Das Leben dahinter (German Edition)
zusammengekniffenen Augen an.
Sie schien darüber nachdenken zu müssen. Einige Sekunden herrschte Stille, nur wenige Vogellaute waren zu hören. Ob es echte Vögel waren oder es nur zur Simulation gehörte, konnte er unmöglich feststellen.
„Der Käpt’n wollte es. Ich kann Ihnen nicht sagen, wofür wir Sie brauchen.“ Erstaunlicherweise lächelte sie. „Nicht weil ich es nicht darf, ausnahmsweise weiß ich es mal wirklich nicht.“
Er glaubte ihr. Sie sah aus als war sie ein wenig gekränkt, dass Jason ihr etwas verheimlichte.
Dann grinste sie wieder.
„Nicht dass ich es Ihnen sagen würde, wenn ich es wüsste.“
„ Gut. Sonst wären wir am Ende noch Freunde geworden.“
„ Na pfui.“
Sie lächelten sich an.
„Darf ich Sie noch etwas Persönliches fragen?“
„Wenn wir schon so vertraut sind? Immer raus damit!“
„Also ich finde, Sie sind echt schwer einzuschätzen.“
„Stimmt. Aber das ist keine Frage.“
Stein legte ihren Kopf schräg. Ihre Sommersprossen waren Johannson vorher noch nicht aufgefallen. Im Moment sah sie wirklich süß aus.
„Die Frage ist, ob das eine Verhörtaktik ist oder Sie sich manchmal…“ Er suchte nach Worten. „nicht so ganz unter Kontrolle haben.“
Er erwartete ein Donnerwetter. In jüngeren Jahren hätte er so etwas niemals gefragt, denn da war er noch ein Mann gewesen, der ganz und gar nicht mit Auseinandersetzungen umgehen konnte. Möglichst niemanden aufregen war das oberste Gebot. Inzwischen war es ihm jedoch reichlich egal geworden, die Bitterkeit des Alters hatte auch ihn mittlerweile eingeholt. Stimmungsschwankungen anderer waren für ihn mehr zu einem Stör- als zu einem Angstfaktor geworden.
Menschen sind sehr antizipierbar, besonders in ihrer Entwicklung. Viele drängen noch in ihrer Jugend nach Lob und Bestätigung, doch wenn sie die Zeit und Intelligenz besitzen, lernen sie sich irgendwann selbst kennen und verstehen, dass sie sich und ihr eigenes Leben nicht allzu ernst nehmen müssen. Dass sie im Prinzip völlig unwichtig sind, also auch die Meinung anderer. So bis dreißig wird das schon. Wenige schaffen es nicht, sie eifern ihr Leben lang nach Anerkennung, beschäftigen sich nie mit sich selbst. Bis in ihren Tod hinein. Die armen Seelen… Das wäre mir viel zu anstrengend.
Das Donnerwetter kam nicht. Nur kurz zuckte n Steins Mundwinkel, aber das Lächeln blieb insgesamt konstant.
„ Keine Verhörtaktik. Ich hab das durchaus in mir.“ Sie blickte etwas verschämt nach unten. „Entschuldigen Sie, das muss manchmal verwirrend sein. Aber es gibt doch Einiges, das mich wahnsinnig machen kann.“ Sie blickte um sich. „Sowas hier zum Beispiel!“
„ Sowas hier zum Beispiel?“, echote Johannson.
„Ruhige Plätze. Ich brauche Leben und Trubel.“
Sie blickte ihn eindringlich an. Die Lisa Stein, die Pauli und ihn auf dieses Schiff entführt und sie danach verhört hatte, war gerade verschwunden und von einer – zwar beängstigenden, doch durchaus auch sympathischen – Lisa Stein abgelöst worden.
„ Aber wissen Sie“, fuhr sie fort. „in manchen Situationen ist es nicht von Nachteil als verrückt und unberechenbar zu gelten.“
Die Art wie sie ihn ansah , mit einem nach unten abgesenktem Kopf, direkt in seine Augen schauend, ließ ihn ahnen wovon sie sprach.
Um die Spannung etwas zu lockern, sagte Johannson:
„Nun, wenn es Ihnen hier nicht behagt, lassen Sie uns doch in die Messe gehen. Ich hab auch Hunger.“
„Auf dem Weg!“ Sie sprang auf und zog ihn mit sich.
Hätte sie nicht diese einmalige, verrückte Art, wäre sie eine tolle Frau.
Neuigkeiten
Das Essen war nicht übel gewesen, die Messe gut ausgestattet. Zwischenzeitlich hatte Johannson auch den Riesen Cameron wiedergesehen, ihn aber nicht angesprochen. „Der isst lieber allein“, hatte Stein gesagt und ihnen einen Platz gesucht.
Jetzt war Johannson satt und wieder auf dem Weg ins Quartier. Diesmal ganz ohne Geleit, man traute ihm wohl etwas mehr oder besser: Er war Gast. In seinem Bauch gluckerte es, in seiner Hand hielt er eine Kunststoffschale. Etwas zu Essen für Frank Pauli – künstliches Cordon-bleu. War besser als es zuerst geklungen hatte.
Hoffentlich ging es Frank gut!
Das weitere Gespräch mit Stein hatte sich erstaunlich ruhig und normal ausgenommen. Die Frau war recht handzahm geworden in den letzten Stunden, hatte keinen Ausbruch gehabt. Sie sprachen über die Argo und gelegentlich schien sie ihm auch noch Informationen über das
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