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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Benning
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Frühstückskarte. Ich beschloss, den Tag mit Baguette und Croissant zu beginnen. »Sie wird ihn uns sicher irgendwann zu lesen geben.«
    Als wir unsere Bestellungen aufgegeben hatten, sah Marie verträumt aus dem Fenster. »Jetzt ist sie jedenfalls bald bei ihrem Christian.«
    »Oje, du redest wie meine Tante Ursel! Wenn die Todesanzeigen von befreundeten Witwen vorliest, klingt das ähnlich.« Ich räusperte mich. »Schon traurig, dass Liese von uns gegangen ist, aber jetzt ist sie endlich wieder bei ihrem Werner ...«
    Marie lachte. »Ist ja gut! Aber mal im Ernst: Bei den beiden läuft es doch wirklich rund, oder?«
    »Beneidenswert rund«, gab ich zu. »Und wie sieht es bei dir aus? Noch zufrieden mit deiner Lösung?«
    Marie hatte seit etwa einem Jahr eine »Bettbeziehung«, wie sie es nannte. Mit einem der Grafiker aus der Agentur.
    »Am Anfang hatte ich so meine Zweifel, aber bis jetzt klappt es toll«, sagte sie. »Für mehr hat keiner von uns Zeit und es ist sehr befriedigend. In jeder Hinsicht.« Sie rührte ihren Latte um und sah mich an. »Und was ist mit dir? Schon was Neues in Sicht?«
    »Fehlanzeige.«
    »Ist jetzt aber auch schon eine ganze Weile, dass du Single bist. Zehn Monate? Oder sind es schon elf?«
    »Irgendwo dazwischen«, sagte ich. »Aber das hat Zeit. Ich werde mich erst mal schlaumachen, was ich in Zukunft machen möchte. Und wenn ich das herausgefunden habe, bringe ich mein Liebesleben wieder auf Trab.«
    »Vielleicht solltest du mal was ganz Abgefahrenes probieren«, schlug Marie vor. »Hochzeitsplaner. Oder Hundetherapeut.«
    Ich zeigte ihr einen Vogel. »Meine Abende mit Mechthild und Olga sind abgefahren genug. Aber um auf Hund zurückzukommen: Wie geht es Mr Big?«
    Marie zuckte mit den Schultern. »Im Augenblick wieder etwas besser und drück mir mal die Daumen, dass es so bleibt. In dieser Woche geht es in der Agentur richtig ab. Wir müssen eine große Präsentation vorbereiten und ich kann mir unmöglich freinehmen.« Sie sah traurig aus und ich konnte ihre Angst um Big gut nachvollziehen. Bereits als Babymops hatte er uns mit seinen großen dunklen Kulleraugen dahinschmelzen lassen und Marie und er waren unzertrennlich. Sie nahm ihn jeden Tag mit zur Arbeit und auch dort liebten sie ihn heiß und innig. Kein Wunder, er war wirklich der süßeste Hund, den ich kannte.
    Ich nahm ihre Hand. »Wenn du Hilfe brauchst, ruf mich bitte an«, sagte ich. »Im Gegensatz zu dir habe ich im Augenblick alle Zeit der Welt.«
    Nach dem Frühstück ging Marie zur Arbeit und ich fuhr in meine alte Wohnung. Zwischen den Möbeln stapelten sich die Umzugskisten, die Regale waren alle leergeräumt und ich ging ein letztes Mal durch die Räume.
    Fast fünf Jahre hatte ich hier verbracht, aber es stellte sich bei meinem Rundgang kein wehmütiges Gefühl ein. Nur ein paar Erinnerungen kamen hoch. Erinnerungen an Jahre, in denen ich die meiste Zeit wie verrückt gebüffelt hatte, immerzu angespornt von meinen ehrgeizigen Eltern, die Bestresultate sehen wollten. Und diese auch bekommen hatten. Schließlich hatte ich es ihnen immer recht machen wollen.
    »Aber damit ist jetzt ein und für alle Mal Schluss«, sagte ich ins Leere hinein. Dann legte ich meinen Hausschlüssel auf den Küchentisch und zog die Tür hinter mir zu. Und machte mich auf den Weg in mein neues Leben.
    In der Georgenstraße war nicht viel los. Kneipen und Bordell machten erst gegen Mittag auf und niemand bestellte um diese Zeit schon Pizza oder Frühlingsrollen. Nur in der Bäckerei gingen Leute ein und aus, ansonsten war es ruhig.
    Ich stieg die Treppe in den ersten Stock hinauf und wurde in der Wohnung von Dr. Oetker empfangen, der sich schnurrend um meine Beine schlängelte.
    »Tut mir leid, Alter. Döschen gibt es erst gegen fünf. Anweisung von der Chefin.« Ich kraulte ihn kurz und stellte meine Reisetasche in Luises Zimmer. Mein Zimmer – für die kommenden Wochen.
    Wie überall in der Wohnung hingen auch hier Fotos von Theater- und Filmszenen an der Wand und in einem Regal stapelten sich DVDs. Im letzten Winter hatten wir uns hier regelmäßig zum Filmeschauen getroffen und ich zog gleich meinen ultimativen Lieblingsstreifen heraus: »Tatsächlich ... Liebe.« Den würde ich mir bald mal mit Marie zusammen reinziehen.
    Luise hatte mir eine Liste mit Anweisungen auf den Esstisch gelegt und ich überflog sie im Stehen.
Für Oetker immer Wasser und Trockenfutter hinstellen.
Döschen nur abends, egal, wie er sich

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