Das launische Eiland.
Finsternis, in einer Ecke war ein großes Laken wie eine Leinwand gespannt, die alles verdeckte, was der Prinz hastig aufgehäuft hatte, während sein Sohn draußen zählte. Auch in seiner Jugendzeit war Prinz Luigi Gonzaga di Sommatino nicht gerade eine Schönheit gewesen, doch das Alter hatte ein übriges getan. Genau in der Schädelmitte standen wie nach Indianerart ein paar schüttere Haare in einer Reihe in die Höhe, und die hohe, eiförmige Stirn brachte sein Schielen noch deutlicher zur Geltung. Sein Leib war praktisch ein ellenlanges Skelett, an dem wie bei einer obszönen Witzfigur ein Jackett und eine Hose baumelten.
»Seid gesegnet«, meinte das Prinzensöhnchen.
»Du guter Gott, geh beiseite, Sohn. Was willst du?«
»Ich wollte Euch sagen, daß sie dabei sind, Salvatore Romeres den Kragen umzudrehen.«
»Wem?«
»Ja, wie, habt Ihr den vergessen? Barbabianca, Romeres eben, dem Ihr die Grube Stelletta für achttausend Lire Jahrespacht überlassen habt.«
»O du heilige Jungfrau! Was für ein Unglückstag! Was bringst du mir da für eine Nachricht! Willst du mir etwa sagen, daß er mich nicht mehr bezahlen kann? Ist er bankrott?«
»Noch nicht, aber so…«
»Wie soll ich es schaffen, wenn er nicht mehr zahlt, wie nur?«
Der Prinz bemühte sich redlich, Staunen, Entrüstung und Erschrecken vorzutäuschen; aber an seinen verstohlenen Blicken in Richtung Leinwand war zu erkennen, daß er die Szene nur spielte, um dem Prinzensöhnchen Genugtuung zu verschaffen und ihn schneller aus dem Zimmer zu kriegen. Doch der ließ nicht locker.
»Ihr wollt Euch jetzt wegen dieser Handvoll Groschen
Sorgen machen?! Selbst wenn wir die nicht mehr kriegen, wird das niemanden ruinieren. Aber als Ihr ihm für einen Fliegendreck ein Bergwerk verpachtet habt, das zwanzigmal mehr abwerfen kann, da habt Ihr Euch keine Sorgen gemacht!«
»Meine Angelegenheiten regle ich so, wie ich es will! Ich kann tun und lassen, was ich will, und bin niemandem Rechenschaft schuldig! Auf alle Fälle hat mir das Gesetz Recht gegeben!«
Der Prinz nahm Bezug auf den Streitfall, den das Prin
zensöhnchen bei Gericht gegen Don Salvatore Barbabianca wegen Täuschung eines Unzurechnungsfähigen angestrengt hatte, wobei der Unzurechnungsfähige der Prinz und der äußerst Zurechnungsfähige Don Totò war, hatte er es doch verstanden, sich ein richtiggehendes Bergwerk für ein Zwanzigstel des eigentlichen Werts unter den Nagel zu reißen. Und daß der Prinz seit über dreißig Jahren von einer handfesten Demenz befallen war, war auf dem gesamten Erdkreis bekannt: Diese Nebensächlichkeit entging jedoch dem Vorsitzenden Richter, der mit der Tochter des Vaters des Abgeordneten Randazzo verheiratet war – Wahlmann Don Totò Barbabiancas. Als der Advokat des Prinzensöhnchens lauthals protestierte, daß es bei der Pachtvergabe einer Mine Gepflogenheit sei, keine Jahrespacht zu bezahlen, und in diesem Fall auch noch eine miserable, sondern einen Akkordpreis auf den Ertrag von mindestens zwanzig Prozent festzulegen, hatte der Vorsitzende Richter streng entgegnet, daß eine Gepflogenheit nicht immer zum Gesetz werde.
»Eben da du mich an diese ganze Geschichte wieder
erinnert hast, will ich dir sagen, daß ich dir und der ganzen Welt beweisen werde, daß ich nicht unzurechnungsfähig bin!« fügte der Prinz voller Stolz hinzu und deutete auf die Leinwand: »Dahinter befindet sich meine Entdeckung, die das gesamte Universum revolutionieren wird!«
Er senkte die Stimme und sah sich mißtrauisch um. »Die Quadratur des Kreises ist das! Begreifst du, du Idiot! Seit Jahrhunderten versuchen sie das schon, und nie ist es ihnen gelungen. Ich aber werde es schaffen! Seit Jahren arbeite ich daran, Tag und Nacht, ohne ein Auge zuzutun, und ihr alle habt mir nicht glauben wollen, nie habt ihr das getan! Ihr habt immer nur gelacht, sobald ich euch den Rücken zugekehrt habe. Auch die gute Seele deiner Mutter sagte mir, keine Zeit mit solchen Dingen zu vergeuden.«
Ohne Vorankündigung kullerten ihm jetzt Tränen übers Gesicht, er zitterte, als hätte er einen epileptischen Anfall: »Willst du etwas wissen, ja willst du?«
Er stotterte beinahe: »Ich habe es dir noch nie zuvor gesagt, aber jetzt verrate ich es dir: Der einzige, der mich jemals verstanden und mir Mut gemacht hat, mir gesagt hat, daß ich auf dem richtigen Weg bin, mich angetrieben hat, ist er gewesen, ja genau er… Wie hast du noch mal gesagt, heißt
Weitere Kostenlose Bücher