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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Benning
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bekannt machen würde. Sicher eine filmreife Szene:
    Mein Vater, betont locker, ein Weinglas in der Hand: »Und? Was machen Sie beruflich so?«
    »Ich bin im Dienstleistungssektor beschäftigt.«
    Meine Mutter, glücklich, dass ihre jüngste Tochter endlich einen Mann kennengelernt hat: »Oh, wie schön! Und in Welchem Bereich, wenn ich fragen darf?«
    »Meistens im horizontalen Bereich, aber ich gehe natürlich jederzeit auf die Wünsche meiner Kundinnen ein.«
    Beide: »KundINNEN?«
    »Nun ja, die Arbeit mit Männern überlasse ich anderen Kollegen. Schließlich bin ich nicht schwul.«
    »Er ist ein richtiger Überflieger, Mama.«
    »Nicht ganz«, würde mein Callboy bescheiden sagen. »So schnell sind meine Nummern auch nicht. Schließlich wollen die Damen was für ihr Geld bekommen, nicht wahr?«
    Bevor ich meine Eltern auf seine vielversprechende Zukunft hätte aufmerksam machen können, wäre meine Mutter sicher einem Schwächeanfall zum Opfer gefallen und auf dem Weg in die Klinik.
    Nein, so witzig alles auch in meiner Fantasie aussah, ich sollte mir diesen Mann sofort aus dem Kopf schlagen.
    Ineke und Stefan waren von einem Schwächeanfall weit entfernt. Obwohl Mr. White das Stück bereits zum siebten Mal runterstöhnte, waren sie voll bei der Sache, und ich überlegte, ob mir so etwas schon mal widerfahren war. Mit den ersten Freunden, die ich hatte, war es nie über ein unbeholfenes Gefummel hinausgekommen. Erst mit Matthias steigerten sich die Bettqualitäten und mit Thomas war es zum ersten Mal richtig gut. Blöderweise ging der dann für ein Jahr in die USA und ward nie wieder gesehen.
    Etwa ab meinem 19. Lebensjahr begann meine Mutter, sich in meine Beziehungen einzumischen. Wollte wissen, was die Eltern machten, woher die Familie kam.
    Ich erinnere mich noch gut an den Abend, an dem Max mich zum ersten Mal abholte. Seine Eltern hatten ein Taxiunternehmen in der Innenstadt und Max fuhr eines der ausgemusterten Autos. Ich fand das wahnsinnig cool und war bis über beide Ohren verknallt. Das war meiner Mutter völlig egal. Sie unterzog den armen Kerl einem regelrechten Kreuzverhör und danach kamen die Gefühle zwischen ihm und mir nicht mehr so recht in Schwung. Die Beziehung zwischen meiner Mutter und mir allerdings auch nicht, aber es war nicht leicht, sich ihrem Einfluss ganz zu entziehen. Das wurde mir spätestens bei Julian wieder klar. Wenn sie sich etwas vorgenommen hatte, ließ sie sich nicht so schnell davon abbringen.
    »Aber diesmal werde ich es schaffen«, sagte ich leise vor mich hin. »Ab sofort werde ich die Entscheidungen treffen. Und wenn sie sich auf den Kopf stellt.«
    Ich stand auf und nahm die angefangene To-Do-Liste aus der Schublade und erweiterte sie um den Punkt:
Meiner Mutter endlich Einhalt gebieten.
    Und da die Atmosphäre ohnehin schon so hormonell geladen war, hielt ich gleich einen weiteren Vorsatz fest:
Bald wieder leidenschaftlichen Sex haben.
    Ich hatte beides gerade notiert, als von oben ein lauter Doppelschrei durch die Decke drang. Dann kam ein letztes »Oh babe ... « und ich konnte endlich schlafen gehen.

9
    Als ich am nächsten Morgen aufwachte, hatte ich im ersten Moment keine Ahnung, wo ich war. Die Bettwäsche war anders, die Geräusche, die durch das Fenster drangen, ungewohnt und es standen keine Kisten im Zimmer. Das Maunzen von Dr. Oetker half mir aber schnell auf die Sprünge und ich stand auf, um den armen Kater vor dem Hungertod zu retten.
    Nachdem ich ihm etwas Trockenfutter in den Napf geschüttet hatte, zog ich die Kühlschranktür auf. Dabei fiel mein Blick auf Luises Liste. Mist. Ich hatte heute gar keine Zeit, bei Ineke zu essen. Heute Abend rief die Garderobe. Ich sah auf die Uhr. Gleich acht. Ich beschloss, schnell unter die Dusche zu springen und dann nach oben zu gehen und die Einladung zu verschieben, bevor sie zur Arbeit ging.
    Gesagt, getan. Eine Viertelstunde später stand ich vor der Wohnungstür im zweiten Stock und klingelte.
    Meine Nachbarin öffnete sofort.
    »Hi, Charli! Komm rein!« Sie zog mich in den Flur. »Waren wir gestern Abend wohl ein bischjen zu laut?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich komme wegen etwas anderem.«
    »Gott sei dank!« Sie nahm meine Hand und führte mich in die Küche. »Ich habe schon Angst gehabt.«
    »Nein, ich komme, weil ich heute Abend nicht zum Essen kommen kann. Ich habe Dienst und ...«
    »Wenn du Dienst hast, machen wir eine andere Termin.« Ineke wedelte locker mit den Händen. »Kein Problem.

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