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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Benning
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Federn, Felle, schmeichelnde Stoffe oder wohlriechende Öle ein. Die Massage soll Verspannungen lösen und Wohlbefinden schaffen. Die intensiven Berührungen vermitteln Nähe und Geborgenheit.
    Auf den Fotos war ein völlig verzücktes Paar zu sehen, das sich tief in die Augen sah. Das wäre doch was für Carsten und mich! Schnell scrollte ich weiter, ob es auch Anleitungen gab, wie man mit diesen Wunderpraktiken am besten zum Ziel kam, und tatsächlich, auf der dritten Seite ging es zur Sache. Man sollte sich ganz auf einander einlassen und üben, üben, üben, hieß es.
    Hm. Alles schön und gut, aber ich konnte schlecht bei Andrea anklopfen und ihn bitten, sich als Übungsobjekt zur Verfügung zu stellen.
    Ich ließ meinen Blick durch Luises Zimmer schweifen und dann sah ich die Lösung: Ich formte aus meinem Deckbett und ein paar Kissen einen Körper. Dann schnappte ich mir eine alte Pfauenfeder, die ihr Dasein in einer selber getöpferten Vase fristete, und kniete mich vor dem imaginären Carsten hin.
    Der empfangende Partner muss nackt sein. Er schließt die Augen und atmet während der Massage tief ein und aus.
    Ich strich ein paarmal leicht über mein Deckbett, bis ich sicher sein konnte, dass es ruhig atmete.
    Dann beginnt der Gebende, ihn so sanft mit der Feder zu streicheln, dass sie kaum die Haut berührt: zuerst auf den Schultern und am Hals, dann am ganzen Körper von oben nach unten und zum Abschluss am Kopf.
    Voller Konzentration machte ich mich an die Übung. Ich fing mit dem Kopfkissen an und strich mit der Feder zart von links nach rechts und dann allmählich nach unten und stellte mir vor, dass ...
    »Charli?« Andrea schaute durch die Tür. »Ich gehe Brötchen kaufen. Hast du einen speziellen Wunsch, oder ...« Er hielt inne und sah mich verblüfft an. »Was machst du denn da?«
    Ich versuche, dem Federbett wilde Orgasmen zu entlocken. »Ich äh, ich habe gelesen, dass man so feststellen kann, ob ein Bett schlechte Schwingungen hat«, stammelte ich.
    »Ach was?!« Andrea kam etwas näher heran und starrte auf Decke und Kissen. »Sachen gibt's. Und? Wie sieht es mit den Schwingungen hier aus?«
    »Ich äh, ich glaube ganz gut«, murmelte ich und hoffte, dass ich nicht wie eine oberreife Tomate aussah. »Und ... Brötchen wären toll!«
    »Mohn? Sesam? Roggen?«
    »Ganz normale«, stotterte ich. »Und ein Croissant.«
    »Wird gemacht.« Dann ging er fröhlich pfeifend hinaus und ließ mich mit den Tantrageheimnissen alleine.
    Zum Glück stellte Andrea keine weiteren Fragen zu meinen Federbettexperimenten. Er hatte Sonntagabend die Chance, sein Können in einem kleinen Bistro unter Beweis zu stellen, und die Vorbereitungen nahmen ihn völlig in Anspruch. Währenddessen ging ich wie fremdgesteuert durch die Wohnung, räumte auf, spülte ab und hatte dabei nur eines im Kopf: Carsten, Carsten, Carsten und ... Carsten.
    Immer wieder starrte ich Löcher in die Luft und stellte mir vor, wie wir uns nach dem Essen die Kleider vom Leib rissen und zusammen in einem großen flauschigen Bett landeten. Dazu lief ununterbrochen die CD von John Mayer, die ich im Wohnzimmer gefunden hatte: Your body is a wonderland.
    Der Text ließ abendfüllende Filme in meinem Hirn abspulen und die waren alles andere als jugendfrei.
    Nach der x-ten Liedwiederholung sah Andrea gequält von seinen Rezepten auf. »Was hältst du davon, wenn wir zur Abwechslung mal was anderes hören, Charli?«
    Als ich ihn daraufhin dämlich angrinste, verdrehte er die Augen. »Alles klar. Aber übertreibe es nicht mit dem Putzen. Du hast die Küche schon zweimal gewischt.«
    Gegen zwei machte ich mich auf den Weg zu Ineke. Voller Vorfreude tänzelte ich die Fußgängerzone entlang, blieb vor jeder Dessousauslage stehen und stellte mir vor, wie ich Carsten damit verführte. Bis ich im Blumenladen vor der Verkaufstheke stand, wusste ich genau, wie der Body meiner Träume aussehen sollte.
    »Schlicht, am Bein nicht zu hoch ausgeschnitten und mit einem raffinierten Ausschnitt«, sagte ich zu Ineke, die gerade einen bunten Frühlingsstrauß band.
    »Klingt gut«, sagte sie. »Na, wie sieht das aus?« Sie drehte den Strauß in der Luft und betrachtete ihn kritisch von allen Seiten.
    »Traumhaft!«
    »Ihr bekommt bald auch wieder Blumen«, sagte sie, während sie die Stiele abschnitt. »Aber in letzte Zeit hatten wir einfach nichts übrig.«
    »Kein Thema«, sagte ich, während ich mich im Laden umsah. »Schön habt ihr es hier. Und was wäre meine

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