieden mit meiner Wahl. In Pendleton wirst du weitere Mitglieder meiner Familie kennenlernen. Und wir werden sehr viel Zeit miteinander verbringen. Unsere Begegnungen in der Gesellschaft sind schön und gut. Aber wir waren nur selten allein. Zum Glück ist mein Landsitz groß genug, und wir können den anderen entrinnen, wann immer wir es wollen.“
„Darauf freue ich mich.“ Plötzlich schlug Susannahs Herz wie rasend. Wie albern, dass sie sich enttäuscht und unbehaglich fühlte … So oft hatte sie von diesem Moment geträumt. Doch mit ihrer Fantasiewelt ließ sich die Wirklichkeit nicht vergleichen. Harry war nun einmal kein romantischer Ritter auf einem weißen Pferd, sondern ein realer Mann mit Vorzügen und Fehlern.
„Morgen reisen Mama und ich nach Pendleton“, verkündete er. „Auch Miss Hazledeane. Meine Mutter will das Haus für unsere Besucher vorbereiten, und Jenny soll sich eingewöhnen, ehe die Gäste ankommen.“
„Ja, das verstehe ich.“ Erneut überlegte sie, ob sie das Treffen zwischen Miss Hazledeane und Northaven erwähnen sollte. Doch sie entschied sich dagegen. Zweifellos wäre es falsch, sich da einzumischen.
„Freust du dich auf Lord Pendletons Landsitz?“, erkundigte Mrs. Hampton sich ein paar Tage später, als ihre Tochter ins Erdgeschoss herunterkam. Zu einem dunkelgrünen Reisekostüm trug Susannah einen Strohhut mit Bändern in hellerem Grün und einen passenden Sonnenschirm.
„O ja, Mama. Warum fragst du? Ich bin mit ihm verlobt, und auf seinem Landgut werde ich ihn besser kennenlernen.“
„Natürlich. Aber weißt du auch, was dich erwartet? Lord Pendleton besitzt sehr große Ländereien.“
„Das hat er erwähnt.“ Verwirrt hob Susannah die Brauen. „Stimmt irgendwas nicht, Mama?“
„Alles in Ordnung, Liebes, du darfst dich glücklich schätzen. Aber dein Leben wird sich völlig ändern … Draußen wartet Mr. Sinclair mit seiner Karriole. Fährst du mit ihm oder mit Amelia und mir?“
„Macht es dir etwas aus, wenn ich mit ihm fahre? Zumindest auf einem Teil der Strecke.“
„Nein, nein, das stört mich nicht.“ Nachdenklich fügte Mrs. Hampton hinzu: „Es war sehr nett von ihm, uns seine Eskorte anzubieten.“
„Das hat Lord Pendleton vorgeschlagen, damit Amelias Kutscher den richtigen Weg findet. Was für ein schönes Wetter wir für die Reise haben!“
„In der Tat, Liebes. Ah, das ist Amelia. Nun sind wir bereit.“
Susannah ging mit den beiden Damen hinaus und war froh, weil sie bei dem strahlenden Sonnenschein nicht in Amelias geschlossenem Wagen sitzen musste. Lächelnd eilte Toby ihr entgegen, half ihr auf den Sitz seiner Karriole und nahm neben ihr Platz. „So zauberhaft sehen Sie heute wieder aus, Susannah! Grün steht Ihnen ganz ausgezeichnet.“
„Danke. Später muss ich Mama in der Kutsche Gesellschaft leisten. Würden Sie dann Miss Royston auf Ihre Karriole einladen?“
„Mit Vergnügen.“ Auch er wirkte sehr attraktiv in einem dunkelblauen Gehrock, sandfarbenen Breeches und glänzend polierten Stiefeln.
„Oh, ich bin so froh, dass wir Freunde sind, Toby“, gestand sie. „Ich würde Sie bitten, mich eine Zeit lang fahren zu lassen. Aber ich fürchte, damit wäre Mama nicht einverstanden.“
„Wohl kaum.“ Schmerzlich verzog er das Gesicht. „Gedulden Sie sich, bis wir auf dem Landsitz eintreffen. Dort werden Sie reichlich Gelegenheit finden, Ihre Fahrkünste zu verbessern.“
„Darauf freue ich mich.“
Während sie der Crescent folgten, kam ihnen ein Gentleman entgegen, der sich verneigte und seinen Hut lüftete. „Gute Reise, Miss Hampton“, wünschte der Marquess of Northaven, wobei er herausfordernd grinste. „Hoffentlich stößt Ihnen nichts zu.“
Ein eisiger Schauer rann Susannah über den Rücken. Wie meinte er das? In seinem Blick las sie eine unverhohlene Drohung. Offenbar nahm er ihr den Zwischenfall im Garten der Duchess of Morland immer noch übel,
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