Das Leben Findet Heute Statt
halten uns nur oberflächlich auf Trab und erzeugen auf die Dauer eine tödliche Langeweile. Gönnen Sie sich einen Lebensrhythmus, der Ihnenhilft, sich von Zeit zu Zeit neben Ihr Leben und die ganze Welt zu stellen. Gönnen Sie sich Ruhepunkte, die mit keinem Argument dieser Welt zu begründen sind. Bejahen Sie Zeiten und Lebensphasen, in denen Sie nichts bringen wollen oder müssen. Wo Sie einkehren bei sich. Wo Sie alles einfach mal sein lassen können. Wo Sie sich hineinfallen lassen ins Hier und Jetzt. Sie werden darin getröstet werden. Für heute. Und dann wird es wieder richtig interessant. Keine Sorge.
6. Die Klosterküche
«Ich mach mal schnell ’ne Dose auf.» Oder: Frisch vom Leben nehmen
Ganz schön modern eingerichtet, unsere Küche. Hier kann man gut vorbereiten, kochen, backen und natürlich auch abspülen. Es ist keine Großküche, doch sie ist größer als eine Küche, wie man sie von Einfamilienhäusern kennt. Hier lässt sich bequem für die sieben Brüder kochen, die im Idealfall zu einer Brüdergemeinschaft gehören. Auch für Gäste – bei Festen etwa – reichen die vorhandenen Möglichkeiten aus.
Diese Küche hier hat es in sich. Sie ist stumme Zeugin der Geschichte und Gegenwart des Klosters. Da die Zusammensetzung der Gemeinschaft variiert, verändert sich auch der Geschmack der Brüder. Damit ist zuerst nicht das Essen selbst gemeint, sondern der Artenreichtum der Küchengeräte. Dem einen Bruder war ein Schneebesen mit Holzgriff, dem anderen einer mit Plastikgriff lieb. Wir haben Pfannenwender aus Edelstahl und solche aus Kunststoff. Glasschüsseln unterschiedlichster Art und Güte stehen im Schrank. Die Pfannen, die vom früheren Koch angeschafft wurden, hat der jetzige nach hinten gestellt, obwohl der Vorgänger auf deren Qualität noch Stein und Bein geschworen hatte. Klar, dass die Schubladen und Schränke hin und wieder ausgemistet werden müssen, aber das geschieht auch wieder nach dem Geschmack des diensthabenden Verantwortlichen. Weil der dann aber an sich noch gute Gerätschaften auch nicht gleich wegwerfen mag, können Sie sich vorstellen,wie es auf einigen Kellerregalen aussieht. Am Anfang meines Ordenslebens dachte ich, das müsse doch alles einheitlich zu regeln sein. Aber schnell war mir klar: Ich selbst war ja auch nicht so einfach bereit, den Geschmack der anderen zu meinem eigenen zu machen.
Dem Schrank ist sein Inhalt ja noch ziemlich egal, dem Bauch aber ganz und gar nicht. Jeder Bruder im Kloster hat bei Muttern auf eine ganz spezielle Weise essen gelernt. Dem einen schmeckt das typisch westfälische süße Dressing zum Salat, den anderen erfüllt es mit Abscheu. Der eine muss immer alles mit Zwiebeln haben, während wieder ein anderer jedes Gericht fein säuberlich nach ihnen absucht und sie an den Tellerrand legt. Die Beispiele für anscheinend unaufgebbare Gewohnheiten in Sachen Nahrungsmittel lassen sich beliebig fortsetzen.
Armer Koch. Und auch: Arme Köchin – denn schon fast in allen Klosterküchen der Brüder schwingen mittlerweile angestellte Köchinnen den Kochlöffel. Liebe geht ja bekanntlich durch den Magen. Wenn der aber regional so unterschiedlich geprägt ist, wie soll man da für eine Gemeinschaft kochen?
Der Koch könnte sich dem Trend zum Einheitsgeschmack anschließen. Die sogenannten Convenience-Produkte überschwemmen den Markt. Sie werden so aggressiv angeboten, dass ich mich ernsthaft frage, ob überhaupt noch jemand richtig kochen kann, was frisch vom Markt auf den Tisch kommen könnte.
Wenn ich hier so in der Küche stehe mit Ihnen, wird mir bewusst, wie uns allen das Mahlhalten abgewöhnt wird. Es muss alles möglichst billig auf den Tisch kommen. In den Kantinen gibt es keine Tischdecken. Unsere Kinder bekommen aufgetaute Mikrowellenpampe, die sie zwar dick macht, aber sie nicht wirklich gesund ernährt. Im Speisewagen der Bahn gibt es nur schöneBilder von frischen Speisen auf papiernen, knallbunt bedruckten Werbe-Platzdeckchen. Was auf dem Teller serviert wird, ist nur aufgewärmt und hat nichts mit dem Bild zu tun, das uns zuvor vermittelt wurde.
Die vorgefertigten Produkte, halb gegart und geschmacksverstärkt, sind so vorbereitet, dass sie möglichst vielen munden. Ein flacher Einheitsbrei eben. In den Gefriertheken liegt alles bereit, was in der Pfanne oder der Mikrowelle minutenschnell gegart werden kann. Ob Letztere den Speisen und dem Menschen schaden, wird schon gar nicht mehr diskutiert. Einwürfe wie der, dass der
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