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Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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Kasse, und Jordans Karten planschten in der Seine herum. Immerhin: Das Wasser in den Tanks würde eine Weile für die Toilette, die Spüle und Dusche reichen. Zwei Kisten Mineralwasser hatte er auch noch. Aber für den ganzen langen Weg nach Süden würden sie damit nicht auskommen.
    Monsieur Perdu seufzte. Eben hatte er sich noch wie ein Freibeuter gefühlt, und jetzt wie ein Frischling.
    »Ich bin ein Sachenfinder!«, triumphierte dagegen Jordan, als er wenig später wieder aus Lulus Bücherbauch im Steuerstand auftauchte, mit einem Stapel Einbände und einer großen Papprolle unter dem Arm. »Wir hätten da: ein Prüfungsbuch über Navigation, mit allen Verkehrszeichen, die sich ein gelangweilter EU-Beamter ausdenken kann.« Er wuchtete den Einband neben das Steuer. »Außerdem … ein Knotenbuch. Das nehme ich. Und, schauen Sie her: einen Gesäß-, pardon, Heck-Wimpel, sowie – Achtung, Herrschaften – eine Flagge!«
    Er hielt stolz die Papprolle hoch und förderte eine zusammengerollte große Fahne daraus hervor.
    Es war ein schwarz-goldener Vogel mit ausgebreiteten Schwingen. Sah man genauer hin, erkannte man ein stilisiertes Buch, der Buchrücken war der Körper, der Umschlag und die Seiten waren die Flügel. Der Papiervogel besaß einen Adlerkopf und trug eine Augenklappe, wie ein Piratenvogel. Er war auf ochsenblutroten Stoff gestickt.
    »Na? Ist das unsere Flagge oder nicht?«
    Jean Perdu spürte einen heftigen Stich links von seinem Brustbein. Er krümmte sich zusammen.
    »Was ist denn jetzt los?«, fragte Max Jordan alarmiert. »Haben Sie einen Herzinfarkt? Wenn ja, sagen Sie jetzt bloß nicht, ich soll in einem Buch nachschauen, wie ich einen Katheder lege!«
    Perdu musste wider Willen auflachen.
    »Schon gut«, keuchte er. »Das ist nur … Überraschung. Geben Sie mir einen Moment.«
    Jean versuchte, an den Schmerzen vorbeizuschlucken.
    Er streichelte die filigranen Stiche, den Stoff, den Schnabel des Buchvogels. Und dann auch das einzelne Auge.
    Manon hatte diese Flagge zur Eröffnung des Bücherschiffs gesteppt, während sie zeitgleich an ihrer provenzalischen Brautdecke arbeitete. Ihre Finger, ihre Augen waren über den Stoff geglitten, diesen Stoff …
    Manon. Das ist das Einzige, was mir von dir geblieben ist?
    »Wieso heiratest du ihn eigentlich, diesen Weinmann?«
    »Er heißt Luc. Und er ist mein bester Freund.«
    »Mein bester Freund ist Vijaya, aber ich will ihn trotzdem nicht heiraten.«
    »Ich liebe Luc, und es wird schön, mit ihm verheiratet zu sein. Er lässt mich in allem sein, wie ich bin. Ohne Bedingung.«
    »Du könntest mich heiraten, und das wäre auch schön.«
    Manon hatte ihre Stickarbeit sinken lassen; das Auge des Vogels war gerade erst halb gefüllt.
    »Ich bin schon in Lucs Lebensplanung vorgekommen, als du nicht mal wusstest, dass wir denselben Zug nehmen.«
    »Und du willst es ihm nicht antun, dass er umplanen muss.«
    »Nein, Jean. Nein. Ich will es mir nicht antun. Luc würde mir fehlen. Seine Bedingungslosigkeit. Ich will ihn. Ich will dich. Ich will den Norden und den Süden. Ich will Leben mit allem, was Leben ist! Ich entscheide mich gegen das Oder und für das Und. Luc lässt mir jedes Und. Könntest du das, wenn wir Mann und Frau wären? Wenn es da noch jemanden gäbe, einen zweiten Jean, einen Luc oder zwei oder …«
    »Ich würde dich lieber ganz für mich haben.«
    »Ach, Jean. Was ich mir wünsche, ist egoistisch. Ich weiß. Ich kann dich nur bitten, dass du bei mir bleibst. Ich brauche dich zum Überleben.«
    »Dein Leben lang, Manon?«
    »Mein Leben lang, Jean.«
    »Das reicht mir, gerade so.«
    Sie hatte wie zum Schwur die Sticknadel in ihre Daumenhaut geschoben und den Stoff des Vogelauges mit Blut getränkt.
    Vielleicht war es aber nur der Sex.
    Das hatte er gefürchtet: dass er für sie nur Sex war.
    Dabei war es, wenn sie miteinander schliefen, nie »nur Sex«. Es war die Eroberung der Welt. Es war ein inbrünstiges Gebet. Sie erkannten, was sie waren, ihre Seelen, ihre Körper, ihre Lebenssehnsucht, ihre Todesangst. Es war eine Feier des Lebens.
    Jetzt konnte Perdu wieder tiefer atmen.
    »Ja. Das ist unsere Flagge, Jordan. Sie ist perfekt. Hissen Sie sie am Bug, wo sie jeder sehen soll. Vorn. Und die Trikolore hier gleich am Heck. Beeilen Sie sich.«
    Während sich Max zum Heck lehnte, um herauszufinden, welches der im Wind schnatternden Stahlseile für das Setzen der Nationale zuständig war, und dann durch die Buchhandlung zum Bug trabte, fühlte

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