Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
nichts mehr.
Man tut alles, damit es kurzfristig weitergehen kann wie bisher, und tut damit gleichzeitig alles, damit es gar nicht mehr weitergeht. Man sieht das Problem sehr wohl, und um damit klarzukommen, sagt man, die Technologie wird uns irgendwie schon retten. Nur nicht zu früh umsteuern.
Aber das mit dem Umbau ist leicht gesagt. Meine Schwester sagt: »Würden wir nicht Ski fahren, würde unser Skilehrer wieder Kühe auf die Weide treiben.«
Ich sage: »Und dass das langfristig seinen Lebensraum ruiniert?«
»Ich will nicht sagen, dass ich das verdränge. Ich sehe auch, wie die Gletscher zurückgehen. Aber …«
Aber?
»Wir sagen uns, wir fahren, solange mein Mann noch Ski fahren kann.«
Herbert hat meine Schwester zum Skifahren gebracht. Er ist von Haus aus Skilehrer, sie hat es erst durch ihn gelernt, da war sie schon Mitte 30. Er hatte lange auf sie einreden müssen, und die ersten Male auf der Piste waren ganz schön schwer und hart. Sie wollte nie mehr fahren. Eigentlich.
Und nun liebt sie das Skifahren. Und das Après-Ski.
»Jeder denkt von sich, dass er am härtesten arbeitet, aber wir haben beide relativ viel gearbeitet, und ich möchte auch genießen«, sagt sie.
Ich kann sie sehr gut verstehen. Aber manchmal werde ich bekanntlich ihr gegenüber etwas ungnädig. Dann sage ich: »Könntest du dir eigentlich vorstellen, weniger Ski zu fahren?«
Sie überlegt. Sie weiß ja genau, was ich hören will. Dann sagt sie: »Nein. Ich sage mir, später können sowieso nur noch die ganz Reichen Ski fahren. Wenn du immer weniger Skigebiete hast und es immer teurer wird.«
Dann sage ich – wie immer: »Und wer soll das Klimawandel-Problem lösen?«
Und sie sagt – wie immer: »Ich denke, das muss die Politik machen. Ich alleine oder wir zwei können das nicht.«
Ich weiß, dass ich das Problem nicht löse, nur weil ich das Skifahren ablehne.
Ich sehe auch, dass es ein Thrill sein und ziemlich viel Spaß machen kann.
Aber wenn ich mir die Entwicklung insgesamt ansehe, frage ich mich: Kann das das überzeugende Argument sein?
Gibt es ein Menschenrecht auf Billigfliegen?
Individuell betrachtet ist Fliegen der Hauptfaktor für einen großen ökologischen Rucksack. Im Schnitt verursacht ein Deutscher zehn Tonnen CO 2 . Klimaverträglich wären drei Tonnen – im Jahr. Ein New-York-Flug von Berlin aus hin und zurück verursacht 4, 2 Tonnen. Im Moment leben wir noch davon, dass viele andere Weltbürger nicht fliegen bzw. nicht fliegen können.
Billigfliegen bedeutet aber nicht nur die Produktion unnötiger und klimaschädlicher Flüge, wie Klimaschützer das manchmal eingeengt sehen. Das neue Fliegen ist Teil eines neuen Lebensstils geworden, es hat die Welt kleiner gemacht. Für mehr Menschen. Zumindest in den Industrieländern. Was gut ist. Aus dem Jetset der wenigen und ökonomisch Privilegierten wurde der Easyjetset der vielen. Das hat uns einander nähergebracht.
Aber es gibt kein Menschenrecht auf Billigfliegen. Es gibt jedoch ein Menschenrecht auf Nahrung, auf Wasser, auf Gleichberechtigung, Gesundheit, Arbeit – auf ein anständiges Leben. Ich plädiere nicht dafür, dass Urlaubsflüge teurer werden müssen, aber ich persönlich sehe es nicht mehr als sinnstiftend oder glücklich machend an, für ein Wochenende nach XY zu fliegen. Ein Haus in Mallorca, wo ich am Freitagnachmittag für das Wochenende hinfliege? Das kommt für mich nicht infrage. Nicht nur, weil es nicht in meine Vorstellung von Leben passt, sondern wegen des CO 2 -Ausstoßes.
Unter den gegebenen Bedingungen ist die »umweltfreundlichste« Luftlinie die, die moderne, effiziente Flugzeuge hat, in die im Verhältnis zum Flugzeugtyp möglichst viele Passagiere passen und die auch möglichst gut ausgelastet sind, sowohl was Sitze als auch, was Fracht angeht.
Eine Zeit lang galt es als gut und zukunftsweisend, Steuermittel in Regionalflughäfen zu investieren. Wer von Regionalflughäfen losfliegt und dort landet, verbraucht allerdings in der Regel mehr Zeit, Sprit und CO 2 bei der Anfahrt, als wenn er von Metropole zu Metropole fliegt. Das gilt erst recht, wenn Luftlinien nicht den direkten Weg nehmen, sondern Zwischenlandungen machen.
Bisher fehlen einschneidende technologische Verbesserungen der Motoren und neue Treibstoffe. Doch auch damit ist der grundsätzliche Dissens zwischen Flugunternehmern und Klimaschützern nicht aufzuheben: Die Flugunternehmer wollen möglichst viele Flüge haben und Menschen zum zusätzlichen
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