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Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)

Titel: Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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sie seltsam aussahen. Nicht nur wie Neulinge, sondern schlimmer.
    Wie Amateure.
    Jeden Besucher fragte Cuneo unverdrossen, ob sie den Frachter Mondnacht auf ihren Reisen gesehen hatten. Ein Schweizer Ehepaar, das seit dreißig Jahren auf einem holländischen Luxe Motor durch Europa fuhr, meinte, sich zu erinnern. Vor zehn Jahren vielleicht. Oder zwölf?
    Als sich Cuneo dem Abendessen widmen wollte, fand er in der Speisekammer gähnende Leere und im Kühlschrank nur Katzenfutter und besagte weiße Bohnen.
    »Wir haben kein Geld, Signor Cuneo, und keine Vorräte«, begann Perdu. Er berichtete von ihrem unerwarteten Aufbruch in Paris und den Missgeschicken.
    »Die Flussleute sind meist sehr hilfsbereit. Und ich habe einige Ersparnisse«, bemerkte der Neapolitaner. »Davon könnte ich Ihnen etwas geben, als Fahrtgeld.«
    »Das ist ehrenwert, kommt aber nicht in Frage«, sagte Perdu. »Wir müssen irgendwie Geld verdienen.«
    »Wartet diese Frau denn nicht auf Sie?«, fragte Max Jordan in aller Unschuld. »Da sollten wir nicht zu viel Zeit verlieren.«
    »Sie erwartet mich nicht, wir haben alle Zeit der Welt«, wiegelte Perdu eilig ab.
    O ja. We have all the time in the world. Ach, Manon … weißt du noch, diese Kellerbar, Louis Armstrong und wir.
    »Sie überraschen sie? Das ist unglaublich romantisch … aber auch ein ganz schönes Risiko.«
    »Wer kein Risiko eingeht, lebt nicht«, schaltete sich Cuneo ein. »Reden wir noch mal über das Geld.« Perdu warf ihm ein dankbares Lächeln zu.
    Cuneo und Perdu beugten sich nun über die Wasserstraßenkarte, und der Italiener kreuzte an einigen Stellen Dörfer an. »Hier, in Apremont-sur-Allier hinter Nevers, da habe ich Bekannte. Javier sucht immer mal wieder Helfer für seine Renovierungsarbeiten an Grabmalen … und hier, in Fleury, habe ich mal als Privatkoch gearbeitet … in Digoin bei einem Maler … und hier, in Saint-Sautur, hm, wenn sie nicht mehr beleidigt ist, dass ich damals nicht mit ihr …« Er errötete. »Also, manche helfen uns sicher aus mit Essen und Diesel. Oder wissen, wo es Arbeit gibt.«
    »In Cuisery kennen Sie auch jemanden?«
    »Der Bücherstadt an der Seille? Da war ich noch nie. Aber vielleicht finde ich ja dort, was ich suche.«
    »Die Frau.«
    »Ja. Die Frau.« Cuneo atmete tief durch. »Es gibt nur selten solche Frauen wie diese, wissen Sie. Vielleicht nur alle paar Jahrhunderte. Sie ist alles, was sich ein Mann erträumt. Schön, klug, weise, nachsichtig, leidenschaftlich, einfach alles.«
    Erstaunlich, dachte Perdu. So könnte ich nicht über Manon reden. Über sie zu reden hieße, sie zu teilen. Hieße zu beichten. Das brachte Jean immer noch nicht über sich.
    »Die große Frage ist doch«, sinnierte Max, »was bringt schnelles Geld? Ich sage euch gleich: Als Gigolo tauge ich nichts.«
    Cuneo schaute sich um. »Und die Bücher?«, fragte er langsam. »Wollen Sie die eigentlich alle behalten?«
    Dass ihm das nicht selbst eingefallen war.
    Cuneo ging von seinem Geld in Briare bei den Bauern Obst, Gemüse und Fleisch einkaufen und schwatzte einem gewieften Angler den Fang des Tages ab. Jean öffnete das Bücherschiff, und Max lief los, um sich als sprechende Reklametafel zu betätigen. Er flanierte durch die Marina und das Dorf und rief: »Bei uns gibt es Bücher! Die Neuerscheinungen der Saison. Frivol, klug und billig, Bücher, schöne Bücher!«
    Wenn er an einem Tisch voller Damen vorbeikam, lockte er: »Lesen macht schön, Lesen macht reich, Lesen macht schlank!« Zwischendurch stellte er sich vor das Restaurant Le Petit St Trop und deklamierte: »Haben Sie Liebeskummer? Wir haben das Buch dagegen. Haben Sie Ärger mit dem Skipper? Wir haben das Buch dagegen! Haben Sie einen Fisch geangelt und wissen nicht, wie man ihn ausnimmt? Unsere Bücher wissen alles.«
    Einige erkannten den Schriftsteller, dessen Konterfei sie in den Zeitschriften gesehen hatten. Andere wandten sich pikiert ab. Und eine Handvoll fand sich tatsächlich auf der Literarischen Apotheke zu einer Beratung ein.
    Und so kamen Max, Jean und Salvatore Cuneo zu ihren ersten Euros. Außerdem gab ein großer, finsterer Mönch aus Rogny ihnen einige Gläser Honig und Töpfchen Kräuter im Tausch gegen Perdus agnostische Sachbücher.
    »Was er wohl ausgerechnet mit denen macht?«
    »Vergraben«, schätzte Cuneo.
    Er besorgte beim Hafenmeister, den er auch nach dem Frachtschiff Mondnacht fragte, noch ein paar Kräutersetzlinge und legte auf dem Heckdeck mit Hilfe einiger

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