Das Leben dahinter (German Edition)
jugendliches Gesicht wurde von dem Bart nach unten gezogen und verlieh seiner Haut einen aschfahlen Ton, ließ seine Augen hinter einer dicken Brille tief in dunklen Höhlen umherwandern und machte ihn um mindestens eine halbe Dekade älter. Auch der Körperschmuck in Form von implantierten Gelenkaufsätzen, die auf den Handknöcheln funkelten und heutzutage wohl die allzeitliche Rebellion der Jugend symbolisieren sollten, konnte daran nichts ändern.
„Warum sind Sie eigentlich hier, Frank?“, fragte Johannson schließlich.
„Ich denke aus dem gleichen Grund wie Sie.“ Pauli kratzte nachdenklich seine Stirn. „Ein freundlicher Mensch – ich glaube er hieß üblicherweise Smith – überraschte mich und geleitete mich dann zu einem Shuttle. Ist wohl dasselbe gewesen, das Ihnen eins verpasst hat. Jedenfalls waren wir beide ohne irgendwelche Fragen oder Erklärungen kurz danach hier eingeschlossen. Aber wenigstens haben sie was für Ihren Kater hiergelassen…“
„Die haben alles mitbekommen“, murmelte Johannson.
„Also darauf können Sie Gift nehmen, Mikael.“
Plötzlich begann Frank Pauli auf dem weißen Laken hin und her zu rutschen und sein Blick wurde finster.
„Was ist eigentlich passiert? Ich habe nichts mehr von euch gehört, nachdem ihr angekommen seid. Wo ist Alka?“
Pauli klang unglaublich besorgt, als er ihren Namen aussprach.
Es fiel Johannson nicht leicht, ihm alles zu erzählen und ihm zu sagen, dass sie verschwunden war. Aber er tat es, doch zurückhaltend, weil er wusste, dass das Bordnetz sicher ihre Unterhaltung mitverfolgte. Nicht sehr detailliert sprudelten deshalb die Tatsachen, denen Johannson sich gerade erst selbst wieder gewahr worden war, aus ihm heraus. Er bemerkte wie Paulis Augen immer größer und ernster wurden, insbesondere als er begann von Alkas Verschwinden zu berichten. Das bestätigende gelegentliche Nicken wich ziemlich bald einer ungläubigen Starre. Um Pauli wieder aus der Lethargie herauszuholen, schloss Johannson mit einer Frage:
„Hat die PRO das Objekt dorthin gebracht?“
Nichts. Keine Reaktion. Offensichtlich hatte Pauli viel mehr für Alka empfunden, als es jemals den Anschein gemacht hatte. Sein Gesicht blieb versteinert. Eine Mischung aus Schock, Verwirrung und Wut zeichnete sich darauf ab. Wut, von der Johannson nicht sicher war, auf wen sie sich richtete.
„Frank, es tut mir leid“, begann er sich trotzdem zu verteidigen. „Aber ich konnte nichts tun, um ihr zu helfen. Was auch immer das Ding mit uns gemacht hat, wir k onnten nicht mehr klar denken.“
Diese Worte sprach er zu Pauli, aber auch zu sich selbst, um die nagenden Schuldgefühle unter Kontrolle zu bringen.
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Es hatte ihn wie ein Schlag ins Gesicht getroffen. Wie eine brutale erzieherische Maßnahme des Lebens. Hart und plötzlich. Alka war verschwunden! Die Frau, die ihm den Verstand geraubt hatte, seit er in dieser Einöde angekommen und ihr zum ersten Mal begegnet war.
Er hatte oft genug kleine Fehler in seine Auswertungen gebaut und sich teilweise überaus dumme Fragen überlegt, nur um sie aufsuchen zu können und versuchte dann aus den kleinsten Gesten und Gesichtsausdrücken zu interpretieren, was sie empfand. Es war albern, wie das erste romantische Gefühl eines pubertierenden Teenagers, aber er fühlte sich wohl in ihrer Nähe. Euphorisch und das so sehr, dass seine Hände bei ihr stets feucht waren. Und er hatte das Gefühl, dass sie ihn auch zumindest mochte. Während ihrer Filmabende hatte sie immer ganz in seiner Nähe gesessen. Ihr Geruch hatte ihn dabei fast durchdrehen lassen.
Pauli wusste natürlich , wie irrsinnig seine Gefühle waren und wie gering die Chance, dass sie und er jemals zusammen sein würden, dennoch konnte er sie nicht abstellen, ihre Datei nicht aus seinem Kopf löschen. Konnte nicht damit aufhören, jede Nacht einen Gott, ein übergeordnetes Wesen, eine Stimme in seinem Kopf oder wen auch immer darum zu bitten, dass er ihr näher kommen könnte. Aber es passierte nicht. Wie auch? Sie war letztlich seine Vorgesetzte. Aber ihr Duft, ihre Stimme, ihre Augen, ihr weicher, schmaler Körper… Er war ihr hoffnungslos verfallen, auch wenn er erst jetzt spürte, wie viel er tatsächlich für sie empfunden hatte.
Er konnte Johannsons Worte nicht mehr verstehen, auch wenn er sie hörte. Die Modulation machte zwar den Eindruck , als sagte er gerade etwas beschwichtigendes, doch es half nichts. Johannson hatte Alka verloren! Es war seine
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