Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)
Sie die armen Dinger und ängstigen Sie ihr Herz und ihr Gewissen nicht noch mehr! Die Natur ist schon genug gesteinigt. Ich ändere mich nie in meiner Denkart über diesen Gegenstand. Die Stellen in Ihren Schriften über Weiber haben meist einen kleinen Irrthum. Sie werden’s auch noch innewerden. … Liebe bedürfte keines Gesezzes. … Die Natur will, dass wir Mütter werden sollen, vielleicht nur, damit wir, wie einige meinen, Euer Geschlecht fortpflanzen, dazu dürfen wir nicht warten, bis ein Seraph kommt, sonst ginge die Welt unter. Und was sind unsere stillen, armen, gottesfürchtigen Ehen? Ich sage mit Goethe und mehr als Goethe: Unter Millionen ist nicht einer, der nicht in der Umarmung die Braut bestiehlt.«
Für solche Lebensweisheiten war Jean Paul taub, und Kritik an seinen reinen Frauengestalten, von deren Körperlichkeit der Leser nur erfährt, wenn Höflinge auf sie lüstern werden, duldete er nicht. Otto gegenüber empörte er sich über dieses ärgerliche »Einmengen« in sein »ästhetisches Leben« , über das er ihr »einmal für immer die entschiedenste Meinung« zu sagen versprach. Aber diese Erkältung der Beziehung, an die bei ihm sicher auch Gefühle für andere Frauen mit hineinspielten, ging vorüber, und als er im Oktober 1798 nach Weimar übersiedelte, stand er bald wieder im Banne der Ostheim, wie er sie immer mit ihrem Geburtsnamen nannte, wenn er an andere über sie schrieb.
Obwohl von ihren Briefen nur Kopien, die möglicherweise bearbeitet wurden, erhalten blieben und wir von den seinen nur Konzepte und gekürzte Kopien kennen, ist ungefähr zu rekonstruieren, wie diese Liebe neu und heftig erstand und in Etappen verging.
Er an sie: »Gestern kam ich hier an … geliebte Freundin, nach deren Erscheinung ich mich unter so vielen Zeichen unsers vereinigten Frühlings noch inniger sehne. … Kommen Sie bald und bringen Sie die alte Gesinnung mit, die ich Ihrem Herzen entgegenbringe.«
Sie an ihn: »Heinrich von Kalb [ihr Ehemann] ist heute Vormittag angekommen. Kommen Sie diesen Abend nicht! Aber morgen Abend nach 6 Uhr … Ich fange an zu zittern und Todeskälte umfasst mich. Ich kann nichts thun, bis ich weiß, ob Sie den Abend kommen. … Kommen sie diesen Vormittag zu mir und bestimmen Sie die Stunde. … Ach komme, ich beschwöre Dich um meine Seligkeit, komme jetzo. Du wirst Ruhe finden. Laß mich nicht in den fürchterlichen Leiden allein! Bis den Abend kann ich’s nicht ertragen. Lieber den Tod! Kommen Sie ja, Sie müssen mich hören!«
Er an Christian Otto: »Durch meinen bisherigen Nachsommer wehen jetzt die Leidenschaften. Jene Frau – künftig heiße sie Titanide … will mich heiraten und sich scheiden. … Meine moralischen Einwürfe gegen die Scheidung wurden durch die 10jährige Entfernung des Mannes widerlegt. … Ich sagte der hohen heißen Seele einige Tage darauf nein! Und da ich eine Größe, Gluth, Beredsamkeit hörte wie nie: so bestand ich eisern darauf, dass sie keinen Schritt für wie ich keinen gegen die Sache thun solle. … Ich habe endlich Festigkeit des Herzens gelernt – ich bin ganz schuldlos – ich sehe die hohe genialische Liebe … aber es passet nicht zu meinen Träumen.«
Er an sie: »Die Abendröte des gestrigen Abends verbleicht nicht, ich sehe in ihr mit goldenen Worten geschrieben: sie ist am schönsten, wenn sie am sanftesten ist.«
Sie an ihn: »Prüfe Dich nur, was Deine Liebe für mich Dir ist. Ob sie Deinem Herzen unentbehrlich ist, ob sie unendlich ist? Es ist mir, als hörte ich nur meine Liebe. Von einem mächtigen Geist vernichtet zu werden, ist viel erhabener als die höchste Ehre, Genuss und Fülle, so die Welt geben kann. O nimm mich auf, damit ich sterben kann, denn ich kann entfernt von Dir nicht leben und nicht sterben. Heiliger Gott, gieb deinem Unsterblichen alles – alle die Seligkeit, die deine Erschaffenen entbehrten, alle die Seligkeit, die sie verkennen! Gieb ihm mein Herz, gieb ihm meine Wonne! Lasse mich nur in seiner Nähe, dass ich sein Antlitz schaue! Lass mir den Schmerz, lass mir die Tränen um ihn!«
Er an Christian Otto: »Ich beharre fest auf meinem Stand. … Sie nahm … ihre Resignation schon oft und heftig zurück, – die glühenden Briefe werden dir einmal unbegreiflich machen, wie ich mein Nein ohne Orkane wiederholen konnte.«
Er an sie: »Wir müssen Geduld haben, unsere Gesinnungen pflegen – das versprechen wir uns. … Behalte ein stilles und ein warmes Herz …
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