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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Benning
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nicht?
    Sofort hörte ich die schrille Stimme meiner Mutter: Um Gottes willen, Kind! Du hast ja keine Ahnung, was dich dort erwartet. Abgesehen davon: In solchen Etablissements haben Leute wie wir nichts verloren!
    Letzte Woche hätte ich diesen Text vielleicht noch unterschrieben, aber heute sah das anders aus. Ich wollte mein Leben ändern, oder? Also, dann nichts wie weiter!
    Ich schob den Vorhang zur Seite, öffnete eine massive Holztür und glaubte im nächsten Moment, in einer Geschichte aus »Tausendundeine Nacht« gelandet zu sein: Der große Raum glich mit seiner orientalisch verspielten Architektur, den vielen Bögen und Säulen einem Märchenpalast. Inmitten üppig wachsender Grünpflanzen sprudelte ein großer Wasserfall und in der dunkelblau gestrichenen Decke waren zig kleine Lichter eingebaut, sodass man den Eindruck bekam, unter einem funkelnden Sternenhimmel zu stehen. Und ganz hinten, auf einer Rattanliege, zwischen Unmengen von bunt gemusterten Kissen, saß meine kleine Nichte, umringt von drei grell geschminkten Frauen.
    Als sie mich entdeckte, winkte sie fröhlich.
    »Tante Charlotte! Es ist schön im Brodell!«
    Die Frauen lachten und eine von ihnen kam auf mich zu. »Ist das Ihre Tochter?«
    Ich schüttelte den Kopf, immer noch verblüfft von der Kulisse. »Meine Nichte«, stotterte ich. »Sie spielte im Innenhof und dann war sie verschwunden und ich bin dann hinten durch die Tür.«
    »Sie stand hier plötzlich im Raum und erzählte, dass ihr langweilig geworden wäre und ob wir Zeit hätten, sie zu verwöhnen.«
    »Guck mal!«, rief D-D begeistert. »Die haben ganz viele Gummibärchen!« Begeistert schwenkte sie eine Großpackung.
    Als wir uns von den Damen verabschiedet hatten, schob ich das aufgeregt plappernde Mädchen wieder zu der Tür mit dem Vorhang.
    »Und da war ein Mann und der hatte nur ein Handtuch um den Po und eine Frau hatte nur ein Höschen an, aber sie haben kein Schwimmbad hat Uschi gesagt, aber einen Wühlpuhl, was ist ein Wühlpuhl, Tante Charlotte?«
    Ich grinste. Von diesem Ausflug würde D-D noch lange zehren. Und meine Schwester sicherlich auch.
    »Das ist so, als wenn man die Dusche in der Badewanne unter Wasser hält«, erklärte ich ihr.
    »Oh ja, das kitzelt dann so lustig!« Sie griff nach meiner Hand. »Weißt du was, Tante Charlotte? Wir holen Mami und dann gehen wir in den Wühlpuhl!«
    Eine grandiose Idee. Ich sah meine Schwester schon neben der Frau im hautengen Leopardenkleid sitzen und über bevorzugte Stellungen fachsimpeln.
    »Ich weiß nicht, ob Mami dazu Lust hat. Vielleicht erzählst du auch gar nicht, dass wir hier ...«
    In diesem Moment wurde ich von etwas Großem, Weichem ausgebremst. Etwas, das ganz in schwarzes Leder gekleidet war und verführerisch nach Mann und Zedernholz duftete.
    »Hoppla!«, sagte eine tiefe Stimme.
    Ein groß gewachsener, gut aussehender Mann fasste mich am linken Oberarm, während er mit der Rechten sein Handy zuklappte und in die Hosentasche schob.
    »Na, du Callboy«, neckte ihn eine der Frauen. »Eines Tages läufst du vor lauter Telefonieren noch mal gegen eine Wand!«
    Der Mann ging nicht auf sie ein, sondern sah mich mit seinen dunklen Augen fragend an. Ein Blick, der meine Denkfähigkeit komplett außer Betrieb setzte. »Neu hier?«
    »N-nein«, stammelte ich. »I-ich war nur ...«
    »Tante Charlotte hat mich gesucht«, krähte D-D. »Hier ist es sehr schön, denn es gibt Gummibärchen und ein Wühlpuhl, aber da musst du dein Handtuch mitnehmen!«
    »Aha«, sagte der Mann. Er lehnte sich an eine der Säulen und sah mich fragend an. »Und wo geht Tante Charlotte nun hin?« Um seine Augen bildeten sich bezaubernde Lachfältchen.
    Eine Hitzewelle überlief mich vom Kopf über den Bauch und von dort direkt weiter hinunter.
    »Ich, äh, ich muss meine kleine Nichte jetzt sofort nach Hause bringen«, stotterte ich nervös.
    Ich nahm ihre Hand und zog D-D weiter zur Verbindungstür.
    »Hat mich sehr gefreut«, rief der schöne Unbekannte uns hinterher. »Vielleicht sehen uns ja mal wieder!«
    Als wir die Tür zum Hinterhof erreicht hatten, schwirrte mir der Kopf. Was für ein Kerl! Mit dem markanten Kinn, den halblangen schwarzen Haaren und den sinnlich geformten Lippen erinnerte er mich ein bisschen an Johnny Depp. Ich roch an der Stelle, wo er mich am Oberarm gefasst hatte und hatte seinen Duft sofort wieder in der Nase: Sex pur.
    »Ah, hier bist du!« Ineke kam auf mich zu. »Ich wollte dich fragen, ob du morgen Abend

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