Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
Currywurst mit Pommes rot-weiß. Danach habe ich ihnen gesagt, dass wir ab morgen versuchsweise eine Woche ohne Fleisch einlegen. Meine Tochter schaute ziemlich unglücklich und sagte: »O je, warum das denn jetzt?«
Ich erzählte ihnen dann, so gut es ging, von Umweltzerstörung und Klimaveränderung. Meine Tochter fügte sich, meinte aber noch: »Okay, aber dann esse ich vorher den Schinken auf, den wir noch im Kühlschrank haben.« Als wir wieder zu Hause waren, hat sie ihn dann tatsächlich schnell aufgegessen.
Der Elefant im Wohnzimmer
Fleisch gilt im Zusammenhang mit dem Klimawandel als der Elefant im Wohnzimmer, den keiner sehen will. Ein Grund: Die Diskussion darüber ist schwierig, weil wir uns bisher hinter kulturellen und emotionalen Blockaden verschanzen. Industrielle Tierzucht und Fleischproduktion haben einen hohen Anteil an der Erderwärmung; die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) kommt auf 18 Prozent, andere kommen auf eine deutlich höhere Zahl. Die Reduzierung des Fleischverzehrs ist eine Schlüsselfrage, aber die Nach frage nach Fleisch steigt dennoch. Einer Schätzung der FAO zufolge wird sich die Fleischproduktion bis 2050 von 265 auf 465 Millionen Tonnen fast verdoppeln. Weltweit hat sie sich in den letzten 60 Jahren vervierfacht. In Asien hat sie sich in den letzten 15 Jahren verdoppelt. Ein erwachsener Deutscher isst im Durchschnitt 1,6 Kilogramm Fleisch die Woche. Dreimal so viel, wie es für uns gesund wäre. Dieser wöchentliche Fleischkonsum verursacht einen jährlichen Ausstoß von 1,8 Tonnen Kohlendioxid. Ein Wenig-Fleischesser verursacht nur die Hälfte, ein fleischfrei lebender Mensch 0,6 Tonnen.
Landwirtschaft besteht klassischerweise aus Ackerbau und Viehzucht, also aus der Produktion pflanzlicher und tierischer Erzeugnisse. Die Produktion von Fleisch ist sehr energieintensiv. Der größte »Energiefresser« in der Landwirtschaft ist die Tierhaltung. Sie braucht sehr viel Getreide, sehr viel Wasser, gerade auch für die Futterproduktion: 15 000 Liter pro Kilo Rind fleisch! Für den steigenden Bedarf an Weideland und Getreidefeldern werden am Amazonas, aber auch in Südostasien und Afrika riesige Flächen Regenwald gerodet. Deren Umwandlung in landwirtschaftliche Nutzflächen ist ein großes Problem. Die Wälder fehlen als Kohlendioxidspeicher und Lebensraum. Und die sogenannte Brandrodung verursacht zusätzliches CO 2 .
Das Kohlendioxid und der immense Wasserverbrauch sind aber noch nicht alles. Außerdem produzieren die weidenden Rinder (und Schafe) beim Verdauen noch das klimaschädliche Gas Methan. Und durch die Düngung der Getreideanbauflächen entsteht Lachgas (N 2 O), 298-mal so klimaschädlich wie CO 2 . Werden all diese Gase in Kohlendioxid umgerechnet, dann hat die Viehzucht präzise gesagt einen Anteil von 18 Prozent CO 2 -Äquivalenten. Im Einzelnen sind das neun Prozent vom insgesamt emittierten Kohlendioxid, 37 Prozent vom gesamten Methanausstoß und 65 Prozent aller Stickoxide, zu denen Lachgas gehört.
Nun leben auf der einen Seite allerdings auch eine Milliarde Menschen direkt und indirekt von der Tierzucht. Auf der anderen Seite aber hungert über eine Milliarde und haben 40 Prozent der Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser. Die FAO drängt darauf, die Viehzucht, das Essen von Tieren und damit die Treibhausemissionen zu beschränken, um die Umwelt nicht noch weiter zu schädigen – und um mehr Menschen ernähren zu können. Derzeit werden jährlich etwa 1,6 Milliarden Tonnen Getreide geerntet. Die Hälfte fressen die Schlachttiere.
Deren Fleisch liegt eines Tages beim Metzger in der Kühltheke. Für ein Kilo Fleisch braucht man aber zwei Kilo Getreide oder Sojafrüchte. Je mehr Fleisch wir essen, desto mehr Tiere brauchen wir, desto mehr Getreide brauchen wir und desto mehr gedüngte Getreideanbauflächen für Tierfutter – wodurch der globale CO 2 -Ausstoß explodiert.
Und: Je mehr Fleisch produziert wird, desto weniger Menschen können ernährt werden. Global betrachtet kann man nur zu dem Schluss kommen: Die reichen Fleischesser nehmen den armen Getreideverzehrern ihr Essen weg und verfüttern es an ihre Schweine und Rinder. So essen sie zwei Mahlzeiten in einer Fleischmahlzeit: Ihre und die eines anderen, dessen Essen an das Schlachttier ging. Wobei die »Aufzucht« der Schlachttiere häufig nur ein beschönigendes Wort für Tierquälerei ist.
Laut Weltagrarbericht aß ein Deutscher 1980 etwa 30 Kilo Fleisch
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