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Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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Schleusen Frankreichs sind danach gebaut.«
    »Die nicht. Die ist zu schmal!«
    »Wir sind 5,04 Meter breit, da sind also mindestens sechs Zentimeter Platz. Drei links, drei rechts.«
    »Mir ist schlecht.«
    »Fragen Sie mich mal. Sie werden uns nämlich schleusen.«
    Die Männer guckten sich an und brachen in Gelächter aus.

    Der Schleusenwärter winkte sie ungeduldig näher. Sein Hund bellte breitbeinig in Richtung Boot, die Schleusenfrau trug frisch gebackenen Pflaumenkuchen heran und überließ ihnen die Platte im Tausch gegen den neuen John Irving.
    »Und einen Kuss von dem jungen Herrn Schriftsteller da.«
    »Ich bitte Sie, geben Sie ihr noch ein Buch, Perdu«, zischte Jordan. »Die Frau hat einen Damenbart auf den Wangen.«
    Sie bestand auf dem Wangenkuss.
    Der Schleusenwärter nannte seine Frau ein Ungeheuer, ihr zotteliger blonder Hund bellte sich heiser und pinkelte Max auf die Hand, mit der er sich an der Leiter festhielt. Die borstige Schleusenfrau nannte ihren Mann einen Wichtigtuer und Amateurhausmeister. Der rief ungehalten: »Nun fahren Sie schon rein!«
    Linkes Schleusentor zukurbeln, herumlaufen, rechtes Schleusentor schließen. Nach vorn laufen, die oberen Schütze auf beiden Seiten öffnen – Wasser lief ein. Rechtes Schleusentor öffnen, herumlaufen, oben links öffnen.
    »Fahren Sie schon raus!« Ein strenger Wärter, der sicher in zwölf Sprachen kommandieren konnte.
    »Wie viele Schleusen haben wir noch bis zur Rhône?«
    »Um die hundertfünfzig, wieso fragen Sie, Jordan?«
    »Auf dem Rückweg sollten wir über den Kanal zwischen Champagne und Burgund fahren«, bat Jordan.
    Rückweg?, dachte Perdu . Es gibt kein Zurück.

21
    D er Seitenkanal des Loing strömte auf einer Ebene mit der Umgebung dahin. Auf dem Treidelweg sahen sie gelegentlich konzentrierte Radler, eingeschlafene Angler oder einsame Jogger. Wiesen, auf denen die kräftigen, weißen Charolais-Rinder grasten, und Felder mit Sonnenblumen wechselten sich mit in voller Kraft stehenden Wäldern ab. Manchmal hupte sie ein Autofahrer freundlich an. Die kleinen Orte, die sie passierten, besaßen gute Anleger, viele kostenlos und darum ringend, dass eines der Boote bei ihnen anlegte und die Crew etwas Geld in den Läden ließ.
    Dann veränderte sich das Land. Der Kanal war höher als die Umgebung, und sie konnten von oben in die Gärten schauen.
    Als sie gegen Mittag in die weitläufigen Fischteichgebiete der Champagne eintauchten, schleuste Max fast schon so routiniert wie ein Bourbonenschiffer.
    Der Kanal teilte sich in immer mehr Nebenarme auf, die die Teiche speisten. Aus den Schilfwiesen und Binsenbüschen flogen keckernde Flussmöwen empor. Sie kreisten neugierig über der schwimmenden Bücherapotheke.
    »Was ist der nächste größere Anleger?«, fragte Perdu.
    »Montargis. Der Kanal geht direkt durch die Innenstadt.« Max blätterte in dem Hausbootbuch. »Die Stadt der Blumen und der Pralinenerfindung. Wir sollten da eine Bank suchen. Ich könnte töten für ein Stückchen Schokolade.«
    Und ich für eine Tube Waschmittel und ein frisches Hemd.
    Max hatte ihre Oberhemden mit Flüssigseife gewaschen. Jetzt rochen sie beide nach Rosenduftsäckchen.
    Dann fiel Perdu etwas ein. »Montargis? Ach, da sollten wir vorher Per David Olson besuchen.«
    »Olson? Den P. D. Olson? Den kennen Sie auch?«
    Kennen war zu viel gesagt. Als Per David Olson für den Literaturnobelpreis gehandelt wurde – neben Philip Roth und Alice Munro –, war Jean Perdu ein junger Buchhändler gewesen.
    Wie alt mochte Olson heute sein, zweiundachtzig? Er war vor dreißig Jahren nach Frankreich gekommen. Die Grande Nation war für den Nachfahren eines Wikingerclans um vieles erträglicher als sein Heimatvolk, die Amerikaner.
    »Eine Nation, die nicht einmal auf eintausend Jahre entwickelter Kultur kommt, keine Mythen, keinen Aberglauben, keine kollektiven Erinnerungen, Werte oder Schamempfinden besitzt; nur christlich-militärische Pseudomoral, Weizeninzest, eine amoralische Waffenlobby und sexistischen Rassismus«, so hatte er in der New York Times über die USA gewettert, bevor er das Land verließ.
    Aber das Interessanteste an ihm war: P. D. Olson war einer der elf Namen auf Jean Perdus Liste möglicher Kandidaten der Autorenschaft von Sanarys Südlichter. Und P.D. wohnte in Cepoy, einem Dorf vor Montargis. Es lag direkt am Kanal.
    »Und was machen wir? Klingeln und fragen: ›Hallo, P.D., du alte Blase, hast du Südlichter geschrieben?‹«, fragte

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