Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
und Wurst pro Jahr. Inzwischen sind es 83 Kilo (Stand: 2009). Dabei haben BSE, Dioxin und andere Skandale sowie die teilgesellschaftliche Abwendung vom Fleisch die Entwicklung sogar noch gebremst. Hinter den Lebensmittelskandalen stehen unterschiedliche Motive, aber auch ein immer wiederkehrendes Motiv: der Druck, billig, sehr billig, möglichst billig zu produzieren.
Massenkonsum und Billigproduktion von Fleisch bringen also vier Probleme mit sich: Umwelt-, Hunger-, Gesundheits- und ethische Probleme.
Ein Nutella-Brot aus Verzweiflung
Als die vegetarische Woche mehr oder weniger glücklich vorüber war, ging ich in den Bioladen und kaufte für meinen Sohn Kinderwurst und für meine Tochter Salami und Leberwurst. Als die dann auf den Tisch kam, rief meine Tochter: »Endlich gibt’s wieder Wurst. Wie schön.« So enthusiastisch war sie die ganze Woche nicht gewesen.
Und Maxi rief: »Oooh, Kinderwurst.«
Eine Woche ist selbstverständlich nichts, das ist mir klar. Aber meine Kinder und auch ich waren tatsächlich nach der kurzen Zeit ganz schön gebeutelt. Sicher lag es auch daran, dass mir irgendwann die Fantasie für den Brotbelag ausging. Es gab Frischkäse, Schnittkäse, Sahnekäse, Schmelzkäse, obwohl die CO 2 - Wer te für Käse pro Kilogramm ungefähr denen von Fleisch pro Kilogramm entsprechen! Dann wurden pflanzliche Bioaufstriche versucht, die damit werben, sie seien »wie Wurst«. Einer schmeckt wie Teewurst, ein anderer wie Leberwurst. Ich selbst mochte die Aufstriche. Die falsche Leberwurst fand sogar mein Vater »ganz okay«.
Meine Tochter hat die Wie-Teewurst tapfer probiert und am nächsten Tag die Wie-Leberwurst. Aber es schmeckte ihr ganz und gar nicht. Das führte dann dazu, dass ich ihr am Ende ein Nutella-Brot in die Schule mitgab. An diesem Morgen waren wir beide verzweifelt.
Wir haben aber auch Entdeckungen gemacht. Und zwar für das Abendessen. Biodinkelbratlinge und Energietaler aus dem Kühlregal vom Biosupermarkt. Die Energietaler sehen aus wie kleine Buletten, sind aber aus Gemüse. Beides wurde akzeptiert und ist seither fest in den Speiseplan mit aufgenommen. Außerdem habe ich mithilfe eines vegetarischen Kochbuchs nach etlichen Versuchen Tofu wirklich für mich entdecken können und bereite ihn mir jetzt oft zu. Ansonsten gibt es Pasta in allen Variationen. Das esse ich auch selbst am liebsten. Mit Pesto oder Tomatensoße, mit Sahnesoße, mit Gemüse. Dann Eierkuchen. Aufläufe, Pizza vegetarisch, ohne Wurst oder Schinken.
Meine Erfahrung ist allerdings, dass man Zeit und Muße und Energie braucht, um seine Gewohnheiten zu ändern und wegzukommen von dem, was man kennt und was funktioniert. Man braucht Zeit, um etwas Neues auszuprobieren, um anders einzukaufen und zu kochen. Oft ist dafür in einem hektischen Berufsalltag wenig Raum. Klar geworden ist mir auch, dass man doch sehr viel über Ernährung, Lebensmittel und deren Zubereitung wissen muss. Sich dieses Wissen anzueignen ist wiederum abhängig vom Bildungsstand jedes Einzelnen und davon, wo er herkommt, weil Familien ihre Lebensweisen und Esstraditionen an ihre Kinder weitergeben. In einer Gesellschaft, in der die Kluft zwischen den einzelnen Schichten immer größer wird, ist Ernährungskompetenz nicht selbstverständlich.
Ich sehe es nun nicht als Scheitern, wenn meine Kinder Fleisch essen möchten.
Ich bin selbst so groß geworden und habe meinen Fleischkonsum inzwischen drastisch reduziert. Es ist ein langsamer Prozess. Und ich finde es in Ordnung, wenn sie zu Hause einmal die Woche eine warme Fleischmahlzeit essen, plus etwas Wurst. Das genügt und sichert eine optimale Eisen- und Vitamin-B-12-Versorgung.
Man sollte Kinder nach meiner Meinung nicht von jetzt auf gleich umkonditionieren. Aber man kann und sollte ihnen im täglichen Leben das Neue, die kulturelle Veränderung behutsam nahebringen, um dafür in ihrem Leben eine feste Basis zu schaffen.
Die Gretchenfrage am Esstisch
Meine grundsätzliche Einstellung zum Essen von Fleisch ist eindeutig.
Erstens: Ich finde, der Mensch kann Fleisch essen.
Zweitens: Der Mensch muss nicht Fleisch essen.
Drittens: Der Mensch sollte weitaus weniger Fleisch essen, als heute produziert und konsumiert wird.
Der Mensch ist ein Allesfresser. Das heißt, dass er Pflanzen und Tiere isst. Es heißt aber nicht, dass er Fleisch essen muss. Und es heißt nicht, dass er Fleisch braucht. Das legen jedenfalls Untersuchungen nahe. Die grundsätzliche Ernährungssituation in den
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