Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
ich Fleisch! Mein Körper braucht das jetzt. Auch als Abwechslung zu dem, was ich sonst esse. Dieses Gefühl ist nicht objektivierbar. Es ist Lust. Und dieser Lust gebe ich dann auch nach. Das hat aber nichts mit Aufgeben zu tun, sondern es ist die angesprochene »besondere« Mahlzeit.
Meine Ernährung besteht sonst vor allem aus Kohlehydraten, also aus Nudeln, Brot und Gemüse. Proteine nehme ich jetzt oft in Form von Riegeln aus dem Fitnessstudio zu mir oder esse einfach mal Quark. Ob das immer so bleibt, weiß ich nicht. Aber jetzt, beim Schreiben dieses Buches, würde ich sagen, dass ich im Schnitt eine warme Fleischmahlzeit in drei Wochen esse. Und gelegentlich eine Scheibe Wurst, den übrig gebliebenen Rest der Brote meiner Kinder.
Es geht aus meiner Sicht nicht darum, auf die Currywurst ein für alle Mal verzichten zu können oder zu müssen. Es geht auch nicht darum, das Irrationale im Leben komplett in den Griff zu bekommen. Es geht darum, das Rationale in den Griff zu bekommen. Das heißt: darüber grundsätzlich nachzudenken, verschiedene Dinge nach dem Trial-and-Error-Prinzip auszuprobieren und dann für sich Entscheidungen zu treffen, wo Entscheidungen möglich sind und wo sie quantitativ etwas bringen.
Wenn ich beim Film-Catering oder in der Kantine die Wahl zwischen Fleisch und fleischfreiem Gericht habe, dann nehme ich das fleischfreie Gericht. Das steht stellvertretend für: Wenn ich die Wahl habe, dann treffe ich sie auch bewusst. In vielen Bereichen müssen wir es uns erst noch erarbeiten, eine Wahl zu haben. Wenn aber in der Kantine zwei Menüs angeboten werden: Leichter kann es einem nicht gemacht werden. Wichtig ist der Gedanke: Die radikalsten Lösungen sind nicht immer die besten. Es wird eher eine softere Lösung sein, eine, die für alle lebbar ist und genau dadurch enorme Konsequenzen hat.
Dass wir mit unserem Leben Geschichten für unsere Kinder sind, wie Jonathan Safran Foer sagt, ist ein schönes Bild. Es bedeutet aber eigentlich nur, dass man seinen Kindern etwas vorlebt. Es geht in der Frage, wie wir uns ernähren, nicht nur um unsere eigene Gesundheit. Es geht um unsere Verantwortung gegenüber anderen Lebewesen und dem Planeten. Das ist hart. Aber es ist so.
Ärztin und Bio
Manche Leute denken vielleicht, weil ich Ärztin bin oder war, würde ich Bioernährung wegen des gesundheitlichen Aspekts bevorzugen. Das ist nicht so. Ich lebe nicht nach einer Ich-muss- mich-gesund-ernähren-Formel. Ich rauche gern mal eine Zigarette und ich trinke auch gern mal ein Glas Wein. Abgesehen davon ernähre ich mich relativ gesund. Und ich mache Sport. Sicher ist es ganz hilfreich, dass ich selten Appetit auf Junkfood habe. Ich werde davon einfach nicht satt und vor allem nicht leistungsfähig. So sind und bleiben meine Vorlieben Nudeln und Brot.
Man kann nicht sagen, dass ich beim Einkaufen von Lebensmitteln kreativ bin. Im Gegenteil: Ich kaufe immer dasselbe ein. Das sind Lebensmittel, von denen ich weiß, dass sie mir oder uns schmecken. Und es sind zum Großteil Biolebensmittel.
Da der Gesundheitsaspekt für mich nicht im Vordergrund steht, interessieren mich auch die periodisch erscheinenden Zeitungsartikel nicht, in denen steht, dass Bio ja gar nicht gesünder sei als »konventionelle« Lebensmittel und reines Bioessen kei nen höheren Nährstoffanteil hätte als konventionelles Essen.
Bio ist trotzdem besser. Es ist besser für die Umwelt und besser für die Tiere. Und besser für Menschen, weil es weniger Pestizide enthält. Meine Erfahrung ist: Wenn man Bio isst, denkt man anders oder mehr über Ernährung nach. Man kauft und isst bewusster. Bei mir kommt auch eindeutig der subjektive Genussfaktor dazu. Bio sieht für mich besser aus und schmeckt mir besser. Ich kann mittlerweile nur noch schwer auf konventionelle Lebensmittel umschalten. Das ist bei Milch so, bei Käse, bei Obst und ganz besonders bei Fleisch. Wenn Fleisch, dann nur noch Biofleisch.
Manchmal schaue ich in meine Tasche und denke: Viel ist das ja nicht für 30 Euro. Aber ich habe mich grundsätzlich entschlossen, mehr Geld für Lebensmittel auszugeben, weil ich es wichtig finde und weil es mir das wert ist – mehr Qualität für weniger Quantität. Ich versuche, das Geld woanders wieder einzusparen.
Ich bin mir bewusst, dass das eine sehr privilegierte Position ist, in der ich mich befinde, und dass es Familien und Haushalte gibt, die diese Entscheidung, bio oder konventionell, nicht haben. Vielen bleibt oft nur
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