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Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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Sommer, und alle gucken. Auch die Ballkönigin und ihr reicher Verlobter mit seiner Gang.«
    »Danke, jetzt bin ich gleich viel entspannter.«
    Perdu steuerte Lulu mit der geringsten Geschwindigkeit allmählich näher zum Hafen.
    Alles, was er brauchte, war Platz. Sehr viel Platz.
    Und er fand ihn. Ganz am Ende des Hafens, dort, wo erst ein einziges Boot lag. Ein britisches dunkelgrünes Narrow.
    Es klappte schon beim zweiten Versuch, und sie rumpelten auch nur kurz gegen das englische Boot, vergleichsweise zart.
    Aus der Kabine trat ein entnervter Mann mit halbleerem Weinglas in der Hand. Die andere Hälfte des Weins war auf seinem Hausmantel gelandet. Neben den Kartoffeln. Und der Soße.
    »Was zum Henker haben wir Ihnen bloß getan, dass Sie ständig Anschläge auf uns verüben?«, rief er.
    »’tschuldigung«, rief Perdu. »Wir … eh … lesen Sie zufällig gern?«
    Max nahm das Knotenbuch mit auf den Steg. Dann vertäute er das Schiff mit Achterleinen und Vorspring an den Dalben, so, wie die Bilder des Buches es zeigten. Er brauchte sehr lange und weigerte sich, Hilfe anzunehmen.
    Währenddessen suchte Perdu eine Handvoll englischsprachiger Romane heraus und gab sie dem Briten. Der blätterte sie durch und reichte Perdu dann kurz die Hand.
    »Was haben Sie ihm gegeben?«, murmelte Max.
    »Entspannungsliteratur aus der Bibliothek der mittelschweren Gefühle«, raunte Perdu zurück. »Bei Wut ist nichts kühlender als ein schönes Splatter-Werk, bei dem das Blut nur so aus den Seiten spritzt.«
    Als Perdu und Jordan auf den Pontons Richtung Hafenbüro gingen, fühlten sie sich wie Jungs, die soeben das erste Mal ein Mädchen geküsst hatten und mit dem Leben und einer unglaublich aufregenden Erfahrung davongekommen waren.
    Der Hafenmeister, ein Mann mit sonnenverbrannter Leguan-Haut, zeigte ihnen, wo die Stromkästen, die Frischwasserversorgung und der Fäkalientank waren. Außerdem verlangte er fünfzehn Euro im Voraus, als Liegegebühr. Es blieb nichts anderes übrig: Perdu zerschlug das Trinkgeld-Kätzchen auf seiner Kasse, zwischen deren Porzellanohren die eine oder andere Münze durch den Schlitz gefunden hatte.
    »Ihr Sohn kann ja mal die Toilettentanks leeren, das ist hier umsonst.«
    Perdu seufzte tief. »Sicher. Die Klos macht mein … Sohn besonders gern.«
    Jordan warf ihm einen nicht ganz freundlichen Blick zu.
    Als sich Max mit dem Hafenmeister aufmachte, Schläuche zum Fäkalientank zu legen, sah Jean ihm nach. Wie federnd der junge Jordan ging! Alle Haare hatte er auch noch. Und vermutlich konnte er unendlich viel essen, ohne sich um Bauch und Hüfte Gedanken zu machen. Aber, ob er wusste, dass er noch das ganze Leben Zeit hatte, furchtbare Fehler zu begehen?
    Oh, nein, ich will keine einundzwanzig mehr sein, dachte Jean. Höchstens mit demselben Wissen von heute.
    Ach, verflucht. Keiner würde klug werden, wenn er nicht irgendwann jung und dumm gewesen wäre.
    Doch je mehr er darüber nachdachte, was er alles nicht mehr besaß, im Gegensatz zu Jordan, desto ärgerlicher wurde er. Es war, als seien die Jahre wie Wasser zwischen seinen Fingern verronnen – je älter er wurde, desto schneller. Und ehe er sich’s versah, würde er Blutdrucktabletten und eine ebenerdige Wohnung brauchen.
    Jean musste an Vijaya, seinen Jugendfreund, denken. Dessen Leben war dem von Perdu sehr ähnlich gewesen – bis der eine seine Liebe verlor und der andere sie fand.
    In jenem Sommermonat, als Manon Perdu verlassen hatte, fand Vijaya bei einem Autounfall – er hatte mit dem Roller für Stunden im Schritttempo die Place de la Concorde umrundet und hatte sich nicht über die dichtbefahrenen Spuren hinweg aus dem Kreisel getraut – seine künftige Frau Kiraii. Sie war eine lebenskluge, warmherzige und entschlossene Frau, die genaue Vorstellungen davon hatte, wie sie leben wollte. Vijaya war es leichtgefallen, in ihren Lebensplan einzusteigen. Seinen eigenen Plänen reichte der kleine Raum von neun bis achtzehn Uhr: Er blieb wissenschaftlicher Forschungsleiter, spezialisierte sich auf den Aufbau und die Reaktionsfähigkeit menschlicher Zellen und ihrer Sinnesrezeptoren. Er wollte wissen, warum der Mensch Liebe empfand, wenn er etwas Bestimmtes aß, warum Gerüche längst verräumte Erinnerungen an Kindheitsstunden auslösten. Warum man Angst vor Gefühlen bekam. Wieso man sich vor Schleim und Spinnen ekelte. Wie sich die Zellen im Körper verhielten, wenn ein Mensch menschlich war.
    »Du suchst also die Seele«,

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