Das Leben ist ein Baumarkt
ich zu ihm hin und frage nach, was ich für ihn tun kann.
»Du kannst mir mal zuhören«, sagt er, »dann lernst du was fürs Leben.«
»Aha«, denke ich, »wenn das alles ist, kann es ja nicht so schlimm werden.« Ohne dass ich ihn in irgendeiner Weise weiter dazu auffordern muss, fängt er auch schon mit seinem Text an: »Junge, ich sag dir mal was. Ihr verkauft hier nur Mist. Und auskennen tut sich bei euch ja sowieso keiner. Ihr jungen Leute habt ja alle gar keine Ahnung. Ihr habt ja noch nie wirklich arbeiten müssen. Wir mussten früher noch raus auf die Felder. Das war arbeiten.«
»Alles klar«, ist mein nächster Gedanke, »wieder mal jemand, der glaubt, dass früher alles besser war, und sich die Zeit damit vertreibt, das auch allen anderen mitzuteilen.« Auch wenn diese Sorte Mensch sich teilweise eines wirklich beleidigenden Vokabulars bedient, so kann ich den Leuten doch nicht wirklich böse sein. Denn eigentlich meinen sie es gar nicht so, sondern brauchen bloß jemanden, der ihnen zuhört. Da ich aber auch ein wenig Spaß an der Unterhaltung haben will, spiele ich mit und frage: »Was genau ist denn so Mist? Haben Sie vielleicht etwas gekauft, das nicht in Ordnung ist? Dann können Sie es gerne wieder zurückbringen.«
Nachdem er mich kurz entgeistert angeschaut hat, legt er wieder los: »Ach, das ist doch Quatsch. Ich hab hier gar nichts gekauft. Und weißt du auch, warum nicht? Weil ich weiß, dass alles Schrott ist. Früher, da gab’s noch richtiges Werkzeug.«
»Also, es gibt schon noch wirklich gutes Werkzeug«, widerspreche ich, »aber das kostet natürlich dann auch etwas mehr. Was genau suchen Sie denn?«
Wieder sieht er mich verdutzt an und sagt dann: »Ich suche nichts. Ich werde doch hier nichts kaufen. Ich bin doch nicht verrückt.«
»Ach so, Sie wollen gar nichts kaufen. Dann kann ich Sie natürlich auch nicht beraten.«
»Du brauchst mich nicht zu beraten. Ich weiß selbst, was ich brauche. Wenn ich einen guten Rat brauche, dann gehe ich woanders hin.«
»Zum Beispiel ins Rathaus«, schlüpft mir unüberlegterweise ein kleines Wortspiel über die Lippen, »denn warum sollte es sonst Rathaus heißen, wenn es dort keinen guten Rat geben würde?«
Jetzt wird er doch etwas zornig und schimpft: »Hör doch auf mit denen. Die können höchstens noch von mir einen guten Rat bekommen. Das sind doch alles Verbrecher. Und wenn die so weitermachen, dann sind die eh bald pleite.«
In dem Moment klingelt mein Telefon. Ich muss schnell zur Hauptinformation, weil es dort anscheinend ein Problem mit einem Umtausch gibt. »Tut mir leid, aber die Pflicht ruft«, entschuldige ich mich bei dem älteren Herren. »Aber es war trotzdem nett, mit Ihnen zu plaudern.«
»Ja, ja, ich glaub, ihr habt schon manchmal ’nen ganz schönen Stress hier drinnen«, meint er daraufhin. »Aber von nichts kommt eben nichts. Ich muss ja auch wieder los. Doch ich kann dir noch einen guten Rat mit auf den Weg geben.«
»So, was denn für einen?«
»Lass dich nicht aufhalten, Junge«, antwortet er und lacht dabei.
Da soll doch mal einer sagen, dass dieses Gespräch vollkommen überflüssig gewesen wäre. Allerdings weiß ich noch nicht so genau, worüber er sich jetzt so königlich amüsiert. Ob er vielleicht über seinen blöden Witz lacht? Oder aber nur darüber, dass er mir erfolgreich die Zeit gestohlen hat?
Wie auch immer. Ich muss los und spare mir jedes weitere Nachfragen.
Dicke Dinger
Neben mir steht eine junge Frau, die ihr Bad neu fliesen möchte, aber noch keine richtige Vorstellung davon hat, wie es denn später aussehen soll. Daher berate ich sie ein wenig und mache ihr ein paar Vorschläge, wie man das Ganze schön gestalten könnte. Allerdings ist die Verständigung gar nicht so leicht, denn sie hat ein kleines Baby dabei, das dauernd schreit. Nach ein paar Minuten scheint die Schreierei ihren Höhepunkt erreicht zu haben und die Mutter sagt zu mir: »Vielleicht ist es besser, wenn Sie erst mal mit einem anderen Kunden weitermachen. Ich muss die Kleine füttern, sonst haben wir hier keine Ruhe mehr.«
»Kein Problem«, erwidere ich. »Melden Sie sich einfach, wenn Sie wieder zurück sind und die Kleine satt ist. Die Fliesen laufen ja nicht weg.«
Doch zu meinem Entsetzen muss ich feststellen, dass sie nicht wiederkommen wird. Denn sie geht erst gar nicht weg. Stattdessen setzt sie sich direkt vor mir auf eine Palette mit Fliesen, holt ihre Brust heraus und beginnt die Kleine zu stillen.
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