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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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Ehrendoktorwürde der Universität. Die Burschenschafter, von denen der Fackelzug zu seinen Ehren organisiert wurde, hatten sogar ein Lied für ihn gedichtet, das auf die Melodie von »God save the king« gesungen wurde. Dann ließ man ihn hochleben, und er lief gerührt auf die Straße, schüttelte viele Hände und marschierte trotz starken Regens mit den Studenten bis auf die Neckarbrücke noch mit. Einer der Teilnehmer, Theodor von Kobbe, glaubte sich später daran erinnern zu können, dass man aus Deutschtümelei beim Vivat nicht Jean gerufen hatte, sondern Johann.
    Mehr noch als über diese Ehrung freute Jean Paul sich über den Ehrendoktor, den er, wie Heinrich Voß berichtete, Hegel zu verdanken hatte, der an einem der Punschabende nach der dritten Bowle von einem Pfarrer aufgefordert wurde, eine Philosophie für junge Mädchen zu schreiben, was dieser seiner schwerverständlichen Sprache wegen ablehnte, worauf der Vorschlag gemacht wurde, Jean Paul solle doch dem Geiste Hegels seine Sprache leihen. Als dann nach der vierten Bowle die Scherze noch weiter gingen, soll Hegel, auf Jean Paul deutend unvermittelt ausgerufen haben: »Der muss Doktor der Philosophie werden« , was man drei Tage später in einer Sondersitzung der Fakultät ernsthaft beschloss. Die Bowlen scheinen auch noch bei der Abfassung des Diploms etwas gewirkt zu haben, denn dort ist nicht nur, in Latein natürlich, vom »unsterblichen Dichter, Licht und Zierde des Jahrhunderts, Muster der Tugend, dem Fürsten der Genies, der Wissenschaft und Weisheit, dem feurigsten Verteidiger deutscher Freiheit, dem schärfsten Bekämpfer aller Verderbtheit, Mittelmäßigkeit und Anmaßung« die Rede, sondern sogar von dem »lautersten Manne, den je die Erde getragen hat« .

Abb.51: Heidelberger Ehrendoktordiplom
    Von nun an unterschrieb Jean Paul fast nur noch mit Nennung des Titels. Seine Frau wies er an, das pergamentene Diplom, das in einer roten Kapsel steckte, in der Bekanntschaft Bayreuths fleißig herumzuzeigen, und schon am Morgen nach seiner Graduierung benachrichtigte er seine Leser von ihr. Am 19. Juli 1817 saß er »in Heidelberg auf dem Berge neben dem Turnplatze« , sah auf die Stadt und den Neckar hinunter und schrieb an dem »Ergänzblatt zur Levana« weiter, dessen Inhalt eigentlich nur ein Verzeichnis der zahlreichen Druckfehler der ersten Auflage des pädagogischen Werks sein sollte, ihm aber durch eine seiner geliebten Vorreden, die er auch noch mit Fußnoten schmückte, ausführlicher geriet. »Da gegenwärtige Vorrede das erste ist, was ich für die Welt ausarbeite, seitdem ich gestern Doktor der Philosophie und Magister der freien Künste geworden« , so beginnt er, unterbricht aber gleich wieder, um anzumerken, dass er nun den gleichen Grad wie der Marschall Blücher und der Kaiser von Russland habe, denen der Titel drei Jahre zuvor in Oxford für den Sieg über Napoleon verliehen worden war. Damit er aber den Doktorhut nicht »umsonst und zu nichts in der Welt« trage, wolle er nun wissenschaftliche Thesen aufstellen und diese entschlossen verfechten, zum Beispiel die, dass eine Braut mit ihrem künftigen Gatten vor der Trauung in die Postkutschen steigen und drei Tage auf schlechten Wegen umherfahren, Anschlüsse verfehlen und in erbärmlichen Gasthäusern schlafen und essen solle, weil sie dabei den Charakter des Mannes erkennen kann. Er spielt also vergnügt mit der neuen Ehre, doch ist sein Stolz darauf, es so weit gebracht zu haben, unübersehbar. Man wird dabei nicht nur an sein Auftreten als Professor in seinem autobiographischen Fragment erinnert, sondern auch an den Schluss des »Hesperus«, an dem sich der Ich-Erzähler als Prinz von Geblüt entpuppt. Der arme Mann aus dem Fichtelgebirge träumte sich, seiner rebellischen Anflüge ungeachtet, doch gern in höhere Ränge hinauf.
    Umso mehr überrascht es, dass in der wichtigsten literarischen Frucht der Heidelberg-Reise, in der er wie oft von sich selber plaudert, die Ehrenpromotion gar nicht erscheint. Der Aufsatz »Über das Immergrün unserer Gefühle«, der seines gemütvollen Tones wegen im Biedermeier eine gewisse Berühmtheit erlangte, macht deutlich, wie wichtig für ihn diese Reise nach Heidelberg, Mainz und Mannheim war. In ihm werden aber nicht die Ehrungen erinnernd vergoldet, sondern neben den Landschaftseindrücken und Kunstgenüssen die Begegnung mit einer nicht nur schönen, sondern auch belesenen jungen Frau. Die Seligkeit des Verehrtwerdens, die sich ihm

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