Das Leben ist ein Kitschroman
»SM-Light«. Und der Auspuffservice nannte sich »Anblasen ohne Gummi«.
»Genau hier«, bestätigte ich. »Ich nehme aber mit dem ganzen Gepäck lieber den Hintereingang. Vielen Dank für Ihre Hilfe!«
»Aber Sie können doch unmöglich ...« Vor lauter Entsetzen versagte ihm die Stimme.
»Machen Sie sich keine Gedanken«, sagte ich. »Nur eins müssen Sie mir versprechen.«
Er nickte unsicher.
»Kein Wort zu Dr. Krause oder meinen Eltern! Ich hoffe, ich kann mich auf Sie verlassen.«
Kurz darauf saß ich kichernd bei Luise am Tisch und erzählte ihr von meiner Begegnung der dritten Art.
»Und was machst du, wenn er das alles für bare Münze nimmt?«
»Ich bin mir sicher, dass er dichthält«, sagte ich. »Schon beim Lesen der einzelnen Angebote hat es ihm die Sprache verschlagen. Und es würde mich nicht wundern, wenn er längst auf dem Weg zum Arzt ist, um sich etwas gegen eine eitrige Sado-Maso-Unverträglichkeit verschreiben zu lassen.« Ich gähnte. »Und bei mir ist es höchste Zeit für eine Dosis Koffein.«
»Die gibt's hier ohne Rezept.« Luise stand auf und schaute aus dem Fenster. »He, komm mal her!« Sie zeigte unauffällig nach unten. »Ist das der Typ?«
Vorsichtig linste ich neben dem Vorhang durch die Scheibe. Verdammter Mist. Wiedemeier lief im Hof herum und sah sich ausführlich um. »Yep, das isser.«
»Er sieht wirklich gut aus. Willst du es nicht wenigstens mal mit einem Probe-Abo versuchen?«
Ich seufzte. Vielleicht war eine Beziehung mit Daniel gar nicht so schlecht, vielleicht sogar angenehm. Aber ich wollte mein Leben nicht mit einem Mann verbringen, der rund um die Uhr eine Krankenschwester brauchte.
»Ich lasse die Finger von ihm«, sagte ich. »Zum Angucken mag er ganz nett sein, aber du weißt doch, ich habe es mehr mit dunkelhaarigen Männern. Und sobald du ihn hörst und er dir von seinen diversen Leiden erzählt... «
»Es muss doch nicht gleich was für immer sein«, grinste Luise. »Soll ich ihn zum Kaffee einladen?«
»Wenn du das tust, rückt das Wiedersehen mit deinem Schatz in unendliche Ferne«, brummte ich, während ich beobachtete, wie Daniel sich durch die Klingelschildchen las. »Überleg dir lieber, wie wir ihm eine nachhaltige Georgenstraßen-Allergie verpassen können. Wenn der hier öfter auftaucht, kriege ich die Krise!«
5
Als wir uns gegen sieben auf den Weg ins Opernhaus machten, war Daniel abgedampft und ich konnte mich auf meinen neuen Job konzentrieren.
»Am besten erzähle ich dir gleich was zu den einzelnen Kolleginnen«, sagte Luise, als wir in der U-Bahn einen Platz ergattert hatten. »Von der Chefin und Dienstältesten Mechthild hast du ja schon gehört.«
»Die mit den Kreuzworträtseln.«
»Genau. Außerdem liebt Mechthild Opern, ist mit dem Stammpublikum so gut wie per Du und wird sich mit dir über bestimmte Fernsehserien austauschen wollen. Quizsendungen stehen momentan besonders hoch im Kurs. Du wirst dir aber, trotz Kreuzworträtselbonus, deine Sporen erst verdienen müssen. Das musste ich auch.«
Oje ... Auf einmal bekam ich kalte Füße. Ich hatte zwar in den Ferien schon oft gejobbt, aber meistens in der Kanzlei meiner Eltern. Mit Leuten wie Mechthild hatte ich bisher noch nie zusammengearbeitet.
»Und wenn sie mich nicht leiden kann?«
»Jetzt mach dir mal nicht ins Hemd«, sagte Luise. »Ich bin mir sicher, dass du dich bald mit allen gut verstehen wirst.«
Mit allen. »Wer ist sonst noch da?«
»Olga zum Beispiel. Eine Russlanddeutsche, die in jeder freien Minute schreckliche Wollungetüme für ihre Verwandtschaft strickt. Außerdem erzählt sie gerne von den Schicksalen ihrer Familie, liebt ebenfalls Opern und hat immer etwas zum Essen dabei.«
Das klang ganz so, als könnte man nebenbei Romane über diese Leute schreiben.
»Wenn die Damen mal richtig loslegen, bleibt kein Auge trocken«, bestätigte Luise diese Annahme. »Am spannendsten sind die Abende mit Chantals Ex. Wenn Chantal Dienst hat und Sven auftaucht, fliegen die Fetzen.«
»Soll heißen?«
»Die beiden sind seit einem Jahr geschieden, aber wenn Ex-Sven besoffen ist, kommt er gerne mal hierher, um die Geschichte auf seine eigene, unsachliche Art durchzuquatschen.« Luise grinste breit. »Und wenn Chantal dann gerade mit ihrem neuen Freund hinter den Mänteln rumknutscht...«
»... gleicht die Garderobe hinterher einer Achterbahn?«
»So in etwa.« Sie zeigte auf die Tür. »Los, wir müssen raus!«
Ich war in den vergangenen Jahren öfter mal mit
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